Dritte Amtszeit in Folge?
Ministerpräsident Viktor Orban steht vor seiner dritten Amtszeit in Folge. Ungarns starker Mann, ein europäischer Bannerträger der Rechtspopulisten, hat das osteuropäische Land in seiner Amtszeit seit 2010 umgekrempelt. Bei der Parlamentswahl am Sonntag lag er mit seiner Partei FIDESZ klar vorne.
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Der 54-jährige Politiker hat den Rechtsstaat geschleift, die Presse- und Meinungsfreiheit ausgehöhlt und sich in der EU vor allem mit fremdenfeindlichen Äußerungen und einer Verweigerungshaltung gegenüber einer fairen Flüchtlingsverteilung an den Rand gestellt. „Womöglich wachen wir eines Morgens auf und merken, dass wir in der Minderheit sind“, warnte Orban im Herbst 2015, als Hunderttausende Menschen auf der Flucht vor Krieg und Verfolgung im Nahen Osten durch sein Land zogen.
In der Flüchtlingskrise reklamierte der Rechtspopulist für sich, die Sorgen seiner Landsleute ernst zu nehmen - und wurde damit in der EU zum Bannerträger der Gegner der Politik der deutschen Kanzlerin Angela Merkel und der Willkommenskultur. Im eigenen Land und von den osteuropäischen Nachbarn bekommt er dafür weiter viel Applaus.
Fußball als Leidenschaft
Seit seiner Jugend kannte der 1963 in einem Dorf westlich von Budapest geborene Orban zwei Leidenschaften: Fußball und Politik. Als 26-jähriger Jusstudent brachte er seinen Stern in den Tagen des Zusammenbruchs der Sowjetmacht zum Leuchten, als er in einer feurigen Rede die Sowjettruppen zur Heimreise aufforderte. Im Jahr 1988 gehörte er zu den Mitbegründern der Allianz Junger Demokraten (FIDESZ), für die er zwei Jahre später ins Parlament einzog. Ab 1993 baute er dann FIDESZ von einer radikalen Protestbewegung zu einer schlagkräftigen Mitte-rechts-Partei um. Mit nur 35 Jahren wurde der charismatische Redner 1998 das erste Mal zum Ministerpräsidenten gewählt.
Bei den Wahlen 2002 und 2006 unterlag FIDESZ zwar den Sozialisten, doch nutzte Orban nach der Finanzkrise den Unmut der Bevölkerung über die Regierung, um 2010 mit einer Zweidrittelmehrheit an die Macht zurückzukehren (die er 2015 durch eine Nachwahl allerdings wieder verlor). Seine neue Stellung nutzte er, um mit einer Reihe umstrittener Reformen die Medien unter Kontrolle zu bringen, den Einfluss auf die Justiz zu stärken und den Kultur- und Bildungsbereich auf seine nationalkonservative Linie zu zwingen.
Brüssel wendet sich von Orban ab
Während Orban vor allem in Polen und der Slowakei mit seinem harten Kurs in der Flüchtlingskrise viel Zustimmung erfuhr, zeigte sich Brüssel immer wieder empört über den „Viktator“, der aus Sicht seiner Kritiker daheim die Demokratie untergräbt. Er selbst bekannte sich zu einer „illiberalen“ Version von Demokratie. Zu dieser Haltung passt seine offene Sympathie für Russlands starken Mann Wladimir Putin, den er als erster europäischer Regierungschef nach der russischen Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim empfing.
Von dem früheren Chefberater von US-Präsident Donald Trump, Steve Bannon, wurde Orban in einem Interview mit der „New York Times“ als „Held“ gefeiert. Er ist einer der Lieblinge der europäischen Rechtspopulisten. Im Wahlkampf schreckte er nicht vor Äußerungen zurück, die eindeutig antisemitische Assoziationen wachrufen: Ungarns Feinde seien „nicht national, sondern international“, sagte er. „Sie glauben nicht an Arbeit, sondern spekulieren mit Geld. Sie haben kein Heimatland, sondern glauben, dass ihnen die ganze Welt gehört.“
Personifiziert wird dieser äußere Feind in Orbans Weltbild vor allem durch den in Ungarn geborenen jüdischen US-Milliardär George Soros. Seit 1979 hat Soros Dutzende Milliarden Dollar aus seinem Vermögen seiner Stiftung für Demokratie, Menschenrechte und Pressefreiheit überlassen. Die Open Society Foundation fördert wiederum Nichtregierungsorganisationen in aller Welt. Orban initiierte eine „Stop Soros“-Kampagne. Sein eigenes Oxford-Stipendium stammte 1989 noch von der Soros-Stiftung.
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