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Spekulieren für die Gläubiger

Vor zwei Jahren brach Lehman Brothers in den Wirren der Finanzkrise zusammen und löste eine noch größere Katastrophe aus. Während unzählige Firmen untergingen, lebt ausgerechnet Lehman als eine Art Untoter der Finanzindustrie weiter.

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Es herrscht Leben bei Lehman Brothers. Eine Heerschar von Anwälten und Finanzfachleuten hat sich über das hergemacht, was von der einst viertgrößten Investmentbank der Welt übrig geblieben ist. Zu Stundenlöhnen von nicht selten 1.000 Dollar wickeln sie alte Geschäfte ab, treiben ausstehendes Geld ein oder sichten und gewichten die Forderungen der Gläubiger, die seit mittlerweile zwei Jahren auf ihre Entschädigung warten. Totenstille ist was anderes.

Als Lehman die scheinbar letzte Stunde schlug

Am 15. September 2008 hatte eigentlich das letzte Stündlein von Lehman Brothers geschlagen. Die Bank hatte sich mit heiklen Finanzwetten auf dem US-Häusermarkt in Lebensgefahr begeben. Der Staat verweigerte die Hilfe und besiegelte damit das Schicksal eines der renommiertesten Wall-Street-Häuser. Darüber echauffierte sich der damalige Lehman-Chef Richard Fuld noch immer: „Warum hat die Regierung nicht für Lehman das Fenster weit aufgemacht wie für alle anderen?“

Am Ende fehlte das Bargeld

Am Ende ging der weltweit verflochtenen Bank schlicht das Bargeld aus, Lehman konnte seine Verpflichtungen nicht mehr erfüllen, die Bank musste Insolvenz anmelden. Tausende Menschen verloren mit einem Schlag ihr Geld, darunter auch viele europäische Kleinanleger, die Zertifikate der Amerikaner gekauft hatten. Die Spätfolgen konnte und wollte sich zu dem Zeitpunkt noch niemand ausmalen.

Gerhard Richter: Abstraktes Bild mit grauen Querstreifen

EPA/SOTHEBY'S

Auch die Kunstwerke im Besitz von Lehman kamen unter den Hammer - hier ein Bild von Gerhard Richter.

Mittlerweile kommt wieder Bares in die Kasse, alleine im zuletzt berichteten Monat Juli waren es 962 Millionen Dollar - wovon nach Abzug aller Kosten allerdings nur 340 Millionen Dollar übrig blieben. Der größte Teil des Betrags kam aus fälligen Krediten und Finanzspekulationen.

Suche nach Erlösen

Im Moment führen die Insolvenzverwalter die Geschäfte. Sie sollen den vielen Zehntausenden Geschädigten zumindest Teile ihre Geldes zurückzahlen können. Die Insolvenzverwalter wollen zwei Tochterbanken so weit wieder auf die Beine bringen, dass sich ein Verkauf lohnt. Das soll mehr als eine halbe Milliarde Dollar in die Kasse spülen. Auch Immobilien, deren Besitzer ihre Raten nicht mehr zahlen, kommen unter den Hammer. Am 25. September wurden Bestände aus der Lehman Brothers Corporate Art Collection bei Sotheby’s in New York versteigert. Insgesamt wurden 12,3 Mio. Dollar (rund neun Mio. Euro) erzielt.

Die richtig dicken Brocken der Investmentbank hatten sich nur wenige Tage nach der Insolvenz aber schon die britische Barclays Bank und der japanische Rivale Nomura geschnappt.

Ein Drittel der Summe könnte zurückkommen

Die von den Gläubigern verlangten 819 Milliarden Dollar werden durch all die Verkäufe und Spekulationen aber kaum zusammenkommen - nicht mal, wenn die Forderungen wie geplant zusammengestrichen werden. Auf etwa ein Drittel der Ursprungssumme hofft der Insolvenzverwalter den Betrag drücken zu können. Am Ende, so der Plan, werden die „rechtmäßigen“ Gläubiger noch 20 Cent für den Dollar sehen.

Um den Betrag noch etwas aufstocken zu können, kennt die Geschäftstüchtigkeit der Lehman-Verwerter keine Grenzen. Ein eigens geschaffener Vermögensverwalter namens Lamco soll bei der Geldvermehrung helfen. Der Großteil der verbliebenen knapp 700 Lehmänner wechselte bereits herüber. Lamco soll nach der Abwicklung für Dritte arbeiten - das zweite Leben von Lehman Brothers.

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