Österreichs größter Anlegerskandal
Drei Jahre nachdem ein kurszersetzender heimlicher Aktienrückkauf (Zertifikaterückkauf) bei der Meinl European Land (MEL) und damit ein kompliziertes Gebilde an Transaktionen und Konstruktionen zur Kurspflege aufflog, bringt die neue Führung der heute unter Atrium firmierenden Ex-MEL eine zwei Milliarden Euro schwere Schadenersatzklage in London ein.
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Seit zwei Jahren - seit Anfang August 2008 - gehört die auf der britischen Kanalinsel Jersey registrierte Immogesellschaft einem internationalen Finanzkonsortium (Gazit Globe/CPI). Der MEL-Skandal gilt als bisher größter Anlegerskandal in Österreich. Im Folgenden eine Chronologie.
1997: MEL wird von der Meinl-Bank noch unter dem Namen Central European Land Limited gegründet.
21.11.2002: MEL kommt via Kapitalerhöhung an die Börse, Erstausgabepreis der Zertifikate 11,10 Euro. Das Immobilienvermögen umfasst zwei Jahre später 530 Millionen Euro.
2005: MEL beziffert das Immovermögen nach rascher internationaler Expansion mit erstmals über zwei Milliarden Euro.
2007:
23. August: Massive Aktienrückkäufe der MEL werden nachträglich bekannt, Analysten kürzen die Kursziele.
27. August: Die Finanzmarktaufsicht (FMA) leitet eine Prüfung ein. Der Vorwurf lautet: Marktmanipulation und Insiderhandel.
29. August: MEL gibt bekannt, dass die Rückkäufe noch höher als vermutet ausgefallen waren. Später ist die Rede von 1,8 Milliarden Euro.
30. August: Aufregung über teileinbezahlte Aktien (Partly Paid Shares, PPS) abseits der Börse. Die Investoren werden verheimlicht.
12. September: Die FMA-Prüfung wird auf die Meinl-Bank ausgedehnt.
21. November: Der MEL-Vorstand erhält von der FMA einen Strafbescheid wegen „Irreführung“.
23. November: Die Wiener Börse kündigt den Prime-Market-Vertrag auf. MEL muss zurück in den Standard Market Continuous.
2008
Jänner: Erste Gerüchte über einen bevorstehenden MEL-Verkauf. Ein erster Anlauf scheitert. Die OeNB stellt einen kritischen Prüfbericht fertig. Darin wird beschrieben, dass MEL schon seit 2006 unverkäufliche Zertifikate (via „Somal“) zwischenlagern ließ.
20. März: Der Einstieg neuer Investoren, des US-Citibank-Immobilienfonds Citi Property Investors (CPI) und des in Tel Aviv börsenotierten Immobilieninvestors Gazit-Globe Limited, wird paktiert.
14. Juli: In Jersey beginnt die dortige Finanzaufsicht zu ermitteln. Vorwurf: Beim Aktienrückkauf soll auch gegen Jersey-Recht verstoßen worden sein.
16. Juli: Hauptversammlung. Auf der Kanalinsel wird der Verkauf besiegelt, ein neuer Name (Atrium) und eine neue Führung beschlossen.
1. August: MEL heißt ab sofort Atrium: Gazit übernimmt das Ruder.
2009
18. Februar: Hausdurchsuchungen an Meinl-Standorten in Österreich und der Slowakei (u. a. in der Bankzentrale in Wien, der Privatvilla in Grinzing und in Bratislava, wo die Buchhaltung abgewickelt wurde).
1. April: Der Bankier Julius Meinl wird in Wien verhaftet. Wegen seiner britischen Staatsbürgerschaft wird Fluchtgefahr gesehen.
3. April: Enthaftung Meinls gegen eine Kaution von 100 Millionen Euro.
2010
3. August: In der bisher größten Anlegeraffäre einigt sich die Meinl-Bank mit 5.500 MEL-Anlegern auf einen Vergleich. Allein von der AK vertretene Anleger erhalten mehr als zwölf Millionen Euro überwiesen.
10./11. August: Atrium entschließt sich zu einer Milliardenklage gegen Julius Meinl und Ex-Manager der Bank und der Immogesellschaft.
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