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FDP will aus Dauertief heraus

Die deutsche FDP befindet sich seit Monaten im Dauertief. Vor allem Parteichef und Außenminister Guido Westerwelle steht unter Druck. Er wird für den Absturz und das mangelnde Ansehen der liberalen Partei verantwortlich gemacht. Seine persönlichen Zustimmungswerte befinden sich weiter im Sinkflug. Das traditionelle Dreikönigstreffen der FDP in Stuttgart wird zur Bewährungsprobe für den Parteichef.

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In den vergangenen Wochen war immer wieder spekuliert worden, dass Westerwelle in Stuttgart seinen Verzicht auf den Parteivorsitz erklären könnte. In seiner Rede zeigte sich der FDP-Chef aber zum Verbleib in seinen Ämtern entschlossen: „Wer ein Land führen will, muss bereit sein, Durststrecken zu ertragen“, sagte er. Mit Blick auf die Kritik am Zustand der FDP fügte er hinzu: „Mir ist ein schwieriges Dreikönigstreffen lieber, in dem es Deutschland gut geht, als ein einfaches Dreikönigstreffen, und Deutschland geht es schlecht.“

Dreikönigstreffen mit Tradition

Das Treffen der Liberalen am 6. Jänner hat lange Tradition. Entstanden ist es im 19. Jahrhundert als Zusammenkunft politisch engagierter Bürger im damaligen Königreich Württemberg. Mit Gründung der BRD wurde das Treffen wichtiger politischer Jahresauftakt der Liberalen.

Westerwelle hob die Verantwortung der schwarz-gelben Bundesregierung am Wirtschaftsaufschwung hervor. Deutschland gehe es heute besser als vor der Bundestagswahl 2009. Es gebe kein Land in Europa, das so gut aus der Wirtschaftskrise herausgekommen sei. „Wir können stolz sein auf unser Land“, sagte der Vizekanzler.

Angesichts der schlechten Umfragewerte rief Westerwelle zum Kampf für politische Inhalte auf: „Gekämpft werden muss, weil Deutschland nicht Links überlassen werden darf.“ Zugleich relativierte er die Bedeutung der Umfragen. „Die Demoskopie ist nicht Maßstab unserer Meinung“, sagte er. Maßstab für die Liberalen seien vielmehr ihre Ideale, Überzeugungen und Werte wie etwa die „Freiheit zur Verantwortung“.

FDP-Generalsekretär Lindner: „Bewährungsprobe“

Generalsekretär Christian Lindner, der als einer der möglichen Nachfolger gehandelt wird, rief dazu auf, in der derzeitigen „Bewährungsprobe“ die liberalen Grundsätze nicht aus den Augen zu verlieren. Nur so sei die FDP auch schon aus früheren schwierigen Situationen hervorgegangen, sagte Lindner. Es gelte nun, die liberalen Vorhaben in der schwarz-gelben Koalition „konsequent“ umzusetzen.

FDP-Generalsekretär Christian Lindner

dapd/Wolfgang Schaeuble

Generalsekretär Christian Lindner wird als möglicher Nachfolger gehandelt.

Schlussstrich unter Personaldebatte

Die Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion, Birgit Homburger, machte deutlich, dass es nach den Personaldebatten jetzt um die Sache gehen soll. Sie verteidigte die bisherige Arbeit der schwarz-gelben Bundesregierung. Im ersten Jahr seien „natürlich“ Fehler gemacht worden. „Wir haben aber auch Tritt gefasst.“ Unmittelbar vor der Kundgebung hatte sich das FDP-Präsidium zu seiner ersten Sitzung in diesem Jahr getroffen. Dabei wurde deutlich, dass die Parteispitze einen Schlussstrich unter die Westerwelle-Debatte ziehen will.

Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle, der als möglicher Übergangsvorsitzender gilt, kündigte an: „Die FDP ist geschlossen und kämpft.“ Entwicklungsminister Dirk Niebel sprach von „Aufbruchstimmung“. Für ihn ist Westerwelle „der beste Wahlkämpfer, den eine Partei in Deutschland anzubieten hat“. Gesundheitsminister Philipp Rösler hofft ebenfalls auf einen „Neustart“. Der nordrhein-westfälische FDP-Vorsitzende Daniel Bahr sagte im ARD-„Morgenmagazin“: „Er bleibt Parteivorsitzender.“

Nachwuchs bringt sich in Stellung

Die Nachwuchskräfte in der Partei, die Westerwelle beerben könnten, machen aber bereits verstärkt auf sich aufmerksam. Lindner, Nordrhein-Westfalen-Landeschef Daniel Bahr und Gesundheitsminister Philipp Rösler riefen die Basis in einem in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ veröffentlichten „Neujahrsappell“ unter dem Titel „Jetzt erst recht“ zur Erneuerung auf. Die Liberalen müssten sich thematisch breiter aufstellen. Sie kritisierten zudem interne Zirkelbildung und eine Radikalisierung des Programms.

Angst vor Absturz bei Landtagswahlen

Besonders kritisch sind die Vertreter aus den Ländern, die Wahlgänge in den nächsten Monaten fürchten. Umfragen zufolge droht die FDP bei allen sieben Landtagswahlen in diesem Jahr an der Fünfprozenthürde zu scheitern. Aktuellen Umfragen zufolge liegt die FDP derzeit bei rund vier Prozent. In Baden-Württemberg, dem Stammland der Liberalen, käme das für die FDP einer Katastrophe gleich. Bei der Bundestagswahl 2009 erreichte die FDP dort noch 18,8 Prozent.

Wahlkämpfer aus anderen Ländern dringen auf einen Kurswechsel. FDP-Fraktionschef aus Rheinland-Pfalz bezeichnete Westerwelle sogar als „Klotz am Bein“. In Hessen forderte FDP-Landeschef Jörg-Uwe Hahn Westerwelle im Dezember intern auf, er solle beim Dreikönigstreffen ankündigen, dass er im Mai nicht wieder antritt. Selbst wenn Westerwelle die Partei mit seiner Rede am Donnerstag wieder hinter sich bringen kann, warten mit den Landtagswahlen die nächsten Bewährungsproben auf den FDP-Chef.

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