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„Aufhebung des Strafausspruchs empfohlen“

Paukenschlag in der Causa BAWAG: Die Generalprokuratur hat in ihrer mit Spannung erwarteten Stellungnahme die Teilwiederholung des Prozesses gegen die früheren BAWAG-Manager und Verantwortlichen empfohlen. Damit droht den Urteilen des Schöffensenats unter Vorsitz von Richterin Claudia Bandion-Ortner, heute Justizministerin, die Aufhebung.

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In der am Dienstag bekanntgewordenen, 328 Seiten starken Stellungnahme wird laut APA das erstinstanzliche Urteil im BAWAG-Prozess regelrecht „zerpflückt“. Laut dem Croquis, der dem Obersten Gerichtshof (OGH) als „Rechtswahrer“ beigeordneten Behörde, kommt den Nichtigkeitsbeschwerden von Helmut Elsner, Johann Zwettler und Peter Nakowitz demnach „teilweise Berechtigung“ zu.

„Wir haben daher die Aufhebung des Strafausspruchs empfohlen“, sagte der Sprecher der Generalprokuratur, Wilfried Seidl, Dienstagmittag gegenüber der APA. Der Prozess müsste - sollte der OGH der Prokuratur folgen - somit zumindest in großen Teilen wiederholt werden.

Seidl betonte gegenüber der ZIB zwar, dass nach Ansicht der Generalprokuratur „wesentliche Teile des Urteils“, darunter auch der „Großteil der Untreuefakten“ gegen Elsner, zu bestätigen seien. Allerdings: Selbst wenn nur Teile des Schuldspruchs aufgehoben werden, habe das „logischerweise zur Folge“, dass der Strafausspruch aufgehoben werde und das Erstgericht demzufolge über die Strafe neu verhandeln und entscheiden müsse.

Schwere Bedenken

Besonders mangelhaft sind nach Ansicht der Generalprokuratur die von der ersten Instanz getroffenen Feststellungen in Bezug auf den Investmentbanker Wolfgang Flöttl, die Ex-BAWAG-Vorstände Hubert Kreuch, Josef Schwarzecker, Christian Büttner, den Ex-BAWAG-Aufsichtsratspräsidenten Günter Weninger und den Wirtschaftsprüfer Robert Reiter.

Deren Urteile wären nach Ansicht der Generalprokuratur bereits in nicht öffentlicher Sitzung aufzuheben, gegen die Betroffenen müsste - sollte der OGH dieser Rechtsmeinung folgen - zur Gänze neu verhandelt werden. Wie der Sprecher der Generalprokuratur gegenüber der APA betonte, ist der OGH an die Rechtsansicht der Prokuratur nicht gebunden.

„Liegt in der Natur der Sache“

Bandion-Ortner zeigte sich im Ö1-Mittagsjournal in einer ersten Reaktion „gelassen“. Dennoch halte sie es für möglich, „dass das BAWAG-Urteil in Teilen aufgehoben wird“, wie die Justizministerin im Gespräch mit der APA eingestand.

Dass es in einem Großverfahren verschiedene Rechtsansichten gibt, liegt laut Bandion-Ortner aber „in der Natur der Sache“. Zudem betonte die Ministerin, dass die Stellungnahme der Prokuratur keine Bindungswirkung habe und der OGH „grundsätzlich unabhängig“ über die Rechtsmittel entscheide. Selbst wenn die Höchstrichter der Generalprokuratur folgen sollten, wäre das für die Ministerin „kein Justizskandal“.

Urteil vom 4. Juli 2008

Ex-BAWAG-Chef Helmut Elsner wurde am 4. Juli 2008 von einem Wiener Schöffensenat unter dem Vorsitz der nunmehrigen Justizministerin Claudia Bandion-Ortner in sämtlichen Anklagepunkten für schuldig befunden, wobei ihm das Gericht eine Schadenssumme von 1,72 Mrd. Euro zulasten der BAWAG ankreidete. Dafür wurden neuneinhalb Jahre Haft verhängt. Gegen das Urteil meldete Elsner Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung an.

