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Suchen und Finden per Telefon

Die Telefonauskunft gibt es in Österreich seit mehr als 130 Jahren, und trotz Konkurrenz aus dem Internet nach wie vor. Die Telefonbanddienste, die über Wetter, Zugsfahrpläne oder Horoskope informierten, sind dagegen Geschichte. Sie lieferten jahrzehntelang aktuelle Antworten zu allen möglichen Fragen des Alltags - heute haben die Bänder musealen Charakter und jede Menge Retrocharme.

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Spurlos sind die Vorteile der Onlinesuche an der Telefonauskunft nicht vorübergezogen. Bis in die 80er Jahre hinein haben die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Auskunft selbst im Telefonbuch nachgeschlagen. Danach wurde auf Mikrofilm umgestellt und mit Beginn der Nullerjahre dann auf Onlinesuche - dem Leitsatz folgend: „Let me google that for you.“

Fernwahlauskunft

Historisches Archiv/A1 Telekom Austria

In den 1970er Jahren suchten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für die Anrufenden im Telefonbuch

Die Nachfrage nach einer telefonischen Rufnummernauskunft sei in den vergangenen Jahren wegen der Konkurrenz durch Onlineangebote zwar stark zurückgegangen, sagt Jochen Schützenauer von der Telekom Austria. „Aber wir haben Stammkunden, die sich regelmäßig bei unserer Auskunft melden“, so Schützenauer im Gespräch mit ORF.at.

Eigene Tonstudios und Sprecher

Andere Telefonservices konnten dem technischen Fortschritt und der Digitalisierung nicht trotzen. Eines der ersten Angebote der monopolistischen Post- und Telegraphenverwaltung war die „Sporttotoansage“, die 1949 eingeführt wurde. Via Tonband wurden hier die aktuellen Fußballergebnisse verlautbart.

Die Tonbandkundendienste wurden in dieser Zeit von den Rundfunkübertragungsstellen der Fernmeldebetriebsämter betreut. „Das war eine große Abteilung, die professionelle Sprecherinnen und Sprecher beschäftigte und für die eigene Tonstudios eingerichtet wurden“, so Schützenauer.

Die vielen verschiedenen Tonbanddienste zu bespielen und zu aktualisieren war entsprechend aufwendig und konnte, wie im Fall des folgendes Bandes, einige Zeit in Anspruch nehmen:

Quelle: Historisches Archiv A1 Telekom Austria

Märchenstunde vom Tonband

In den 50er Jahren wurde das Angebot der Telefonbanddienste ausgebaut: Unter einer Rufnummer wurde die „Schallplatte der Woche“ vorgestellt, unter einer anderen konnte man Märchen und Sagen hören - ein vor allem bei Kindern beliebtes Service. „Das war das, was man heute als Hörbuch kennt, aber eben über das Telefon erreichbar“, so Schützenauer.

Es gab aber nicht nur Literarisches vom Tonband. Wer Musik hören wollte und kein Radio zur Hand hatte, konnte „1588“ wählen, „Österreichs wirklich heiße, heiße Nummer“:

Quelle: Historisches Archiv A1 Telekom Austria

Ein Telefonbanddienst informierte über den aktuellen Pegelstand österreichischer Flüsse. Ein anderer widmete sich medizinischen Fragen - in diesem Fall gab es Aufklärung rund um die Prostata:

Quelle: Historisches Archiv A1 Telekom Austria

Die ersten Seiten des Telefonbuchs waren über Jahrzehnte mit unzähligen Nummern von Tonbanddiensten gefüllt. „Bis in die 2000er Jahre gab es Tonbanddienste für Horoskope, Rezepte, medizinische Tipps, Schneeberichte oder Börsenkurse“, sagt Gerhard Fürnweger, Leiter des Historischen Archivs der Telekom Austria. Diese Dienste waren in der Vor-Internet-Ära mit den Rufnummern 1500 bis 1599 erreichbar.

Eine Stimme für Nachrichten, Werbung und Wetter

Neben tagesaktuellen Nachrichten in verschiedenen Sprachen oder Wetterprognosen konnte man unter diesen Kurzwahlnummern auch Werbung hören. Die Firma Schuh Ski warb auf einem von der Telekom produzierten Tonband für ihre Weihnachtsangebote, der WWF suchte mit einem anderen nach freiwilligen Helfern, der legendäre Wiener Club Monte inserierte sein Wochenprogramm:

Quelle: Historisches Archiv A1 Telekom Austria

Zu den bekanntesten Stimmen der Telekom gehörte die ehemalige Postbeamtin Renate Fuczik. Sie beruhigte in der Warteschleife der Fernauskunft, präsentierte die Öffnungszeiten der Sommerbäder und mahnte Geduld ein, wenn ein Tonbanddienst gerade neu gestaltet wurde. Fuczik war auch bis in die 2000er Jahre die Stimme der telefonischen Zeitansage.

