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Superstars füllen Stadien

Der Markt für E-Sport - professionelles Computerspielen - ist in den vergangenen Jahren stark gewachsen. Internationale Turniere locken mit enormen Preisgeldern, die mit jenen traditioneller Sportveranstaltungen konkurrieren können. Die Gaming-Stars genießen dabei unter Fans denselben Status wie Fußballer oder Popkünstler.

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Auch die Bezahlung stimmt - zumindest für die wenigen, die an der internationalen Spitze mithalten können: Bei dem jährlich stattfindenden Turnier The International traten zuletzt 18 Teams an, insgesamt wurden über 24 Millionen US-Dollar (knapp 20 Mio. Euro) an die Teilnehmer ausgeschüttet. Die Veranstaltung in der US-Stadt Seattle, bei der das Strategiespiel „Dota 2“ gespielt wird, gilt als lukrativstes Turnier der E-Sport-Szene.

League of Legends Finale in Peking

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E-Sport-Veranstaltungen, wie hier in Peking, füllen nicht nur in Asien ganze Stadien

Millionenmarkt, der wächst

Aufgezogen sind solche Veranstaltungen wie traditionelle Sportereignisse. Sie finden in großen Arenen statt, die oft bis zum letzten Platz gefüllt sind, in der Mitte der Halle sitzen einander je nach Spiel zwei Teams zu jeweils drei bis sechs Spielern gegenüber, die mit Maus und Tastatur das Spielgeschehen steuern. Es gibt Moderatoren und Kommentatoren sowie Analysen vor und nach Spielen. Am Veranstaltungsort wird das Geschehen per Videowürfel sichtbar gemacht, übertragen wird direkt ins Netz auf Plattformen wie Twitch und YouTube.

Auch sonst ähnelt E-Sport dem Profibetrieb anderer Sportarten: Es gibt Trainer, Talentscouts - und Doping. Bereits 2015 wurde der erste Dopingfall im E-Sport aufgedeckt, seither wird bei einigen Veranstaltungen streng getestet. Entscheidend für Spieler ist vor allem die Reaktionsgeschwindigkeit, viele von ihnen müssen jeden Tag mehrere Stunden trainieren - und betreiben herkömmlichen Sport als Ausgleich.

Spieler

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Die stärksten Vereine spielen sogar in eigenen Trikots, Sponsoren zahlen wie in anderen Sportarten die Ausrüstung

Vor allem in Asien und den USA hält die Begeisterung für den elektronischen Sport seit Jahren an - und wächst beständig. Laut den niederländischen Marktforschern Newzoo wird der weltweite Markt für E-Sport heuer auf rund 900 Millionen US-Dollar (rund 730 Mio. Euro) wachsen, und damit um 38 Prozent größer sein als noch im Vorjahr. Doch auch hierzulande erfreut sich E-Sport mittlerweile großer Beliebtheit.

Festival will heimische Szene stärken

Im März fand in Wien das Electronic Sports Festival (ESF) statt, das laut Veranstalter von rund 6.000 Menschen besucht wurde. Es war die erste Veranstaltung in Österreich in diesem Ausmaß, bei der E-Sport im Mittelpunkt steht - die österreichische Community soll damit langfristig vergrößert werden.

Zuschauer

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Die im März abgehaltenen Intel Extreme Masters im polnischen Katowice waren Vorbild für das Festival in Wien

Auch auf der Wiener Messe Game City und im Rahmen der Vienna Comic Con gibt es E-Sport-Schwerpunkte. Der heimische E-Sport-Verband ESVÖ zählt über 30.000 registrierte Spieler. Das Programm in Österreich ist analog zu den Vorbildern in den USA: Gespielt werden Titel wie „Dota 2“ und das vergleichbare „League of Legends“, die Fußballspielreihe „FIFA“, das digitale Kartenspiel „Hearthstone“ und der Shooter „Overwatch“.

