Viel Balkan-Pop und Ethnosound
2009 hat der Norweger Alexander Rybak den Eurovision Song Contest in Moskau gewonnen - mit bis heute ungeschlagenem Rekordvorsprung. Heuer versucht er erneut sein Glück und wird von den Buchmachern seit Wochen konstant in den Top Fünf gewähnt. Um die restlichen neun Finalplätze ist das Gerangel aber groß - wobei sich das Feld recht klar in ernst zu nehmende und vernachlässigbare Konkurrenz teilt.
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Rybak versucht wieder mit seinen alten Stärken zu punkten: dem bubenhaften Harry-Potter-Charme, einer beschwingten Nummer und seiner Geige als Markenzeichen. Zudem scheint er auf fast magische Weise seit 2009 um keinen Tag älter geworden zu sein. „That’s How You Write a Song“ ist seine Botschaft an die Mitstreiterinnen und Mitstreiter.

Thomas Hanses
Rybak spielt die erste Geige im zweiten Semifinale
Einen sprechenden Titel haben auch Rumänien und Slowenien nach Lissabon geschickt. Sie fällen damit praktischerweise gleich selbst ihr Urteil über ihr Lied. Die rumänische Ballade im Schlafrock von The Humans heißt nicht umsonst „Goodbye“, die Dancepop-Nummer der Slowenin Lea Sirk „Hvala, ne!“ („Nein, danke!“).
Roboter für San Marino
Einen Österreich-Bezug hat ausgerechnet der überall abgeschlagen rangierende Beitrag von San Marino. Bisher fest in der Hand von Ralph Siegel, ging man dort heuer andere Wege und schrieb die Song-Suche international aus. Federführend mit dabei: Österreichs Song-Contest-Vertreterin von 2016, Zoe Straub, und ihr Vater Christof.
In einem relativ undurchschaubaren Prozedere wurde schließlich die Malteserin Jessika Muscat zur Gewinnerin gekürt, die jetzt mit Hilfe der deutschen Rapperin Jenifer Brening die Nummer „Who We Are“ zum Besten geben wird. Highlight: tanzende Miniroboter.

Andres Putting
Jenifer und Jessika üben noch
Zweiter Versuch für Julia Samoylova aus Russland
Russland schickt heuer Julia Samoylova. Sie hätte schon im Vorjahr antreten sollen, durfte aber wegen der diplomatischen Krise zwischen Gastgeberland Ukraine und Russland damals nicht antreten. Aus heutiger Sicht war das ein zu verkraftender Verlust, auch ihren heurigen Titel „I Won’t Break“ würde man kaum vermissen. Dazu kommt eine euphemistisch formuliert merkwürdige Inszenierung der Rollstuhlfahrerin auf der Bühne.
Hinweis
Das zweite Semifinale (Donnerstag, 21.00 Uhr) ist live in ORF eins und im Livestream in tvthek.ORF.at zu sehen. ORF.at begleitet den Bewerb mit einem Liveticker – samt Bildern, animierten GIFs und Social-Media-Kommentaren.
Weit spannender ist, ob und wer sich mit Balkan- und Ethnosound ins Finale singen kann. Denn in diesem Feld ist die Dichte hoch, und einschlägig interessierte Fans müssen sich entscheiden. Zur Wahl stehen da etwa Serbiens Sanja Ilic mit Balkanika und „Nova deca“ und Montenegros Vanja Radovanovic mit „Inje“.
Traditionell legt es für Georgien die Gruppe Iriao an, deren Stärke eher in der Spiritualität zu liegen scheint. Dem geradezu konträr gegenüber steht die moldawische Lebensfreude, die von der Gruppe DoReDoS stimmungsvoll und mit Augenzwinkern auf die Bühne gebracht wird. Das wird auch bei den Buchmachern belohnt.

Thomas Hanses
Buntes Moldawien
Niederlande hart, Ungarn härter
Ein bekanntes Gesicht vertritt die Niederlande. Waylon nahm 2014 gemeinsam mit Ilse DeLange als The Common Linnets teil und musste sich nur Conchita Wurst geschlagen geben. Diesmal verzichtet er bisher auf den Hut und schlägt mit „Outlaw in ’Em“ rockigere Country-Töne an. Verwirrend für das Publikum ist aber das Tanzpersonal der Band.

