Plastik lässt grüßen
Einige der Modelabels scheinen im heurigen Frühling besonders auf eines zu hoffen: Wind und Regen. Ponchos, Anoraks und Regenjacken aus teilweise durchsichtigem Plastik oder Vinyl dominieren die Frühlings- und Sommerkollektionen 2018. Und noch ein Kleidungsstück aus Kunststoff feiert heuer sein Comeback und darf laut Experten nun mit High Heels und Blazer kombiniert werden: die Radlerhose.
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Kleidung aus Plastik ist nicht unbedingt die erste Wahl für einen warmen Frühlingstag, trotzdem wurde der Kunststoff in den heurigen Frühlings- und Sommerkollektionen großzügig eingesetzt. Anlehnungen an die 1980er und 1990er Jahre sind dabei nicht zu übersehen. Vorreiter des Plastiktrends ist heuer Karl Lagerfeld. Die klassischen Chanel-Tweetjacken und -röcke wurden nicht nur mit Plastikfransen verziert, die Models wurden zusätzlich in kniehohe Stiefel, ellenlange Handschuhe, Capes, Hüte und Regenponchos gesteckt – alles aus transparentem Vinyl.
Anorak als „neue Lederjacke“
Mit dieser „Ausrüstung“ waren die Models während der Modeschau vor den Wasserspritzern der gigantischen Wasserfälle, die im Pariser Grand Palais installiert wurden, jedenfalls gut geschützt. Calvin Klein zeigte mehr Mut zur Farbe und kreierte lange Ponchos aus einem wasserdichten Nylon, das gewöhnlich für Zelte verwendet wird. Auch Burberry hofft auf regnerische Frühlingstage und präsentierte einen durchsichtigen Regenmantel im schlichten Design, während Valentino auf futuristische und funktionale Anoraks setzte.
Der Anorak ist heuer laut der „Vogue“ die „neue Lederjacke“ und wurde aus der Campingecke in die High Fashion erhoben. Praktisch sind die Regenmäntel und Windjacken durchaus, die Materialien allerdings nicht unbedingt atmungsaktiv und könnten bei wärmeren Temperaturen schnell Schweißausbrüche verursachen.
Kleidung vielseitig einsetzbar
Der Modeplattform Fashionunited zufolge ist der Schlechtwettertrend durchaus kein Zufall. In der Trendprognose für 2018, die zusammen mit dem Einzelhandelsanalysten Edited zusammengestellt wurde, wird an erster Stelle von „verbesserter Funktionalität“ gesprochen. Heuer werden noch mehr Marken Fit- sowie Performance-Eigenschaften in jedwede Bekleidung, auch jenseits der Activewear-Sparte, integrieren, zitiert Fashionunited Katie Smith, leitende Analystin bei Edited. Im Trend sei eben bequeme Mode, vielseitig einsatzbar und für jedes Wetter.
Zu kurz für Bermudas, zu lang für Shorts
Wer es heuer wirklich gemütlich haben will, der kann sich an einem anderen Trend erfreuen. Ob knapp über dem Knie geschnitten oder knapp darunter, Caprihosen und die kürzeren Versionen der klassischen Radlerhosen hatten allerdings bisher nur wenige wirklich große Momente in der Haute Couture.
Nachdem die Caprihose in den 1950er und 1960er Jahren von Persönlichkeiten wie Audrey Hepburn und Jackie Kennedy getragen wurde, geriet sie schnell wieder in Vergessenheit. Erst in den 1990ern hätten Popsängerinnen wie Britney Spears und Jennifer Lopez die kurzen Hosen wieder zum Leben erweckt, erklärte die „Vogue“.
Modemuse Kardashian?
Nicht zuletzt ist laut „Vogue“ allerdings Reality-TV-Star Kim Kardashian West „schuld“ an „einem der grässlichsten Trends der Modewelt“. Bereits vergangenen Sommer habe Kardashian schwarze Stretch-Hosen mit Blazern von Edelmarken kombiniert, und ihre damalige Stylistin Elizabeth Sulcer erklärte der „Vogue“ auch, warum: „Radlerhosen sind schmeichelhaft, weil sie die Beine von einer dezenteren, erotischen Seite präsentieren und großartig mit Stöckelschuhen aussehen.“ Erst vor Kurzem zeigte sich Kardashian bei einem Charity-Event in Los Angeles wieder in Radlerhosen - diesmal jedoch mit Sportschuhen.
Trotzdem wurden nur die wenigsten Models in flachen Schuhen über die Laufstege der Frühjahrsmodeschauen geschickt. Designer wie Dion Lee, Dolce & Gabbana und Nina Ricci kombinierten schwarze Radhosen mit mehr oder weniger auffallenden Blazern, während Saint-Laurent die Shorts mit verschnörkelten Stickereien versah, die unter einem schwarzen Kleid mit dem gleichen Muster hervorschauten.
Radlerhose als Hommage an Lady Di
Auch Sängerin Rihanna tobte sich hinsichtlich „bike wear“ mit ihrer Fenty-X-Puma-Kollektion besonders aus und brachte neben klassischen Radhosen eine ganze Motorradausstattung (inklusive Motorrad) auf den Laufsteg. Ebenso das Modelabel Assembly New York: Neben neongrünen Trenchcoats aus Plastik wurde auch ein farblich dazu passendes Radeloutfit vorgezeigt.
Ob die engen Hosen bloß Teil eines 1990er-Jahre-Revivals sind oder das Verlangen nach Bequemlichkeit bedienen, wurde unter den Designern ganz unterschiedlich ausgelegt. Die gesamte Frühjahrs- und Sommerkollektion von Off-White beispielsweise widmete sich der Garderobe von Prinzessin Diana.
Dabei vergaß Off-White Gründer Virgil Abloh auch nicht darauf, Dianas Look während ihrer dienstfreien Zeiten neu zu interpretieren: Supermodel Naomi Campbell beschloss deshalb mit einer weißen Radhose die Show, kombiniert mit einem weißen, fließenden Blazer. „Lady Di“ trug ihre kurze Elastanhose vornehmlich mit einem weiten Kapuzenpullover.
Radlerhose als neue Leggings
Die britische „Sunday Times“ berichtete, manche aus der Modeindustrie sprächen sogar davon, dass die Radlerhosen die neuen Leggings seien. Nicht ganz abwegig, denn das Radelthema wurde bereits vergangene Saison von Modemacher Alexander Wang gehypt, der in seiner zweiten Kollektion für Adidas Elemente von Rad- und Rave-Kultur vereinte.
Christian Diors Herrenmodenableger Homme Dior ging noch einen Schritt weiter und kündigte für heuer ein 3.200 US-Dollar teures BMX-Rad an – in Kollaboration mit dem französischen Label Bogarde, das sich auf zeitgenössische Räder im BMX-Stil der 1980er Jahre spezialisiert. Zusammen mit einer Radlerhose von Dolce & Gabbana und einem durchsichtigen Chanel-Regenmantel würde man auf diesem Modell nicht nur vor schlechtem Wetter geschützt sein, sondern auch noch dem neuesten Frühjahrstrend entgegenradeln.
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Yasmin Szaraniec, für ORF.at