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Ein Handschlag und viele Streitthemen

Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel hat am Freitag US-Präsident Donald Trump in Washington getroffen. Zwar verlief das Treffen deutlich herzlicher als beim letzten Mal. Inhaltlich bleiben nach dem Kurzbesuch Merkels in den USA aber weiterhin viele Fragen offen.

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Gleich zum Auftakt des Treffens lobte Trump die Beziehungen zur deutschen Kanzlerin. „Wir haben eine sehr großartige Beziehung“, so Trump. „Wir hatten eine gute Beziehung von Anfang an, aber das haben nicht alle verstanden. Aber wir haben es verstanden“, fügte er hinzu.

Deutsche Kanzlerin Merkel und US-Präsident Trump

Reuters/Kevin Lamarque

Anders als im März 2017 kam es bei dem Zusammentreffen am Freitag zu einem Handschlag zwischen Trump und Merkel

Trump bezeichnete Merkel als „außergewöhnliche Frau“. Er gratulierte ihr zudem noch einmal zum Wahlsieg der CDU bei der Bundestagswahl im vergangenen September. Merkel entgegnete, die Regierungsbildung habe etwas gedauert. „Jetzt war es mir ganz wichtig, als ersten Besuch außerhalb Europas nach Washington zu kommen und unsere Zusammenarbeit zu vertiefen“, sagte sie. Anders als beim Besuch im März 2017 gaben sich Merkel und Trump beim Fototermin im Oval Office mehrmals vor laufenden Kameras die Hand.

Trump bezeichnet Iran als „mörderisches Regime“

Nach einem Arbeitsgespräch und einem gemeinsamen Mittagessen stellten sich Merkel und Trump den Fragen der Presse. Doch bei inhaltlichen Streitthemen gab es keine sichtbare Annäherung zwischen den Ländern, etwa bei dem Atomabkommen mit dem Iran, das der US-Präsident ablehnt.

Merkel verteidigte das Abkommen, das von Trump infrage gestellt wird. Es sei „ein erster Schritt“, der dazu beigetragen habe, die Nuklearaktivitäten des Iran zu verlangsamen und auch besser zu überwachen, sagte sie. Das reiche aber nicht aus, eine Rolle des Iran zu erreichen, die auf Verlässlichkeit gründe. „Deshalb muss mehr dazukommen.“

Deutsche Kanzlerin Merkel und US-Präsident Trump

APA/AFP/Brendan Smialowski

Bei einem gemeinsamen Pressegespräch machten sich die inhaltlichen Differenzen bemerkbar

Das sieht auch Trump so, über den Weg gibt es aber noch Differenzen. Trump droht damit, die Aussetzung der Iran-Sanktionen am 12. Mai nicht turnusmäßig zu verlängern, was einer Aufkündigung des Abkommens gleichkommen würde. Der US-Präsident brandmarkte den Iran während des Pressegesprächs als „mörderisches Regime“. Teheran schüre „Gewalt, Blutvergießen und Chaos“ im gesamten Nahen Osten. „Wir müssen sicherstellen, dass dieses mörderische Regime nicht einmal in die Nähe einer Atomwaffe kommt.“

Einigkeit bei Russland, keine Lösung für Zölle

Zu der für die deutsche Wirtschaft wichtigen Frage der von den USA angedrohten Strafzölle auf Aluminium und Stahl sagte Merkel nach dem Gespräch: „Wir haben uns ausgetauscht über den Stand der Verhandlungen. Die Entscheidungen liegen beim Präsidenten.“ Trump beklagte erneut das Handelsdefizit der USA, ließ zum Zeitpunkt des Treffens aber keine Tendenz für seine Entscheidung durchblicken. Mittlerweile verkündete er eine Schonfrist der Strafzollbefreiung für die EU bis 1. Juni.

Zufrieden zeigte sich Merkel über die Zusammenarbeit mit den USA im Umgang mit Russland. Es gebe ein „hohes Maß an Übereinstimmung“ im Blick auf die Konflikte mit Russland und Moskaus Rolle in Syrien. Zum Streit über die US-Sanktionen gegen Russland, von denen sich auch deutsche Firmen bedroht fühlen, sagte Merkel lediglich, sie seien im Kongress der USA verabschiedet worden. Auf harsche Kritik daran verzichtete sie.

Nordkorea: Lob für Kampagne des maximalen Drucks

Einigkeit herrschte auch beim Korea-Konflikt. Merkel und Trump begrüßten die politische Annäherung zwischen Nord- und Südkorea als Erfolg der US-Politik. „Die Kampagne des maximalen Drucks hat uns geholfen, diesen Schritt zu erreichen“, sagte Trump. Merkel sagte, die Stärke, mit der Trump darauf gesetzt habe, dass die Sanktionen gegen Nordkorea eingehalten würden, brachte Erfolge hervor. „Wir Deutschen können fühlen, was es bedeutet, wenn nach Jahren der Teilung wieder Kontakte entstehen.“ Beide betonten, dass Druck aufrecht erhalten werden müsse, um eine vollständige nukleare Abrüstung zu erreichen.

Deutsche Kanzlerin Merkel und US-Präsident Trump

APA/AFP/Brendan Smialowski

Zwar bemühten sich Trump und Merkel um Harmonie, doch viele Streitthemen bleiben bestehen

Kurzreise in die USA als „wirkliches Bedürfnis“

Trotz aller Meinungsverschiedenheiten sagte Merkel im Vorfeld der Reise, der Kurztrip nach Washington sei ihr ein „wirkliches Bedürfnis“. „Das transatlantische Bündnis ist angesichts vieler nicht demokratischer Entwicklungen auf dieser Welt ein großer Schatz, den ich jedenfalls auch hegen und pflegen möchte.“

Ob der Besuch Merkels aus Sicht der deutschen Regierung bzw. der EU als Erfolg verbucht werden kann, wird sich wohl erst in einigen Tagen zeigen: Am 1. Mai endet die vorübergehende Befreiung der EU von den US-Zöllen auf Stahl und Aluminium. Und am 12. Mai läuft eine gesetzliche Frist aus, bis zu der Trump über die Zukunft des internationalen Atomabkommens mit dem Iran entscheiden muss.

Deutsche Wirtschaft enttäuscht

Die deutsche Wirtschaft zeigte sich enttäuscht über das Ergebnis des Treffens zwischen Angela und Trump. „Ich bedaure, dass der Besuch der Bundeskanzlerin in Washington keine sichtbare Annäherung in den Streitpunkten zwischen Deutschland und den USA gebracht hat“, sagte Dieter Kempf, der Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI). Auch wenn eine atmosphärische Verbesserung zwischen Merkel und Trump spürbar sei, hätte er sich mehr substanzielle Fortschritte gewünscht. „Die angedrohten amerikanischen Strafzölle bleiben eine große Belastung für das transatlantische Verhältnis“, so Kempf.

Auch Außenhandelspräsident Holger Bingmann sagte, dass das Treffen in Washington sicher kein Durchbruch gewesen sei. „Aber die Tür für eine Lösung im Streit um die US-Strafzölle bleibt einen Spalt weit offen.“ Merkel habe ein klares Angebot für einen fairen Waren- und Dienstleistungsaustausch formuliert. Es wäre deshalb ein kluger Zug von Trump, die EU vorerst auszunehmen. Nur wenige Tage vor Merkel war mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron ein weiterer hochrangiger Politiker aus Europa bei Trump zu Gast. Macron hielt sich drei Tage lang zu einem formellen Staatsbesuch in Washington auf. Merkel und Macron telefonierten zur Vorbereitung des Besuches der Kanzlerin vorab miteinander.

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