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Logoflut überschritt Schamgrenze

Die Zeiten, in denen Reiche - und besonders jene, die gerne zu ihnen gehört hätten - mit den Logos von Luxusmodelabels protzten, sind laut Modeschöpfern und -experten vorbei. Konsumenten setzen lieber auf Unverwechselbarkeit durch dezentes Design als auf Marktschreierei.

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Der britische „Telegraph“ titelt bereits apodiktisch: „Designer Logos are a fashion No-Go.“ Dabei konnte man noch vor wenigen Jahren kaum eines der „It-Girls“ rund um Paris Hilton, kaum eine Fußballergattin und auch sonst kaum ein Promistarlet fotografieren, ohne automatisch die Embleme von Yves Saint Laurent, Gucci, Prada, Louis Vuitton, Chanel und Dolce und Gabbana mit auf dem Bild zu haben.

D&G bis zur Unterhose

Der Trend soll Anfang der 90er Jahre mit den vielen Neureichen in den ehemaligen Staaten der Sowjetunion aufgekommen sein, die ihren Wohlstand nicht nur Eingeweihten zu erkennen geben wollten. Danach folgte die Produktpiraterie, und mit ihr der Markenwahn als Massenphänomen. Teenies aller Gesellschaftsschichten brauchten selbst auf der Unterwäsche noch ein D&G, Volksschulkinder wollten sich auf Pyjamapartys nicht ohne Designerlabel sehen lassen.

Model trägt eine Handtasche von Dolce&Gabbana

APA/Helmut Fohringer

Model mit einer Handtasche von Dolce & Gabbana

Heute outet man sich jedoch als „Möchtegern“ und „Fashionprolo“, wenn man Markenzeichen vor sich herträgt. Francois-Henri Pinault, der dem französischen Konzern PPR vorsteht, dem unter anderem Yves Saint Laurent angehört, sagte gegenüber dem „Telegraph“: „Unsere Zielgruppe will die Logos immer weniger sehen, es geht in Richtung diskreter Luxus. Wir müssen uns diesem Trend, dieser neuen Interpretation von Luxus, sehr rasch anpassen. Gefragt sind Subtilität und ein differenzierter Ansatz.“

„Trend geht in Richtung ‚leise‘ Mode“

Auch für Harriet Quick, Modejournalistin bei der britischen „Vogue“, sind die Zeiten, in denen Luxus „reinknallen“ musste, vorbei: „Der Trend geht ganz klar in Richtung diskrete Logos, und überhaupt wird Mode ‚leiser‘, man will in Zeiten der Finanzkrise nicht mehr durch Angeberei auffallen.“ Marigay McKee vom Londoner Traditionshaus Harrods kommt gegenüber der Modewebsite WWD zum selben Schluss: „Wir sehen eine große Bewegung - von der Mode bis zur Schminke - gegen Massenware, gegen Fälschungen und gegen Protzertum. Kunden wollen Tradition, sie wollen wissen, wo ihre Kleidung herkommt.“

Der „Telegraph“ zitiert auch aus einer Studie von Joseph Nunes, einem Professor der University of Southern California, wonach betuchte Käufer sogar mehr für Accessoires und Kleidung zahlen, wenn kein Logo zu sehen ist. Dezentere Symbole, die auf den Erzeuger hinweisen, werden jedoch akzeptiert. Mit Gucci etwa verbinde man Bambus als Motiv und grüne und rote Streifen. Das könne noch eher als Hinweis für Eingeweihte akzeptiert werden.

China als Wachstumsmarkt

Der Wandel betrifft hauptsächlich modebewusste Menschen und das Erscheinungsbild auf den Catwalks. Die britische Modekommentatorin Caryn Franklin sagte: „Für viele Menschen sind Designerlogos eine Möglichkeit, laut und deutlich ihren Wert in Markenzugehörigkeit auszudrücken, auch wenn das nicht jedem gefällt.“ Vor allem China sei weiterhin ein Wachstumsmarkt für „Bling-Bling“, heißt es vonseiten der international agierenden, hochpreisigen Modehauskette Harvey Nichols. Und auch in Japan und im Nahen Osten braucht man sich um das Geschäft noch keine Sorgen zu machen.

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