Thomas Hanses
Ungewöhnliche Tanzeinlage für einen Rocksong
Für harte Töne ist auch die ungarische Band AWS bekannt, mit „Viszlat nyar“ wird getestet, wie der Sound von Faith no More beim Eurovision-Publikum ankommt. Polens Gromee feat. Lukas Meijer sehen auf den ersten Blick wie eine Rockband aus, bei „Light Me Up“ ist dann aber auch einiges an elektronischem Geblubber zu hören.
Televoting
Weil Österreich bereits im ersten Semifinale am Start war, kann man - anders als im ersten Halfinale - am Donnerstag hierzulande nicht per Televoting mitbestimmen, wer sich qualifiziert.
Überhaupt wird heuer versucht, mindestens zwei Genres in einem Song unterzubringen. Ins Auge sticht dabei etwa der ukrainische Teilnehmer Melovin mit „Under the Ladder“. Als letzter Starter des zweiten Semifinales bringt er die vielleicht abgefahrenste Bühneninszenierung des Abends mit.
Wikinger-Show aus Dänemark
Auch spektakulär ist der Auftritt Dänemarks. Von dort kommt Rasmussen mit seinem Song „Higher Ground“ über einen pazifistischen Wikinger und einer passenden Show, die schon im Vorfeld eine Reihe von Parodien inspiriert hat.

Thomas Hanses
Hej, hej, Wickie
Aus dem schwedischen Poplabor kommt zum vierten Mal in Folge ein junger Mann, dieses Mal dem Modell Justin Timberlake nachempfunden. Benjamin Ingrosso verblasst allerdings trotz seiner Bühnenshow in einer überdimensionalen Solariumsinstallation. Fürs Finale wird es für Schweden trotzdem immer reichen.
Erster Dämpfer für Australien?
Ähnliches gilt für Australien, das sich längst vom Gaststatus zum Fixstarter etabliert hat. Mit daran schuld ist die heurige Teilnehmerin Jessica Mauboy, die 2014 in Kopenhagen als Pausenact auftreten durfte und damit die Song-Contest-Tür für ihr Land öffnete. Seit dem traute man sich nicht, Australien im Semifinale scheitern zu lassen - das könnte sich heuer ändern, nachdem sich langsam herumgesprochen hat, dass auch im Falle eines Sieges der Song-Contest-Zirkus nicht nach Sydney zieht.

Andres Putting
Australien in Signalfarben
Auch Valletta und Riga werden 2019 ziemlich fix nicht als Austragungsort herhalten müssen. Dafür sorgen Christabelle aus Malta mit „Taboo“ und die Lettin Laura Rizotto und ihre Text-Bild-Schere „Funny Girl“.
Die Startreihenfolge im zweiten Semifinale
|
Land |
Interpret |
Songtitel |
1. |
Norwegen |
Alexander Rybak |
„That’s How You Write a Song“ |
2. |
Rumänien |
The Humans |
„Goodbye“ |
3. |
Serbien |
Sanja Ilic und Balkanika |
„Nova Deca“ |
4. |
San Marino |
Jessika feat. Jenifer Brening |
„Who We Are“ |
5. |
Dänemark |
Rasmussen |
„Higher Ground“ |
6. |
Russland |
Julia Samoylova |
„I Won’t Break“ |
7. |
Moldawien |
DoReDoS |
„My Lucky Day“ |
8. |
Niederlande |
Waylon |
„Outlaw in ’Em“ |
9. |
Australien |
Jessica Mauboy |
„We Got Love“ |
10. |
Georgien |
Iriao |
„For You“ |
11. |
Polen |
Gromee feat. Lukas Meijer |
„Light Me Up“ |
12. |
Malta |
Christabelle |
„Taboo“ |
13. |
Ungarn |
AWS |
„Viszlat nyar“ |
14. |
Lettland |
Laura Rizzotto |
„Funny Girl“ |
15. |
Schweden |
Benjamin Ingrosso |
„Dance You Off“ |
16. |
Montenegro |
Vanja Radovanovic |
„Inje“ |
17. |
Slowenien |
Lea Sirk |
„Hvala, ne!“ |
18. |
Ukraine |
Melovin |
„Under the Ladder“ |
Link:
Sophia Felbermair und Christian Körber, beide ORF.at