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Getreideexport boomt

Brasiliens größte Savannenlandschaft schrumpft dramatisch. Die ursprünglich mehr als zwei Millionen Quadratkilometer umfassende Cerrado-Region sei mittlerweile um nahezu die Hälfte (48,4 Prozent) zurückgegangen, warnte Brasiliens Geografie- und Statistikinstitut (IBGE) diese Woche in einer Studie und forderte sofortige Schutzmaßnahmen für die zentralbrasilianische Landschaft.

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Hauptgrund für den Rückgang ist die landwirtschaftliche Nutzung der artenreichen Region, die sich über mehr als zehn Bundesstaaten Brasiliens ausdehnt. Die Cerrados sind nach dem Amazonas-Regenwald das zweitgrößte Ökosystem Brasiliens.

Rasantes Agrarwachstum

Zwischen 1996 und 2006 wuchs der Wert der geernteten Feldfrüchte in dem südamerikanischen Land um 365 Prozent. Der Rinderexport verzehnfachte sich in zehn Jahren. Brasilien überholte damit Australien als größten Exporteur.

Brasilien ist aber auch bei Geflügel, Zuckerrohr und Ethanol der weltgrößte Exporteur und deckt ein Viertel des weltweiten Sojabedarfs, so die britische Wochenzeitung „Economist“.

Die Savannenlandschaft grenzt im Nordosten an die Caatinga, den Trockenwald, im Südwesten ans Pantanal und im Südosten an den Atlantischen Regenwald. Die Landschaft beherbergt eine enorme Artenvielfalt, viele der Pflanzen und Tiere kommen nur noch in den Cerrados vor. Doch das Ökosystem wurde und wird immer mehr zurückgedrängt von riesigen Anbauflächen für Soja, Baumwolle, Kaffee und Mais.

Was die britische Zeitschrift „Economist“ als „Wunder von Cerrado“ bezeichnet, lässt bei Umweltschützern die Alarmglocken schrillen - manche von ihnen sehen die Cerrados bereits mehr gefährdet als den Regenwald Amazoniens.

Mischt den Markt der „Großen“ auf

Für Brasilien wurde das Ökosystem vom ehemals unberührten Land zum bedeutenden Agrarfaktor: Die Bewirtschaftung machte das Land in den letzten 30 Jahren von einem Nahrungsmittelimporteur zu einer der größten Kornkammern weltweit. Es ist das erste Land, das es mit den fünf „großen“ Getreideexporteuren (Amerika, Kanada, Australien, Argentinien und die EU) aufnehmen kann. Und das erste unter ihnen, das Lebensmittel in tropischem Klima anbaut, berichtete die Zeitschrift.

Brasilien hat so viel freie Ackerfläche wie kein anderes Land. Seit etwa einem Jahrzehnt wurde die bebaute Ackerfläche um ein Drittel vergrößert - laut „Economist“ hat darunter nicht der Amazonas-Regenwald gelitten. Der Bewirtschaftung betrifft hauptsächlich die Cerrados. Rund 70 Prozent der brasilianischen Agrarerträge stammen aus diesem Gebiet.

Von der Savanne zum fruchtbaren Acker

Für einen großen Teil dieses umstrittenen Erfolgs ist das Unternehmen Embrapa (Empresa Brasileira de Pesquisa Agropecuaria) verantwortlich. Mit der Kultivierung großer Teile der Cerrados wurde Embrapa laut „Economist“ zum weltweit führenden Tropenforschungsinstitut.

Mann mit Sojabohnenernte

Reuters/Paulo Whitaker

Große Teile der Agrarfläche werden mit Sojabohnen bebaut.

Mit seinem Know-how schaffte es Embrapa, Soja zu einem tropischen Getreide zu machen sowie seine Beständigkeit und sein Wachstum zu steigern. Neue Landwirtschaftstechniken erhöhten die Erträge: Der Boden wird nicht länger gepflügt, und die Früchte nicht am Boden, sondern höher geerntet. Was zurückbleibt, verrottet zum Teil bzw. bildet eine nährstoffreiche Matte, in die im Jahr darauf der Samen gesät wird.

Embrapa versucht laut „Economist“ auch, die Nutzungsfläche bei gleichzeitig optimiertem Bebauungszyklus gering zu halten. Die Felder werden deshalb nicht nur als Ackerfläche genutzt, sondern dienen nach jahrelangem Anbau, wenn der Boden ausgelaugt ist, Rindern als Weidefläche.

Chance für Kampf gegen Hunger in Afrika?

Würde es gelingen, das „Wunder von Cerrado“ auf andere Savannen, wie etwa in Afrika zu übertragen, sieht der „Economist“ einen großen Schritt im Kampf gegen den Hunger gemacht: „Wenn wir Ähnliches sehen, wie jetzt in Brasilien, wird die Ernährung der Menschheit bis 2050 nicht länger wie ein derart mühsamer Kampf wie jetzt sein.“

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