Angst vor Erdbeben und Erdrutschen
Für den Vorsitzenden der Entwicklungsgesellschaft für den umstrittenen Dreischluchtendamm am Jangtse-Fluss in China, Cao Guangjing, ist ein „Meilenstein“ erfüllt. Vor wenigen Tagen wurde das Reservoir des riesigen Staudamms erstmals komplett gefüllt. Der Wasserstand erreichte die 175-Meter-Marke.
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Mit diesem Höchststand erreicht das weltgrößte Wasserkraftwerk nun die maximale Stromerzeugung. Auch die Hochwasserkontrolle und die Nutzung der Schifffahrtswege soll dadurch erleichtert werden. Nach Angaben der chinesischen Nachrichtenagentur Xinhua funktioniert bisher alles „reibungslos“. Das Reservoir mit einer Länge von rund 600 Kilometern wird seit 2008 mit Wasser gefüllt.
Über 80 Mrd. Kilowatt Kapazität
Der maximale Wasserstand des insgesamt 185 Meter hohen Dreischluchtendamms soll nun zwei Monate beibehalten werden. Danach soll sich das Niveau des Wassers zwischen 145 und 175 Metern einpendeln. Bei dieser Höhe soll das Kraftwerk seine geplante jährliche Kapazität von 84,7 Milliarden Kilowatt erreichen. 2012 sollen noch sechs weitere Turbinen installiert werden.
Allerdings gibt sich sogar Projektleiter Cao zurückhaltender. Der höchste Wasserstand „bedeutet nicht den vollen Erfolg des Projekts“. Es erlaube, die verschiedenen öffentlichen Sorgen und Zweifel zu prüfen, die von Anfang an vorgebracht wurden. Die Gefahr von Erdrutschen steige, auch die Sorgen um die Wasserqualität und vor Schlammablagerungen bestünden weiter, warnte er.
Warnung vor Erdbeben
Auch Fan Xiao, Chefingenieur des Geologischen Amts der Provinz Sichuan, befürchtet geologische Probleme mit katastrophalen Folgen. Nach zwei misslungenen Versuchen seit 2008 sei das Wasser jetzt erstmals auf 175 Meter gestaut worden. „Natürlich verstärkt das den geologischen Druck im Bereich des Reservoirs, was Erdrutsche oder Schlammlawinen auslösen kann“, sagte Fan gegenüber der dpa. In Zukunft trügen starke saisonale Veränderungen im Wasserstand zu den geologischen Risiken bei.
Geologen warnen immer wieder vor Erdbeben und dem schwankenden Wasserpegel, mit dem sich der Druck auf die Erdschichten darunter ständig veränderte. Der Anstieg des Wasserstands löste bereits an zahlreichen Uferstellen Erdrutsche aus. Fan hatte einen möglichen Zusammenhang zwischen dem verheerenden Erdbeben 2008 in Sichuan mit mehr als 80.000 Toten und den Wassermassen im nahe gelegenen Zipingpu-Staudamm aufgedeckt.

Reuters/China Daily Information Corp
Bei der 175-Meter-Marke wurde der Höchststand des Wasserpegels erreicht.
100 Mrd. Yuan Folgekosten möglich
Die Auseinandersetzungen um den umstrittenen Staudamm laufen seit dem Baubeschluss 1992. Die Bedenken reichen bis in die kommunistische Führung. Denn die Kosten übersteigen bei weitem das geplante Ausmaß. Offiziell werden die Gesamtausgaben für den Dreischluchtendamm mit 180 Milliarden Yuan (20 Mrd. Euro) angegeben. Westliche Schätzungen gehen allerdings vom Doppelten aus. Auch chinesische Experten hatten vor wenigen Monaten gewarnt, dass in den nächsten zehn Jahren noch weitere 100 Mrd. Yuan an Folgekosten entstehen werden. Diese seien notwendig, um die Umsiedlung der Anrainer fortzusetzen, Erdrutsche zu verhindern und Umweltschäden zu beseitigen.
Mehr als eine Million Menschen musste bisher für das Mammutprojekt umgesiedelt werden. Auch die Umwelt leidet. Immer wieder ist von Korruption bei der Neuansiedlung der Menschen die Rede. Immer mehr macht sich auch eine Verschlechterung der Wasserqualität bemerkbar. Durch die verringerte Fließgeschwindigkeit am Jangtse werden die Abwässer und große Müllmengen nicht mehr so schnell wie früher weggespült.
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