Opposition fordert Rücktritt
Nach der kritischen Stellungnahme der Generalprokuratur zu den erstinstanzlichen BAWAG-Urteilen samt der Empfehlung der Teilwiederholung des Prozesses hat sich Justizministerin Claudia Bandion-Ortner in einer ersten Reaktion „gelassen“ gezeigt.
Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.
Bei einem derart großen Verfahren könne man nicht erwarten, dass alle Teile des Urteils halten, so die damalige Vorsitzende des Schöffensenats im Ö1-Mittagsjournal. Die Entscheidung liege laut Bandion-Ortner nun beim Obersten Gerichtshof (OGH). Wenn dieser zum Schluss komme, dass Teile aufgehoben werden müssen, „dann ist es eben so“.
Außer Frage stehe für Bandion-Ortner, dass es im Interesse jedes Richters sei, „dass seine Urteile halten“. Immerhin seien auch „sehr wichtige Teile“ des Urteils von der Generalprokuratur nicht beanstandet worden, verteidigte sie die Urteile. „Man kann nicht erwarten, dass in so einem riesigen Verfahren keine Fehler passieren“, so die Ministerin: „Wichtig ist, dass in wesentlichen Teilen das Urteil hält“ - mehr dazu in oe1.ORF.at.
Pröll stellt Bandion-Ortner nicht infrage
Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) und Vizekanzler Josef Pröll (ÖVP) sagten am Dienstag nach dem Ministerrat, dass die neue Entwicklung im BAWAG-Prozess kein Thema in der Regierungssitzung gewesen sei. Angesprochen darauf, dass Bandion-Ortner Richterin des nun zu platzen drohenden Prozesses gewesen war, sagte Pröll, er sehe keinen Grund, die Ressortchefin infrage zu stellen.
Grüne: „Justizpolitische Bombe“
Unterdessen wird die Empfehlung der Generalprokuratur, Teile des BAWAG-Urteils aufzuheben, von allen drei Oppositionsparteien als Misstrauensvotum für die Justizministerin und frühere BAWAG-Richterin aufgefasst. FPÖ, Grüne und BZÖ fordern unisono den Rücktritt der Ministerin.
Die Stellungnahme sei eine „justizpolitische Bombe“, so der grüne Justizsprecher Albert Steinhauser. Die Justizministerin habe ihren Aufstieg dem BAWAG-Prozess zu verdanken, nun müsse ihr „Erfinder“ Pröll handeln und Bandion-Ortner abziehen, „wenn er der Justiz weitere imageschädigende Endlosdebatten ersparen will“, so Steinhauser in einer Aussendung.
FPÖ: „Prozess liegt in Trümmern“
Die Justizministerin ist auch für den früheren Vorsitzenden im Banken-Untersuchungsausschuss, Martin Graf (FPÖ), rücktrittsreif. „Die Führung des BAWAG-Prozesses war die einzige Tat, die Bandion-Ortner - zumindest in den Augen der ÖVP - für das Ministeramt qualifiziert hat.“ Nun liege dieser Prozess „in Trümmern“, Bandion-Ortner „soll daher die Konsequenzen ziehen und zurücktreten“, so Graf per Aussendung. Er forderte einen neuen Prozess, der sämtliche Vorgänge rund um die ehemalige Gewerkschaftsbank aufarbeiten soll.
BZÖ stellt Misstrauensantrag
Auch vom BZÖ kommt eine Rücktrittsaufforderung an Bandion-Ortner und ihren Kabinettschef Georg Krakow, ehemals Staatsanwalt im BAWAG-Verfahren. „Die beiden sind längst zur untragbaren Belastung geworden, haben das Vertrauen in die Justiz nachhaltig beschädigt und haben im Ministerium einen wahren Scherbenhaufen angerichtet. Der sofortige Rücktritt dieser beiden Herrschaften muss die logische Konsequenz sein.“
Der stellvertretende Klubobmann des BZÖ, Stefan Petzner, sieht durch die Stellungnahme der Generalprokuratur die Rechtsstaatlichkeit gewahrt. Das BZÖ will am Donnerstag die jüngsten BAWAG-Turbulenzen zum Thema einer Dringlichen Anfrage und eines Misstrauensantrags an Bandion-Ortner machen.
Seit Jänner 2009 Justizministerin
Das BAWAG-Urteil im bisher größten Wirtschaftsprozess der Nachkriegsgeschichte war am 117. Verhandlungstag von einem vierköpfigen Schöffensenat unter Vorsitz von Bandion-Ortner gefällt worden. Das Urteil war am 4. Juli 2008 ausgesprochen und am 31. Dezember 2008 von Bandion-Ortner ausgefertigt und unterzeichnet worden. Am 15. Jänner 2009 wurde Bandion-Ortner als Justizministerin der Bundesregierung angelobt. Der damalige BAWAG-Staatsanwalt Krakow wurde zu ihrem Kabinettschef.
Links: