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Millionenabgabe trotz Verlusts

Ungarn will an einer noch für heuer geplanten Einführung einer Bankensteuer festhalten. Das bekräftigte Wirtschaftsminister György Matolcsy am Montag anlässlich seines Besuchs bei Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP).

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Den entsprechenden Gesetzesentwurf habe das ungarische Parlament bereits erhalten, die Abstimmung sei für Donnerstag angesetzt, bestätigte Matolcsy auf APA-Anfrage. Die Abstimmung gilt als Formsache, weil die Regierungspartei Fidesz von Ministerpräsident Viktor Orban eine Zweidrittelmehrheit hat. Die Bankensteuer soll für alle Finanzdienstleister, die in Ungarn tätig sind, also nicht nur für Banken, sondern auch für Leasingfirmen und Versicherungen, gelten.

Die Abgabe berechnet sich aus 0,45 Prozent der Bilanzsumme. Die Branche beurteilt das als „recht üppig“. Die Regierung argumentiert, ohne die Bankenabgabe wäre sie zur Einführung weiterer, noch härterer Sparmaßnahmen gezwungen.

700 Millionen für 2010

Bereits im September und dann ein zweites Mal im Dezember sollen die Banken dann zur Kasse gebeten werden, um das mit dem Internationalen Währungsfonds (IWF) vereinbarte Budgetdefizit von 3,8 Prozent des Bruttoinlandproduktes (BIP) zu erreichen. Von der Abgabe werden für 2010 Einnahmen von rund 700 Millionen Euro für das angeschlagene Budget erwartet. Besteuert werden soll nicht der Gewinn einer Bank, sondern vielmehr die weit höhere Bilanzsumme.

Über die Ausgestaltung der Bankensteuer für die kommenden Jahre - sie ist bis 2012 geplant - zeigte sich Matolcsy gesprächsbereit. Das „kontinentaleuropäische marktwirtschaftliche Modell“ stehe laut Matolcsy allerdings unter Druck, weswegen Bankenabgaben auch in anderen EU-Ländern schon in naher Zukunft kommen würden.

Vergebliche Appelle an Orban

Die Banken liefen bis zuletzt gegen die Abgabe Sturm. In Briefen an Orban warnten sie, die Bankenabgabe verteuere die Kredite in Ungarn und schwäche die Kapitalkraft der Institute. Auch Mitterlehner äußerte gegenüber seinem ungarischen Amtskollegen Österreichs Bedenken hinsichtlich der geplanten „hohen Abgabe“ und der Bemessungsgrundlage.

Betroffen von der Abgabe sind auch österreichische Bankinstitute. Obwohl Raiffeisen in Ungarn im Vorjahr einen Verlust von rund 17 Millionen Euro verbuchte, wären laut Ö1-Morgenjournal bei Einführung der Bankensteuer 35 Millionen Euro fällig. Auch die ebenfalls in Ungarn engagierte Erste Bank müsste heuer 44 Millionen Euro Abgabe zahlen - mehr dazu in oe1.ORF.at.

„Nicht sehr glücklich“

Laut Herbert Stepic, Chef der Ostbanken-Holding Raiffeisen International (RI), werde der Bankensektor durch die neue Steuer unter massiven Druck gesetzt. Nach Ansicht des Generaldirektors der Raiffeisen Zentralbank, Walter Rothensteiner, spiele Ungarn „hier mit dem Feuer“. Gemeinsam mit anderen Vorschriften wie höherer Einlagensicherung werde das dazu führen, dass keine Bank mehr Gewinne macht. „Man sollte aufpassen, dass man es nicht übertreibt“, so Rothensteiner laut Ö1-Morgenjournal.

Auch Erste-Group-Chef Andreas Treichl zeigte sich laut ungarischer Nachrichtenagentur MTI „nicht sehr glücklich“ über den ungarischen Sonderweg. Man stimme zwar grundsätzlich zu, dass der Finanzsektor einen Beitrag zur Lösung der Budgetprobleme leisten müsste. Es sollte aber in der EU ein einheitlicher Weg gefunden werden, sagte Treichl. Ungarn sei eines der wenigen Länder, in denen der Staat den Banken in der Krise nicht unter die Arme greifen musste. Nun will die ungarische Regierung die höchste Bankensteuer in Europa einführen, so der Erste-Group-Chef. „Die Logik hinter den geplanten Maßnahmen ist schwer zu verstehen und schwer zu akzeptieren.“

Hilfsgelder blockiert

Die Einnahmen seien für Ungarn notwendig, um das mit dem IWF vereinbarte Budgetdefizit von 3,8 Prozent für heuer zu erreichen, erklärte Matolcsy Ende Juni. Der IWF und die EU zeigten sich allerdings erst am Wochenende von den ungarischen Reformvorhaben wenig überzeugt und unterbrachen Gespräche über weitere Kredite, womit derzeit die Zahlung weiterer Hilfsgelder blockiert ist.

Ungarn erhielt Ende Oktober 2008 ein Hilfspaket über 20 Milliarden Euro vom IWF, der EU und der Weltbank, um die Finanzkrise zu überstehen. Neben Ungarn will auch Österreich eine Bankensteuer einführen, die 500 Millionen Euro für das Budget bringen soll. Im Juli sollen dazu nach Regierungswunsch die Gespräche mit Bankenvertretern fortgesetzt werden.

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