Protest „maßlos und in Sache falsch“
Zehntausende Menschen haben am Sonntag in München unter strömendem Regen gegen einen Rechtsruck in der Gesellschaft und in der Politik demonstriert. Nach Angaben der Polizei gingen mehr als 25.000 auf die Straße, die Veranstalter sprachen von 50.000, da noch zahlreiche Menschen in den Nebenstraßen gewesen seien.
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Unter dem Motto „#ausgehetzt - Gemeinsam gegen die Politik der Angst!“ wandte sich der Demonstrationszug vor allem gegen die restriktive Flüchtlingspolitik der CSU. Die Veranstalter, insgesamt 130 Organisationen, darunter Gewerkschaften, kirchliche Gruppen und Kulturschaffende wie zwei Theater, hatte zu dem Protest aufgerufen und zeigten sich mit der guten Resonanz trotz des schlechten Wetters „wahnsinnig zufrieden“.

APA/dpa/Andreas Gebert
Zehntausende Menschen demonstrierten in München gegen einen Rechtsruck in der Gesellschaft
In ihrem Demonstrationsaufruf warfen die Veranstalter namentlich CSU-Chef Horst Seehofer, Bayerns Ministerpräsident Markus Söder und CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt eine „verantwortungslose Politik der Spaltung“ vor. Bereits im Mai hatten in München bei einer großen Kundgebung rund 30.000 Menschen gegen das neue bayrische Polizeiaufgabengesetz demonstriert. Auch am Sonntag richtete sich der Protest unter anderem gegen dieses Gesetz.
CSU reagiert mit Protestplakaten
Die CSU reagierte mit Gegenprotest auf die Veranstaltung, fühlt sie sich doch aufgrund der Kritik an ihrer Linie in der Asylpolitik direkt angegriffen. Die „Zeit“ sieht bei der CSU bereits die „Nerven blank liegen“. Denn zum einen hatte die Stadtratsfraktion laut „Zeit“ noch versucht, die Demonstration in München zu verhindern. Zum anderen hatte die CSU in der Nacht auf Sonntag Plakate aufgestellt mit dem Slogan: „Ja zum politischen Anstand“ - „Nein zu #ausgehetzt“ - „Bayern lässt sich nicht verhetzen“.
Verärgert über die Proteste zeigte sich CSU-Vize Manfred Weber in der Mediengruppe „Straubinger Tagblatt/Landshuter Zeitung“ (Montag-Ausgabe). Diese Kritik sei „maßlos und in der Sache falsch“. Dass im Wahlkampf viele, „vor allem linke Gruppen“, auf die Straße gingen, sei zwar völlig normal. „Doch wer der CSU Extremismus vorwirft, der schadet der politischen Kultur.“ CSU-Generalsekretär Markus Blume warf den Demonstranten und Demonstrantinnen selbst „Hetze“ gegen seine Partei vor: „Mit dieser Hetze werden die Bürger zu den Extremen getrieben, das Land gespalten und der demokratische Diskurs vergiftet.“
CDU warnt vor Spaltungstendenzen
Die Union in Deutschland setzt indes den Asylstreit fort, wenn auch mit weniger verhärteten Fronten. Die CSU fordert weiterhin eine härtere Gangart gegen abgelehnte Asylwerber. Wenn jemand keine Schutzberechtigung habe oder als Asylsuchender straffällig geworden sei, müsse man Konsequenzen ziehen, so CSU-Verkehrsminister Andreas Scheuer. „Ich finde es richtig, dass Gefährder und Gewaltverbrecher in ihre Heimatländer zurückgeführt werden“, ergänzte Parteikollege Dobrindt.
CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer warnt indes vor Spaltungstendenzen: „Ein Haus, das in sich geteilt ist, kann nicht bestehen“, zitierte sie den früheren US-Präsidenten Abraham Lincoln: „Es geht nur gemeinsam - zwischen transatlantischen Partnern, in der EU und in der CDU/CSU.“
Merkel unter Druck gesetzt
Die CSU unter Seehofer dringt seit Langem auf einen schärferen Kurs in der Flüchtlingspolitik und hatte Kanzlerin Angela Merkel (CDU) deshalb zuletzt massiv unter Druck gesetzt. CDU und CSU hatten Anfang des Monats eine Verständigung erreicht, auch mit dem Koalitionspartner SPD. Konkret wurde beschlossen, dass Asylwerber, die bereits in einem anderen EU-Staat Schutz beantragt haben, künftig möglichst schnell von der deutsch-österreichischen Grenze in den betreffenden Staat zurückgeschickt werden - allerdings nur wenn es dafür eine entsprechende Vereinbarung mit diesen Staaten gibt.
UNO sieht auch positive Elemente bei Seehofer-Plan
Das Flüchtlingshilfswerk der UNO (UNHCR) sieht trotz Kritik auch positive Elemente in dem umstrittenen „Masterplan Migration“ von Seehofer: „Am Plan ist nicht alles falsch, auch wenn mir der Ansatz zu stark von Kontrolle, Ordnung und Sicherheit geprägt ist“, sagte der deutsche UNHCR-Vertreter Dominik Bartsch deutschen Medien. Der Plan sehe „zum Beispiel verbesserte Leistungen des Staates bei der Integration Geflüchteter im Sinne der Balance von Fordern und Fördern vor“, sagte Bartsch. Dafür werde seine Organisation ihre Erfahrungen der Bundesregierung anbieten.
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