Unfallzahlen nicht zurückgegangen
Seit September 2009 müssen Alkolenker in Österreich mit strengeren Strafen und bei einer Alkoholisierung zwischen 0,8 und 1,2 Promille mit einem neu entwickelten Verkehrscoaching rechnen. Eine aktuelle Studie von sechs verkehrspsychologischen Instituten kommt nun zu dem Ergebnis, dass die neu eingeführten Maßnahmen keine Effekte auf die Zahl der Alkoholunfälle hatten.
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„Die Zahl der Alkoholunfälle ging im relevanten Zeitraum nicht zurück“, sagte Studienleiter Gregor Bartl, Verkehrspsychologe des Instituts alles-führerschein.at.
Erfolge hätten sich im Zeitraum von September 2009 bis Jänner 2010 einstellen müssen, ist Bartl überzeugt. Die Zahl der Alkoholunfälle ist während dieser fünf Monate aber nur um 1,3 Prozent gegenüber dem Vorjahr gesunken, während alle anderen Verkehrsunfälle viel deutlicher, nämlich um 5,4 Prozent, rückläufig waren.
„Hätte Abwärtstrend geben müssen“
Doppelt positiv auf die Unfallzahlen hätte sich die Wirtschaftskrise auswirken müssen. „Wenn es Menschen wirtschaftlich schlechter geht, gibt es Rückgänge beim Alkoholkonsum in der Gastronomie, es werden weniger Freizeitfahrten gemacht, und dadurch sind weniger Unfälle zu erwarten“, sagte der Verkehrspsychologe. „Es hätte einen Abwärtstrend geben müssen.“
In einer Langzeitanalyse betrachtete man die monatliche Veränderung des Prozentanteils der Alkoholunfälle am Gesamtunfallgeschehen. Diese bewegten sich im Bereich von 6,6 Prozent (September 2009), 6,52 Prozent (Oktober 2009), 7,64 Prozent (November 2009), 7,93 Prozent (Dezember 2009), 7,65 Prozent (Jänner 2010), 5,82 Prozent (Februar 2010) und 5,93 Prozent im März 2010. „Das sind wie immer Zufallsschwankungen, auch hier hätte man einen Trend erkennen müssen“, sagte Bartl.
Ministerium widerspricht
Das Verkehrsministerium widerspricht dem allerdings: Im Untersuchungszeitraum seien die Verkehrschoachings erst angelaufen. Vergleicht man die Daten der Statistik Austria des ersten Halbjahrs 2009 mit denen des heurigen Halbjahrs, ergeben sich signifikante Rückgänge. Die Zahl der Unfälle sei demnach um 8,6 Prozent geringer, solche mit Verletzten um zwölf Prozent. Die Zahl der Alkounfälle mit Todesopfern seien sogar um 44 Prozent gesunken.
Verbesserungen sieht auch das Kuratorium für Verkehrssicherheit allerdings in der Steiermark. Dort verzeichnet man einen Rückgang von Alkounfällen um sieben Prozent gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahrs - mehr dazu in oesterreich.ORF.at.
Verkehrscoaching wirklich sinnvoll?
Die verkehrspsychologischen Institute fordern die Evaluierung des im September 2009 eingeführten Verkehrscoachings (für Alkolenker zwischen 0,8 bis 1,19 Promille), andernfalls sei deren Anwendung nicht zu rechtfertigen. Bei den Coachings konfrontieren Rettungskräfte Lenker mit den Folgen von Alkounfällen, es geht um die Reflexion des Verhaltens und um Bewusstseinsbildung.
Fahrer ab 1,5 Promille Alkohol im Blut müssen zu einer verkehrspsychologischen Nachschulung. Diese therapeutische Maßnahme ist evaluiert und reduziert das Rückfallrisiko nachweislich um 50 Prozent, so der Verkehrspsychologe.
„Wirkungslos wie Foto auf Zigarettenschachtel“
Die im November 2009 gestartete Kampagne mit abschreckenden TV-, Kino- und Hörfunkspots blieb nach Ansicht der Verkehrspsychologen ebenfalls ohne positive Folge. „Das ist so wirkungslos wie ein abschreckendes Foto auf einer Zigarettenschachtel“, sagte Bartl. So etwas festige nur die Meinung jener, die ohnehin gegen Alkohol am Steuer sind. „Das ist eine bekannte Tatsache in der Psychologie.“
VCÖ: 0,1-Promille-Grenze für alle unter 25
Eine der Hauptrisikogruppen sind junge Autolenker, so der Verkehrsclub Österreich (VCÖ). Der Verband weist darauf hin, dass im Vorjahr 28 Prozent der Alkolenker unter 25 Jahre jung waren und fordert daher, dass die bestehende 0,1-Promille-Grenze für Führerscheinneulinge generell auf alle unter 25 Jahre ausgeweitet wird.
„Wer alkoholisiert ein Auto lenkt, spielt mit dem eigenen Leben und mit dem Leben der anderen Verkehrsteilnehmer russisches Roulette. Da die bisher gesetzten Maßnahmen nicht zum gewünschten Erfolg geführt haben, braucht es weitere Schritte“, sagt Martin Blum vom VCÖ.
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