Schwere Vorwürfe gegen ehemalige Manager
Die Immobiliengesellschaft Atrium European Real Estate Limited, die aus der Meinl European Land (MEL) hervorging, hat vor dem englischen High Court eine Klage gegen Julius Meinl und Vertreter der früheren Geschäftsführung von MEL eingebracht.
Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.
Das Einbringen der Klage habe das Board of Directors am Dienstagabend beschlossen, teilte Atrium am Mittwoch ad hoc mit. Grund der Klage: Fehler der Meinl-Bank und der damaligen MEL-Geschäftsführung hätten Atrium den Verlust von zwei Milliarden Euro gebracht, sagte die Anwältin Bettina Knötzl, die Atrium in Österreich vertritt, im Ö1-„Mittagsjournal“ am Mittwoch.
Atrium wirft der Bank und der damaligen Geschäftsführung „Untreue an Gesellschaftsvermögen“ vor. Bei der Klage gehe es „um einen Anspruch von über zwei Milliarden Euro wegen Verlusten und Schäden, die der Gesellschaft in Verbindung mit Handlungen im Zusammenhang mit der früheren Geschäftsführung der Gesellschaft (vor dem 1. August 2008) entstanden sind, als sie als Meinl European Land Limited bekannt war“, heißt es in der offiziellen Aussendung.
Meinl war „Mastermind“ und „Anstifter“
Beklagte seien Julius Lindbergh Meinl (Julius Meinl V.), die Meinl-Bank-Aktiengesellschaft, die Julius-Meinl-Aktiengesellschaft, (Meinl-Bank-Vorstand) Peter Weinzierl, (Meinl-Bank-Mitarbeiter) Stephan Visy, (der damalige Prokurist der Meinl-Bank) Günter Weiß, (die drei früheren MEL-Direktoren) Georg Kucian, Heinrich Schwägler und Karel Römer sowie Meinl European Real Estate Limited.
Aus Sicht von Atrium war Julius Meinl V. „Mastermind“ und „Anstifter“ bei den Deals rund um den umstrittenen Aktienrückkauf bei der MEL - das sei die Verdachtslage nach den bisherigen Ermittlungen. Atrium brachte die Klage wegen „Untreue am Gesellschaftsvermögen“ ein, erklärte Knötzl.

APA/Hans Klaus Techt
Rechtsanwältin Bettina Knötzl während der Pressekonferenz
„Opfer von Untreue, Betrug und Marktmanipulation“
Auch wenn die Untersuchungen in der Causa Meinl/MEL noch nicht abgeschlossen seien: „Das Ergebnis ist schockierend“, sagte Knötzl weiter. Die Verdachtslage zeige: „Atrium ist das Opfer von Untreue, Betrug und Marktmanipulation“ sowie von gröbsten Pflichtverstößen und Interessenskonflikten von Mitgliedern der früheren MEL-Führung, „die wir den inneren Kreis nennen.“
Wieder und wieder habe dieser „innere Kreis“ der früheren Geschäftsführung seine Pflichten gegenüber der Gesellschaft und all ihren Anlegern verletzt. Atrium sehe sich als Opfer und kämpfe damit auf der gleichen Seite wie alle Anleger, so Knötzl, Partnerin der Kanzlei Wolf Theiss.
Die Strategie der Bereicherung laut Atrium
In der Klage werde aufgeführt, wie mit Hilfe dieses „inneren Kreises“ auf Kosten von MEL und ihrer Anleger Bereicherungen stattgefunden hätten. Eines der relevanten Themen: Im Zuge der Kapitalerhöhung von Anfang 2007 über 1,5 Milliarden Euro seien 42 Prozent des neuen Kapitals nicht auf dem Markt platziert worden. Dieses Paket sei bei der Gesellschaft „Somal“ geparkt worden. Die Meinl-Bank habe die Zeichnungsgarantie übernommen und damit das Risiko der Platzierung.
Offenbar, so der Verdacht der Kläger, habe man sich dessen entledigen wollen und deshalb einen Tag nach der Zeichnungsfrist gleich mit dem berühmt-berüchtigten Aktienrückkauf begonnen, um den Aktienkurs hoch zu halten. Der Gewinn sei bei Meinl geblieben, das Risiko habe MEL getragen, so die Juristin. So habe MEL einen Schaden von 1,8 Milliarden Euro erlitten. „Und das Beste: dafür auch noch Gebühren gezahlt“, wie sie hinzufügte.
„Zahlreiche interne Schriftstücke“
Dem „inneren Kreis“ wird zudem vorgeworfen, im Sommer 2007 Hauptversammlungsbeschlüsse verändert zu haben. Der „äußere Kreis“ habe auch davon nichts gewusst. In den der Klage zugrunde liegenden Akten wird aus zahlreichen internen Schriftstücken zitiert, in denen die Aktionäre („Lämmer“) nicht gut wegkommen. Der Prozess könnte bis zu sieben Jahre dauern, meinte Knötzl.
Es gilt die Unschuldsvermutung. Die Anwälte von Wolf Theiss halten fest, dass alles die Verdachtslage beschreibt.
Meinl-Bank: Populistische und absurde Aktion
Meinl-Bank-Sprecher Thomas Huemer wies die Klage umgehend als „populistische und absurde Aktion“ zurück. Die Klagsankündigung sei ein Signal, dass Atrium an einer breiteren Lösung der offenen Fragen nicht interessiert sei. Die Meinl-Bank habe in Verhandlungen mit der Arbeiterkammer einen Vergleich mit MEL-Anlegern gefunden, erinnerte er, und strebe auch mit Atrium eine breitere Lösung an. Außerdem würden sich die Prozesskosten bei einer Klage auf einen hohen Millionenbetrag belaufen, daher schade so eine Klage den Aktionären. Die Meinl-Bank behalte sich ihrerseits rechtliche Schritte vor.
Der Anlegerskandal rund um MEL
Die Investoren Gazit Globe und Citigroup hatten im Frühjahr 2008 das Ruder bei der früheren MEL übernommen und die Firma in Atrium umbenannt. Die von der Meinl-Bank gegründete und dominierte MEL war ein Jahr zuvor durch Aktienrückkäufe über 1,8 Milliarden Euro in Turbulenzen geraten. Diese wurden erst im Nachhinein bekannt und führten, neben der im Frühjahr 2007 beginnenden Immobilienkrise, zu einem massiven Kurssturz.
Dadurch fühlen sich Tausende Kleinanleger von der Meinl-Bank getäuscht, über deren Vertriebstochter viele Aktien verkauft wurden. In der bisher größten österreichischen Anlegeraffäre einigte sich die Meinl-Bank mit 5.500 MEL-Anlegern Anfang August auf einen Vergleich. Allein von der AK vertretene Anleger erhalten mehr als zwölf Millionen Euro überwiesen - mehr dazu in help.ORF.at.
Links: