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Zwischen „Umfaller“ und „Benchmark“

Nachdem der Ministerrat am Mittwoch den Weg für eine Ratifizierung von CETA durchs Parlament frei gemacht hat, sind die Wogen zu diesem Thema einmal mehr hochgegangen. Die Meinungen klaffen dabei weit auseinander.

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Allen voran kritisierte die Opposition die ÖVP-FPÖ-Regierung für den Beschluss. Die SPÖ brachte im Parlament einen Dringlichen Antrag auf eine Volksabstimmung oder ein Streichen der Sonderklagerechte für Konzerne ein. SPÖ-Bundesgeschäftsführer Max Lercher ortete einen „Umfaller“ der FPÖ und einen „durchgepeitschten“ Beschluss. Die Regierung warte die Nachverhandlungen nicht ab, die die SPÖ durchgesetzt habe. So kämen nun aber Konzerngerichte nach Österreich, so Lercher.

LP warnt vor Raubtierkapitalismus

Bruno Rossman von der Liste Pilz (LP) warf FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache unterdessen im Nationalrat einen „Umfaller der Sonderklasse“ vor und warnte vor Raubtierkapitalismus. Von Michel Reimon, EU-Abgeordneter und Kodelegationsleiter der Grünen, kam ein Verweis auf eine laufende Untersuchung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH): „Das Abkommen ist aus demokratischer Sicht abzulehnen. Sonderrechte für Konzerne und Investoren könnten EU-Recht aushebeln - der EuGH muss darüber noch ein juristisches Urteil fällen.“

Kritik via Aussendung kam auch von der Arbeiterkammer (AK), die eine Bevorzugung ausländischer Investoren ortet. „Ich bin eine Anhängerin eines gerechten internationalen Handels. CETA würde dazu führen, dass ausländische Investoren künftig bevorzugt behandelt werden. Wir brauchen keine Zweiklassengesellschaft in unserem Rechtsstaat“, so AK-Präsidentin Renate Anderl.

NGOs alarmiert

Die NGO Global 2000 sieht ungelöste, fundamentale Probleme. Die Bundesregierung gehe „sogar so weit, ein rechtliches Risiko zu übernehmen, wenn sie die anstehende EuGH-Meinung zur Vereinbarkeit von CETA mit den EU-Verträgen nicht abwartet“, warnte Geschäftsführerin Leonore Gewessler.

Auch ATTAC wies die Haltung der FPÖ zu vermeintlichen Verbesserungen zurück. Die NGO sprach von „inhaltlicher Irreführung“ der Menschen durch die FPÖ. Der CETA-Vertrag habe sich inhaltlich seit der Nationalratswahl um keinen Deut verändert. „Es ist nach wie vor das gleiche gefährliche Abkommen, das die Interessen von Konzernen über jene von Menschen und Umwelt stellt“, so Alexandra Strickner von ATTAC Österreich.

Die Plattform „Anders Handeln“, die das Anti-CETA/TTIP-Volksbegehren noch unter dem Namen „TTIP stoppen“ organisiert hatte, startete zudem eine E-Mail-Aktion gegen das Abkommen.

NEOS und Wirtschaftsvertreter erfreut

Erfreut zeigte sich hingegen NEOS-Wirtschaftssprecher Sepp Schellhorn: „Für eine kleine und offene Volkswirtschaft wie Österreich wäre es fatal, auf die Möglichkeiten, die der Freihandel bietet, zu verzichten.“ Als Freihandelsabkommen sei CETA eine „Benchmark“.

Lob kam auch von der Wirtschaftskammer (WKÖ) und der Industriellenvereinigung (IV). Die österreichische Wirtschaft stehe voll und ganz hinter dem Regierungsbeschluss in Richtung der CETA-Ratifizierung. „Noch die letzte Regierung unter Führung der SPÖ hat - völlig zu Recht - grünes Licht für den Abschluss von CETA gegeben. Nun geht es darum, diesen Weg zu Ende zu gehen und CETA in vollem Umfang anzuwenden“, so Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Leitl und -Vizepräsident Jürgen Roth.

„Die Regierung entscheidet für mehr Wohlstand und Arbeitsplätze in Österreich“, so IV-Präsident Georg Kapsch. Auch die Landwirtschaftskammer reihte sich unter die CETA-Freunde ein, warnte aber gleichzeitig vor anderen Freihandelsabkommen. Pro CETA ist auch der liberale Thinktank Agenda Austria.

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