„Nur mit Atemschutzmaske auf Straße“
Seit Tagen kämpft Russland gegen schwere Brände an. Mit wenig Erfolg - das Feuer ist inzwischen bis an die Ballungszentren vorgedrungen und hüllt die Städte in teils dichten, gesundheitsgefährdenden Rauch. Österreichs Außenministerium empfiehlt deshalb Österreichern, die sich in den Krisenregionen aufhalten, diese zu verlassen.
Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.
Von einer Reise in die über 36 Regionen, in denen der Notstand ausgerufen wurde, rät das Außenministerium auf seiner Website ab. Als „extrem kritisch“ gelte die Situation in den Gebieten um Moskau, Wladimir und Woronesch, sowie Mordowien und Lipetsk.
Kontaktaufnahme mit Botschaft „empfohlen“
„Eine Entspannung der Situation ist in den nächsten Wochen nicht zu erwarten. Von Reisen in die Krisengebiete Russlands wird abgeraten. Allen ÖsterreicherInnen, die sich in den gefährdeten Regionen aufhalten, wird empfohlen, diese zu verlassen, soferne es die Umstände erlauben. Eine Kontaktnahme mit der Botschaft bzw. dem Generalkonsulat wird empfohlen“, lautet die am Donnerstag veröffentlichte Warnung des Ministeriums und verweist auf den Rat der russischen Behörden, „zu Hause zu bleiben, die Fenster geschlossen zu halten und, wenn erforderlich, dann nur mit Atemschutzmaske auf die Straße zu gehen“.
Hunderttausende Rettungskräfte kämpfen weiterhin verzweifelt gegen die Flammen an. Etwa 850 Wald- und Torfbrände wurden am Donnerstag registriert, wie das Zivilschutzministerium in Moskau mitteilte. In Togliatti an der Wolga brachten die Behörden zwischenzeitlich 1.700 Menschen wegen dichten Qualms in Sicherheit. Ein Park war in Brand geraten. Landesweit wurden Dörfer evakuiert.
Kleine Verbesserung in der Hauptstadt
Leichte Entspannung gab es in der Stadt Moskau - der beißende Rauch von den Torfbränden rund um die Millionenmetropole verzog sich vorerst. Da jedoch die Feuer in der Umgebung noch immer schwelen, schließen Meteorologen nicht aus, dass die Hauptstadt erneut unter einer Qualmglocke versinken könnte. Am Vortag hatte die Sichtweite bei dichtem Rauch nur wenige Hundert Meter betragen.
Die Zahl der Toten stieg unterdessen erneut an - bereits 50 Menschen fielen den Bränden nach offiziellen Angaben zum Opfer. Russische Hilfsorganisationen gehen jedoch davon aus, dass es weit mehr Opfer gibt. Hunderte wurden verletzt, Tausende sind obdachlos.
Scharfe Kritik: „Ausgeruht“, während Land verbrannte
Die politische Führung Russlands gerät unterdessen immer stärker unter Druck: Besonders der Gouverneur Nikolai Winogradow des Gebiets Wladimir wird massiv kritisiert. In einem Brief an Kremlchef Dimitri Medwedew forderten mehrere Hundert Einwohner von Moskau die Entlassung von Gouverneur Winogradow.
Dieser habe sich ausgeruht, während das Land verbrannte, schrieben die Bewohner. Das berichtete die Moskauer Zeitung „Kommersant“ am Donnerstag. Winogradow wies die Vorwürfe zurück. Medwedew hatte am Vortag seinen Sommerurlaub im Schwarzmeer-Kurort Sotschi abgebrochen.
„Ausmaß zeigt Zusammenbruch der Regierung“
„Das Ausmaß dieser Katastrophe zeigt den Zusammenbruch der Regierung“, sagte Kommunistenchef Gennadi Sjuganow der Agentur Interfax. Er kritisierte vor allem das vom damaligen Präsidenten und heutigen Regierungschef Wladimir Putin ins Leben gerufene Waldgesetz von 2007. Demnach sind Pächter oder örtliche Verwaltungen für die Brandvorsorge verantwortlich und nicht, wie früher, die Forstverwaltung.
Das atomare Forschungszentrum in Sarow rund 400 Kilometer östlich von Moskau war weiterhin vom Feuer bedroht. In der Nacht hätten zahlreiche Helfer ein Vordringen der Flammen verhindert, sagte ein Experte des Zivilschutzministeriums. Das Zentrum war am Mittwoch geräumt worden.
Feuer bedrohte Waffenlager
Soldaten mussten am Donnerstag aus einem Munitionslager Raketen und Artillerie an einen sicheren Ort bringen. Nach Angaben des russischen Verteidigungsministeriums hatten sich die Waldbrände bedrohlich der Garnison in Naro-Fominsk genähert. Die Anlage liegt im Moskauer Wehrbezirk, wie die Agentur Interfax meldete.
Erhöhte radioaktive Strahlung befürchtet
Nach Angaben des Zivilschutzes besteht außerdem die Gefahr, dass der Boden, der 1986 durch die Atomkatastrophe von Tschernobyl (Ukraine) besonders verseucht wurde, mit den Flammen und der Asche in die Luft gewirbelt werde. Das erklärte Zivilschutzminister Sergej Schoigu. Es werde alles getan, um das zu verhindern. Vor allem die Region Brjansk in der Nähe der Ukraine und Weißrusslands werde auch mit zusätzlichen Schadstoffmessungen kontrolliert. Bisher
sei es gelungen, Brände dort schnell zu löschen.
Links: