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Bis zu zehn Jahre Haft

Nadja Benaissa, Sängerin der deutschen Popband No Angels, hat gestanden, trotz einer ihr bekannten HIV-Infektion in mehreren Fällen ungeschützten Sex gehabt zu haben. „Es tut mir aber von Herzen leid“, sagte die 28-Jährige am Montag vor dem Amtsgericht Darmstadt.

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Benaissa soll insgesamt in fünf Fällen mit drei Männern ungeschützten Sex gehabt haben, dabei soll sich ein Mann 2004 mit dem Aids-Virus infiziert haben. In diesem Fall muss sich die junge Mutter wegen gefährlicher Körperverletzung verantworten. Der Mann tritt in dem Prozess als Nebenkläger auf.

Auch Bandkolleginnen sollen aussagen

Die anderen Fälle sind wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung angeklagt. Auch Benaissas Anwalt Oliver Wallasch räumte im Wesentlichen die gegen Benaissa erhobenen Tatvorwürfe ein. Sie habe ihre eigene Verantwortung vernachlässigt, sie habe jedoch niemals die Absicht gehabt, jemanden mit dem HI-Virus zu infizieren. Dem Popstar drohen in dem Verfahren bis zu zehn Jahre Haft.

Nadja Benaissa

APA/dpa/Boris Roessler

Nadja Benaissa vor Prozessbeginn im Amtsgericht Darmstadt

Der auf fünf Tage terminierte Prozess ist wegen des großen Interesses in einen Saal des Landgerichts verlegt worden. Auch die drei anderen verbliebenen Sängerinnen der deutschen Castingshow-Band sollten ursprünglich in dem Prozess aussagen. Es gab verschärfte Sicherheitskontrollen. Ein Ansturm von Fans oder anderen Gerichtskiebitzen blieb aber aus.

„Das war ein großer Fehler von mir“

Benaissa sagte, bei ihr sei 1999 im Zuge einer Schwangerschaft ein Aids-Test gemacht worden. Dabei sei die HIV-Infektion festgestellt worden. „Ich war von dem Ergebnis völlig überrascht.“ Ihre Eltern seien vom Krankenhaus informiert worden. Die Sängerin war im April 2009 festgenommen worden und hatte zehn Tage in Untersuchungshaft gesessen.

Benaissa erklärte, ihr sei erst durch die Verhaftung klar geworden, dass ihr „bisheriger Umgang mit der Krankheit falsch gewesen ist“. Sie sei mit dem Risiko einer Ansteckung von Sexualpartnern im Rückblick „mehr als fahrlässig“ umgegangen. Sie habe ihre eigene Verantwortung vernachlässigt, „das war ein großer Fehler von mir“. Benaissa habe aber niemals die Absicht gehabt, jemanden mit dem HI-Virus zu infizieren, betonte Anwalt Wallasch.

Zu Schweigen gezwungen?

Die Sängerin weiß laut eigenen Aussagen nicht, bei wem sie sich selbst angesteckt hat. Sie habe nie nach einem Schuldigen gesucht, sagte sie. Ihr Schweigen über die Krankheit begründete sie damit, dass ihr Umfeld bei den No Angels darauf bestanden habe. Es bestand demnach die Auffassung, dass eine Offenlegung das Ende der Karriere bedeuten würde. Die anderen Bandmitglieder habe sie aber über die Infektion informiert, sagte Wallasch.

Angeblich Erpressungsversuche

Benaissa berichtete zudem von Erpressungsversuchen. So sei ihr unter anderem gedroht worden, dass eine große Zeitung darüber berichten werde. Jener Mann, der sich bei ihr angesteckt haben soll, erfuhr nach eigenen Angaben im Jahr 2007 von einer Tante Benaissas davon, dass die Sängerin HIV-positiv ist.

Danach wurde der Mann ebenfalls positiv getestet. „Du hast so viel Leid in die Welt getragen“, sagte er bei seiner Zeugenaussage im Gericht zu Benaissa. Er forderte sie vor dem Prozess nach eigenen Worten auch auf, sich zu outen und für die Aids-Stiftung zu spenden. Er habe das Verfahren nicht gewollt.

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