Verdrängt von Radio, Fernsehen und Internet

„Gegenüber Onlineangeboten haben Tonbanddienste natürlich den großen Nachteil, dass sie viel behäbiger sind“, so Fürnweger. Wenn sich Zugabfahrtszeiten oder Veranstaltungsprogramme änderten, konnte man oft nicht schnell genug reagieren, was mitunter für Unmut bei den Anrufenden sorgte. Um die Jahrtausendwende verabschiedeten sich die ersten Telefonbanddienste. Für die Wiener Börse war es bereits 1999 so weit - von da an gab es die aktuellen Kurse nur noch auf der Website:

Quelle: Historisches Archiv A1 Telekom Austria

Doch nicht nur das Internet verdrängte die Telefonbanddienste. „Mit der Zeit gab es immer mehr Angebote, mehr Radio- und Fernsehprogramm oder den Teletext, was viele Telefondienste obsolet machte“, erklärt Schützenauer. Als 2009 dann die Kurzwahlrufnummern wegen einer Gesetzesänderung abgeschafft werden mussten, wurden fast alle Telefonbanddienste eingestellt.

„Es wird mit dem Summerton ...“

Der erste telefonische Tonbanddienst, den es in anderer Form bis heute gibt, war die Zeitansage. Die wurde 1941 in Linz eingeführt und über verstärkte Kabelleitungen in alle Landeshauptstädte übertragen. Unter der Telefonnummer „A 03“ war ab 1948 auch in Wien eine selbsttätige Zeitansage erreichbar. Seit damals wurde das System mehrmals überarbeitet.

„1972 war die Zeitansage bereits auf zehn Sekunden genau“, sagt Schützenauer. In den 80er Jahren habe man sich dann vom Tonband verabschiedet und eine digitale Anlage eingeführt. 2009 wurde die Zeitansage abermals überarbeitet.

Die Uhrzeit, die die Telekom an einer Atomuhr ausrichtet, wird seit 2009 von Angelika Lang durchgegeben. Davor war mehr als 25 Jahre lang Renate Fuczik zu hören. „Auch hier hat die Nachfrage natürlich nachgelassen, aber es gibt immer noch viele Menschen, die ihre Uhren nach unserer Ansage stellen“, so Schützenauer.

Instrumente stimmen per Anruf

Ein anderer Telefondienst, den es in Österreich ebenfalls bereits seit Jahrzehnten gibt, ist musikalischer Natur. Das Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen (BEV) stellt den „Kammerton a“ zum Ortstarif zur Verfügung. Das sei gewissermaßen ein Nebenprodukt des Labors, sagt Werner Mache vom Labor Frequenz und Zeit des BEV.

„Wir betreiben hier Atomuhren, die die gesetzlich verbindliche Zeitskala für Österreich erzeugen“, so Mache. Und die liefere auch den Stimmton in einer Frequenz von 440 Hertz. „Zumindest für den Hausgebrauch ist das eine passende Frequenz“, sagt Mache. Die Wiener Philharmoniker würden auf eine etwas abweichende Frequenz zurückgreifen.

Auskunft wird es weiter geben

Vor 20, 30 Jahren sei es noch viel schwieriger gewesen, an einen entsprechenden Stimmton zu kommen, meint Mache. Mittlerweile habe dieser Service starke Konkurrenz von Onlineangeboten bekommen. Zahlreiche YouTube-Videos bieten das eingestrichene a der C-Dur-Tonleiter in verschiedensten Frequenzbereichen an.

Fernwahlauskunft

Historisches Archiv/A1 Telekom Austria

In den 80er Jahren stellte die Auskunft auf ein Mikrofilmverzeichnis um, heute wird online nachgeschlagen

„Viele Telefondienste braucht man heute einfach nicht mehr, weil die Internetsuche schlicht einfacher und effizienter ist“, sagt Schützenauer. Aber zumindest die Telefonauskunft werde es noch einige Jahre geben, weil sich eben nicht alle Menschen online auf die Suche machen wollen oder können.

Anrufe werden immer weniger

In Österreich ist der Markt für telefonische Auskunftsdienste seit dem Jahr 2000 liberalisiert. Aktuell bieten neben der Telekom auch einige andere Unternehmen eine Rufnummernauskunft an, darunter Mobilfunkbetreiber und private Callcenter - allesamt kostenpflichtige Telefonnummern, die pro Minute abrechnen und auch bei einer Weiterleitung zur gesuchten Rufnummer weiterlaufen.

Genaue Zahlen zur Nutzung der Auskunft gibt es in Österreich nicht. Klar ist aber, dass die Nachfrage stark nachgelassen hat. Ganz ähnlich ist die Situation in Deutschland. Dort meldete die Deutsche Telekom für das Jahr 2017 zwar immer noch zehn Millionen Anrufe bei der Auskunft des Unternehmens. Vor zehn Jahren hat es laut Unternehmensangaben aber noch einhundert Millionen Anrufe gegeben.

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