Alle Proteste sind verhallt
Trotz massiver Proteste von Umweltschützern hat Brasiliens Präsident Luiz Inacio Lula da Silva grünes Licht für das im Amazonas-Gebiet geplante drittgrößte Wasserkraftwerk der Welt gegeben. Er unterzeichnete Ende August einen Konzessionsvertrag mit dem Konsortium Norte Energia SA, das für 35 Jahre die Nutzungsrechte an dem Kraftwerk Belo Monte am Xingu-Fluss im Bundesstaat Pa hat.
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Dem auch für den Bau verantwortlichen Konsortium gehören 18 staatliche und private Firmen sowie brasilianische Pensionsfonds als Investoren an. Das umgerechnet etwa 8,5 Milliarden Euro teure Kraftwerk soll in der ersten Phase 2015 in Betrieb gehen. Es wäre mit einer Leistungskapazität von über 11.000 Megawatt das drittgrößte Wasserkraftwerk der Welt, nach dem Drei-Schluchten-Staudamm in China und dem binationalen Itaipu-Werk an der Grenze Brasiliens zu Paraguay.
„Sieg für Energiesektor“
Die Regierung hält das Wasserkraftwerk zur Sicherung der Energieversorgung für notwendig. Er habe selbst anfänglich das Projekt kritisiert, seit er mehr darüber wisse, sei er dafür, erklärte Lula bei der feierlichen Unterzeichnung der Verträge, wie die BBC berichtete. „Sie können sich nicht vorstellen, wie oft ich gegen Belo Monte gesprochen habe, obwohl ich nichts darüber wusste. Und nun wird es ausgerechnet in meiner Amtszeit umgesetzt.“ Es sei ein Sieg für den brasilianischen Energiesektor, so Lula.

Reuters/Roberto Jayme
Amazonas-Ureinwohner protestieren gegen das Kraftwerk.
17.000 Menschen werden umgesiedelt
Die am und vom Xingu-Fluss lebenden Indigenen, die katholische Kirche, Menschenrechtler und Umweltschützer sehen das jedoch anders und laufen seit Monaten Sturm gegen das Projekt. Sie befürchten unkalkulierbare Auswirkungen auf die Umwelt und sehen die Lebensgrundlagen der Ureinwohner massiv bedroht. Mindestens 17.000 Menschen müssen umgesiedelt werden. Zudem bezweifeln die Kritiker den wirtschaftlichen Nutzen der Anlage.
Schon seit der ersten Planung vor Jahrzehnten wurde der Belo-Monte-Staudamm scharf kritisiert. 1989 sorgten weltweite Proteste - unterstützt von Popstar Sting - dafür, dass das Vorhaben zunächst auf Eis gelegt wurde.
Baukosten von acht Mrd. Euro
Die Baukosten des Staudamms, der auf eine Stromleistung von 11.000 Megawatt ausgelegt ist und künftig 23 Millionen Haushalte beliefern soll, sind auf elf Milliarden Dollar (knapp acht Mrd. Euro) veranschlagt. Noch höhere Leistungen erbringen bisher lediglich der ebenfalls brasilianische Itaipu-Stausee mit 14.000 Megawatt und der Drei-Schluchten-Stausee in China mit 18.000 Megawatt.
Die Staudammkritiker werfen jedoch ein, dass Belo Monte äußerst ineffizient sei. Während der drei bis vier Monate im Jahr, wenn der Wasserstand des Xingu niedrig ist, könne das Kraftwerk nur zehn Prozent seiner Kapazität erreichen.
Brutstätten für Malariamücken
Als unbestritten gilt, dass mit dem Belo-Monte-Staudamm gravierende ökologische und soziale Konsequenzen verbunden sind. Der Stausee wird rund 500 Quadratkilometer Land überfluten. Nach Angaben der Bewegung Xingu Vivo dürften rund 20.000 Einwohner ihren bisherigen Lebensraum verlieren. Auf 140 Kilometer Länge wird der Xingu nach Angaben von Kritikern zu stehenden Lacken verkümmern, Fische werden verschwinden und die Tümpel zu Brutstätten für Mücken werden, die Krankheiten wie Malaria verbreiten.
„Wir werden mehr leiden als bisher“
In der Gegend um Altamira leben mehrere Tausend Indigene in einfachen Pfahlbauten. Ein Frisch- oder Abwassersystem gibt es hier nicht. Die wenigen geteerten Straßen gehen schon wenige Kilometer nach der Stadtgrenze in schmutzige Feldwege über. Wenn sie den Damm bauen, dann werden wir noch mehr leiden als bisher", sagte Diane Fereira Barbosa, eine zweifache Mutter aus Altamira, gegenüber der Nachrichtenagentur AP. Die Regierung versucht zu beruhigen und hat Ausgleichszahlungen von bis zu 570 Millionen Euro an die Ureinwohner versprochen.
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