Justizministerin unter Druck
Scharfe Kritik an Justizministerin Claudia Bandion-Ortner übt nach der Aufhebung des Großteils der BAWAG-Urteile der Strafrechtsexperte Klaus Schwaighofer. Er sehe das „schon als eine recht kräftige Urteilsschelte“. Es sei klar, „dass Fehler gemacht worden sind“, so Schwaighofer kürzlich in der ZIB24 und im Ö1-Morgenjournal. Die Höchststrafe für Ex-BAWAG-Chef Helmut Elsner erscheint ihm „überzogen“.
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Bandion-Ortner denkt weiterhin nicht an Konsequenzen und schließt einen Rücktritt vehement aus. Der Oberste Gerichtshof (OGH) habe ihre Urteile „in den wesentlichen, wichtigsten Bestandteilen“ bestätigt, sagte Bandion-Ortner. Er habe klargestellt, dass an der BAWAG-Spitze „über ein halbes Jahrzehnt schwere Verbrechen“ begangen wurden: „Der Hauptverantwortliche hat die Höchststrafe von zehn Jahren insgesamt bekommen.“
Experte ortet „Imageschaden“
Schwaighofer teilt diese Einschätzung nicht. Die Urteilsaufhebungen gingen über das gewöhnliche Ausmaß hinaus. Es seien Feststellungs- und Begründungsmängel aufgezeigt worden sowie „rechtliche Fehler, wo es keinen Auslegungsspielraum gibt“. Man dürfe Bandion-Ortner und ihre Leistung als Ministerin zwar nicht an diesem Verfahren messen. „Allerdings ist sie durch dieses Verfahren zur Ministerin geworden (...) Und das bewirkt natürlich einen gewissen Imageschaden.“
Schwaighofer würde auch Milderungsgründe sehen, die gegen die Höchststrafe für Elsner sprechen: die Unbescholtenheit, das hohe Alter, die gesundheitliche Angeschlagenheit und die Tatsache, dass der Veruntreuung von 1,2 Milliarden Euro keine persönliche Bereicherung Elsners gegenüberstehe - mehr dazu in oe1.ORF.at.
SPÖ geht auf Distanz
Nach Oppositionsparteien, die sich darüber einig waren, dass Bandion-Ortner die Konsequenzen ziehen und zurücktreten müsse, ging unterdessen auch die SPÖ vorsichtig auf Distanz zur Ministerin. SPÖ-Justizsprecher Hannes Jarolim verwies im Ö1-Journal-Panorama darauf, dass das BAWAG-Urteil Bandion-Ortner erst auf den Ministersessel gehoben habe: „Also wird sie sich letztlich auch mit dem Thema auseinanderzusetzen haben.“
Eine konkrete Aufforderung an Bandion-Ortner wollte Jarolim aber nicht aussprechen: „Es hat eine Entwicklung gegeben, die nicht die glücklichste ist. Und ich denke, dass sich die Justizministerin jetzt selbst überlegen wird, wie es weitergeht. Und diese Zeit muss man ihr schon lassen“ - mehr dazu in oe1.ORF.at
Opposition fordert Rücktritt
Der grüne Justizsprecher Albert Steinhauser bekräftigte, dass das Fass voll sei und Bandion-Ortner endgültig rücktrittsreif: „Das ist der Endpunkt einer langen Chaos- und Pannenserie, jetzt sollte man einen Schlussstrich ziehen. Die Zeit der Justizministerin ist abgelaufen“, so Steinhauser.
Sich auf den Standpunkt zurückzuziehen, dass mehr Teile bestätigt als aufgehoben wurden, sei „absurd“, hatte zuvor FPÖ-Generalsekretär Harald Vilimsky gesagt. Bandion-Ortner müsse sich selbst fragen, ob sie als Justizministerin noch tragbar sei.
Nicht nur den Rücktritt Bandion-Ortners, sondern auch jenen ihres Kabinettschefs (und damaligen Staatsanwalts im BAWAG-Prozess) forderte das BZÖ. Der OGH-Befund sei eine „vollkommene Blamage“ für die Ministerin, so Justizsprecher Ewald Stadler. „Jetzt steht endgültig fest, dass Bandion-Ortner - im Hinblick, dass sie ÖVP-Ministerin wird - beim Urteil massiv gepatzt hat.“
Bandion-Ortner: „Steht nicht zur Debatte“
Für Bandion-Ortner, die ÖVP-Chef Josef Pröll in die Bundesregierung geholt hatte, noch bevor das BAWAG-Urteil ausgefertigt war, sprang ÖVP-Justizsprecher Herbert Donnerbauer in die Bresche: „Hier ist eben eine andere Rechtsauffassung vertreten worden. Und der OGH ist dazu da, das letzte Wort zu sprechen, und das hat er getan.“

APA/Herbert Neubauer
Zehn Jahre Haft für Elsner
Die Justizministerin selbst antwortete in der ZIB2 auf die Frage, ob Pröll ihr klar gesagt habe, dass sie Justizministerin bleibe: „Bitte, das steht überhaupt nicht zur Debatte.“ Man habe sich miteinander unterhalten, aber über andere Dinge. „Aber diese Frage stellt sich einfach nicht.“ Sie denke nicht an Rücktritt, so Bandion-Ortner, sie denke vielmehr, dass sie durchaus eine gute Justizministerin sei.
Höchststrafe für Elsner
Der OGH hatte die erstinstanzlichen BAWAG-Urteile der nunmehrigen Justizministerin wegen wesentlicher Feststellungsmängel aufgehoben. Elsner profitierte allerdings nicht davon, obwohl fünf von 18 Untreuefakten wegfielen. Der 75-Jährige erhielt für die verbleibenden Untreuehandlungen mit einem Gesamtschaden von über einer Milliarde Euro zehn Jahre Haft aufgebrummt und damit die vorgesehene Höchststrafe.
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