Mit 20.000 Euro Gesamtpreisgeld zählt das ESF im internationalen Vergleich noch zu den kleinen Veranstaltungen - bei Erfolg wird für kommende Ausgaben aber eine sechsstellige Summe anvisiert, so die Veranstalter bei einer Pressekonferenz. Angesichts der Marktentwicklung ist das nicht unwahrscheinlich - wie im herkömmlichen Profisport sind auch bei E-Sport die Sponsoren ausschlaggebend. So veranstaltet etwa der Chiphersteller Intel mit den Intel Extreme Masters eines der weltweit größten E-Sport-Turniere. Egal ob Getränkehersteller oder Telekomunternehmen: Das wirtschaftliche Potenzial von E-Sport wurde von Großkonzernen längst erkannt.

Kaum Frauen in Teams

Wer bei E-Sport zusieht - laut Newzoo gibt es weltweit über 200 Millionen Menschen, die zumindest ab und zu das Geschehen verfolgen -, wird schnell ein Muster in der Zusammensetzung der Teams erkennen. Laut einer Erhebung des ESVÖ sind die Spieler hierzulande zu über 90 Prozent männlich - und auch in den großen internationalen Stadien sind Frauen im E-Sport die Ausnahme.

Zuschauer

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Bei großen Turnieren ist der Frauenanteil unter den Teams verschwindend klein

In Österreich zählt Chantal „Sylvanas“ Frey zu den bekanntesten Gamerinnen. Im Gespräch mit ORF.at sagt sie, dass sie seit 2013 an E-Sport interessiert ist. Ihr anfängliches Ziel: „Ich will besser werden als meine Freunde.“ Leben kann sie davon „leider noch nicht“, auch wenn das durchaus ein Ziel sei. Als Frau, so Frey, habe sie in ihrer Laufbahn weder Vor- noch Nachteile gehabt. In der Gaming-Gemeinde fühlt sie sich aber wohl: „Gerade die Gamer-Szene ist die aufgeschlossenste Szene“ - im Vergleich zu anderen Sportarten, etwa Fußball, so die „Overwatch“-Spielerin.

Vor allem in den letzten Monaten setzt sich auch die Szene selbst stärker mit dem Thema auseinander, Bewegung gibt es jedoch kaum. So wurde etwa für die offizielle „Overwatch“-Liga mit Kim „Geguri“ Se-Yeon erstmals eine Frau von einem Team engagiert. Damit ist sie jedoch die einzige Frau in der gesamten Liga, die aus zwölf Teams zu je rund zehn Spielern besteht. Auch in anderen Games gibt es eine Handvoll prominenter Spielerinnen, etwa die Kanadierin Sasha „Scarlett“ Hostyn, die als eine der besten „Starcraft“-Spielerinnen des Landes gilt.

„Es braucht einen Kulturwandel in der Szene“

Doch vor den E-Sport-Veranstaltern liegt in Sachen Diversität noch viel Arbeit. Der weltgrößte E-Sport-Veranstalter ESL mit Sitz in Deutschland gründete dazu vor etwa zwei Jahren die Initiative Any Key, die sich für einen inklusiveren Zugang zu E-Sport einsetzt. Einige Veranstalter setzen auf reine Frauenturniere - diese sind aber deutlich schlechter dotiert und werden deshalb oft kritisiert.

Gegenüber der deutschen Ausgabe des Netzkulturmagazins „Wired“ kritisierte Hans Jagnow vom deutschen E-Sport-Bund diesen Weg: „Getrennte Ligen entbehren im E-Sport jeder sachlichen Grundlage und wären eher ein Kniefall vor dem männlichen Establishment. Es braucht viel mehr einen Kulturwandel in der Szene, in den Teams und in den Spielen.“

Auch IOC zeigt Interesse an E-Sport

Künftig könnte E-Sport auch olympisch werden: Nach den Olympischen Spielen in Pyeongchang kündigte die digitale Plattform des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) an, sich künftig näher mit E-Sport zu beschäftigen. Schon im November des Vorjahres erkannte das IOC E-Sport als Sport an - ein deutliches Indiz dafür, dass E-Sport nicht so bald von den Bildschirmen verschwinden wird.

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