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Wohl keine Haft für Benaissa

Die No-Angels-Sängerin Nadja Benaissa hat nicht allen Freunden ihre HIV-Infektion verschwiegen. Das wurde aus den Aussagen mehrerer früherer Liebhaber klar, die am Donnerstag vor Gericht aussagten. Benaissa ist angeklagt, weil sie einen Mann durch ungeschützten Sex mit dem Aids-Virus infizierte.

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Ein Exfreund sagte am Donnerstag vor dem Amtsgericht im deutschen Darmstadt aus, Benaissa habe ihn im Jahr 2003 von Anfang an über ihre HIV-Infektion aufgeklärt. „Sie hat sehr offen und verantwortungsvoll mit mir über das Thema gesprochen“, sagte der 38-jährige Musiker, der nach eigener Aussage etwa ein Jahr lang eine feste Beziehung mit Benaissa hatte.

Verfahren in einem Fall eingestellt

Die Richter stellten das Verfahren in einem Fall der versuchten gefährlichen Körperverletzung ein. Dieser betrifft einen der beiden Männer, mit denen die HIV-Infizierte ungeschützten Sex hatte, bei dem es nicht zur Ansteckung kam. Sie hatte ihn bei Dreharbeiten für eine Fernsehshow in der Dominikanischen Republik kennengelernt.

Am schwerwiegendsten ist der Vorwurf der gefährlichen Körperverletzung im Fall eines Künstlerbetreuers, der im Jahr 2004 infiziert wurde und sie 2008 anzeigte. Zu diesem Fall soll am Mittwoch ein Münchner Experte sein immunologisches Gutachten vortragen. Darin geht es um die Rückverfolgung der Virenstämme bei der Infektion des Mannes.

Geständnis in fünf Fällen

Mit dem Gutachten soll die Frage geklärt werden, ob sich der 34-jährige Künstlerbetreuer, der erst 2007 seine HIV-Diagnose erhielt, tatsächlich bei Benaissa angesteckt hat. Sein vorläufiges schriftliches Gutachten weist nach Angaben des Staatsanwalts auf eine Ansteckung durch Benaissa hin. Die Sängerin hatte zu Prozessauftakt fünf Fälle von ungeschütztem Sex mit drei verschiedenen Männern zugegeben.

Benaissa hatte etwa auch zugegeben, auch mit ihrem Freund aus dem Jahr 2000, einem Mitschüler der Abendschule, ungeschützten Sex gehabt haben. Mit ihm hatte sie nach eigener Aussage im Jahr 2000 eine achtmonatige Beziehung. Der ehemalige Jugendfreund sagte am Donnerstag unter Ausschluss der Öffentlichkeit als Zeuge aus.

Infektion unter „Heulkrämpfen“ zugegeben

Ein Musikproduzent will Benaissa einem Vernehmungsprotokoll zufolge zur Rede gestellt haben, nachdem er während einer Affäre im Jahr 2007 zufällig Aids-Medikamente in ihren Sachen entdeckt hatte. Sie habe ihm daraufhin unter „Heulkrämpfen“ von ihrer Angst vor einer Gefängnisstrafe erzählt.

Auch dem Musikproduzenten soll sie schon damals ungeschützten Verkehr mit zwei anderen Männern gebeichtet haben. Zu Prozessauftakt hatte Benaissas Verteidiger angedeutet, die Sängerin habe ihre Krankheit nicht aus eigenem Antrieb verschwiegen, sondern weil wegen ihrer Pop-Karriere Druck auf sie ausgeübt worden sei.

Kollegen müssen nicht aussagen

Aufgrund des Geständnisses der Sängerin sind inzwischen mehrere Zeugen wieder ausgeladen worden. So werden die Aussagen der übrigen Mitglieder der Band No Angels sowie des Rap-Stars Samy Deluxe voraussichtlich nicht mehr benötigt. Der Sängerin drohen bei einer Verurteilung zwischen sechs Monaten und zehn Jahren Haft.

Die Staatsanwaltschaft hatte noch am Montag die strafmildernde Wirkung von Geständnissen unterstrichen. Auch der Anwalt des infizierten Mannes, der als Nebenkläger am Prozess teilnimmt, meinte: „Realistisch wäre eine Bewährungsstrafe.“ Der Prozess vor dem Jugendschöffengericht ist auf insgesamt fünf Verhandlungstage angesetzt. Mit dem Urteil ist am 26. August zu rechnen.

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