Elsner-Anwalt Karl Bernhauser zeigte sich unterdessen überzeugt, dass das über den ehemaligen BAWAG-Chef gefällte Urteil vor dem OGH nicht halten wird und kündigte gleichzeitig an, weiterkämpfen zu wollen. Erfreut zeigte sich auch Ruth Elsner: „Mein Mann hat immer gesagt, dass das Urteil nicht halten wird“, so die Ehefrau des Ex-BAWAG-Chefs gegenüber der „Kronen Zeitung“ (Mittwoch-Ausgabe). Laut „Österreich“ (Mittwoch-Ausgabe) sprach Ruth Elsner zudem vom „ersten Erfolg in der langen Geschichte“.

OGH will noch heuer entscheiden

Laut OGH wird Elsner noch vor Weihnachten erfahren, ob es bei dem erstinstanzlichen Schuldspruch wegen Untreue, schweren gewerbsmäßigen Betrugs und Bilanzfälschung bleibt. Konkret wurde für den 22. und 23. Dezember ein Rechtsmittelverfahren einberaumt, wie OGH-Sprecher Kurt Kirchbacher am Dienstag mitteilte.

Dass der OGH einen Gerichtstag auf zwei Tage anberaumt, liegt laut Kirchbacher an der „Dimension des Verfahrens“. Den Verteidigern müsse demnach genügend Zeit gegeben werden, „um hinreichend ihre Rechtsmittel darlegen zu können“.

Neben Elsner wird in dem öffentlichen Gerichtstag auch über die Rechtsmittel von Elsners unmittelbarem Nachfolger an der BAWAG-Spitze, dem in erster Instanz wegen Untreue zu fünf Jahren Haft verurteilten Zwettler, sowie Ex-BAWAG-Generalsekretär Nakowitz verhandelt. Elsners ehemalige „rechte Hand“ hatte vom Erstgericht vier Jahre ausgefasst.

Termin für Flöttl noch offen

Die Rechtsmittel der übrigen im BAWAG-Prozess Abgeurteilten - darunter vor allem die Nichtigkeitsbeschwerde und Strafberufung der Staatsanwaltschaft gegen Flöttl, der das ihm anvertraute BAWAG-Vermögen zur Gänze verspekuliert haben soll und dafür zweieinhalb Jahre teilbedingt erhalten hatte - wird der OGH demgegenüber in nicht öffentlicher Sitzung behandeln.

Aufatmen für Flöttl?

Laut der Stellungnahme der Generalprokuratur soll es gegen Wolfgang Flöttl auch kein weiteres, über das Urteil der ersten Instanz hinausreichendes strafrechtliches Vorgehen geben. Ein solches wurde von der Staatsanwaltschaft mittels Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung angestrebt.

„Das hängt mit der rechtlichen Eigenart der verschiedenen Anfechtungsgründe zusammen. Ob eine Nichtigkeitsbeschwerde in nicht öffentlicher Sitzung oder in einer öffentlichen Verhandlung behandelt wird, hat mit den relevierten Nichtigkeitsgründen zu tun“, so OGH-Sprecher Kirchbacher.

Wann über die Rechtsmittel von Flöttl, den ehemaligen BAWAG-Vorständen Büttner, Schwarzecker und Kreuch, dem Ex-BAWAG-Aufsichtsratspräsidenten Weninger und dem Wirtschaftsprüfer Reiter entschieden wird, liegt im Ermessen des zuständigen Senats. Ob das noch vor Weihnachten der Fall sein wird, wollte Kirchbacher nicht beantworten: „Damit würden wir uns im Bereich der Spekulation bewegen.“

Elsner als Einziger im Gefängnis

Flöttl, der im Fall der Rechtskraft seines Urteils zehn Monate im Gefängnis absitzen müsste, hatte lediglich gegen die Strafhöhe berufen. Die Übrigen hatten sämtliche Rechtsmittel ausgeschöpft. Büttner war zu eineinhalb Jahren bedingt verurteilt worden, Schwarzecker und Kreuch zu jeweils dreieinhalb Jahren unbedingt. Weninger bekam zweieinhalb Jahre, davon sechs Monate unbedingt, Reiter drei Jahre, davon ein Jahr unbedingt. Als einziger der Angeklagten befindet sich Elsner in U-Haft.

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