Durchschnittlich zwei Unfälle pro Jahr
Die Explosion zweier Ölpipelines im Gelben Meer vor zwei Wochen dürfte weit verheerendere Folgen haben, als Chinas Regierung angibt. Ein US-Experte im Auftrag von Greenpeace schätzt, dass bei den Aufräumarbeiten schon mehr Öl abgepumpt wurde als die Menge, die nach offiziellen Angaben überhaupt ausgetreten ist.
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Für Rick Steiner, US-Experte für Meeresschutz, ist die Ölpest in China weitaus schlimmer als offiziell verlautbart: Die chinesische Regierung gab die Menge des ausgetretenen Öls kurz nach der Explosion der Pipeline mit 1.500 Tonnen (etwa 1,5 Millionen Liter) an und aktualisierte die Zahl seither nicht.

Reuters/Sheng Li
Verzweifelter Kampf der Fischer gegen das Öl in der Hafenstadt Dalian
Steiner, der die betroffene Gegend im Auftrag von Greenpeace China besuchte, schätzt, dass aus der beschädigten Pipeline im Nordosten des Landes zwischen 60.000 und 90.000 Tonnen Öl ins Meer geflossen sind. Die Umweltkatastrophe habe damit mindestens das Ausmaß der Ölpest nach dem Untergang der „Exxon Valdez“ 1989 vor Alaska erreicht.
Mehr abgepumpt, als laut Regierung ausgetreten
Die niedrigere Schätzung von 60.000 berücksichtige, dass Tausende Fischerboote zur Beseitigung des Öls eingesetzt worden seien. Sie hätten schon mehr Öl eingesammelt, als nach offiziellen Zahlen überhaupt ausgetreten sei, sagte Steiner, ein früherer Mitarbeiter der Universität von Alaska. Steiner sagte, Regierungen neigten bei Ölunfällen regelmäßig dazu, zu niedrige Zahlen anzugeben. „Aber das Ausmaß der Differenz hier ist ungewöhnlich.“
Unterdessen untermauern Bilder von Arbeitern, die mit bloßen Händen Öl abschöpfen, die Kritik von Greenpeace, dass zu wenig Ausrüstung und Schutzmaterial zur Verfügung stehe. Bei den Bemühungen nach Beseitigung des Öls kam ein Arbeiter ums Leben, nachdem er von einem Boot ins Wasser gefallen war.
69 schwere Ölunfälle in 33 Jahren
Dabei dürfte China Erfahrungen mit Ölunfällen haben: Laut einem Bericht der „Süddeutschen Zeitung“ („SZ“, Online-Ausgabe), der sich auf die amtliche Nachrichtenagentur Xinhua beruft, gab es in der Volksrepublik zwischen 1973 und 2006 insgesamt 2.635 Zwischenfälle mit Öl. Immerhin 69 davon seien schwere Unfälle gewesen, bei denen jeweils mehr als fünf Tonnen Öl ausgelaufen sind. Im Schnitt gebe es in China derzeit zweimal im Jahr eine Ölpest, berichtet laut „SZ“ die Zeitschrift „Xinwen Zhoukan“. Bei der jetzigen Katastrophe dürfte es sich um die bisher größte bekanntgewordene Verschmutzung mit Öl handeln.
Explosionsursache unklar
Die beiden Pipelines des größten staatlichen Ölkonzerns, China National Petroleum, waren am 16. Juli in der Hafenstadt Dalian in der Provinz Liaoning explodiert und konnten erst nach sechs Tagen wieder repariert werden. Bis zu 30 Meter hohe Flammen schossen in die Luft, die Feuerwehr benötigte mehr als 15 Stunden, um den Brand zu löschen. Der Hafen von Dalian ist der zweitgrößte für Rohölimporte in China.
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