„Schändlichste Zensur“
Die türkische Regierung hat mit einem neuen Gesetz ihre Kontrolle über die Onlinemedien verschärft. Das Parlament verabschiedete am Mittwochabend mit den Stimmen der regierenden AKP ein Gesetz, das der staatlichen Medienaufsicht das Recht gibt, Onlineangebote zu sperren, wenn sie gegen Gesetze verstoßen.
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Außerdem müssen türkische und internationale Onlinemedien künftig eine Lizenz vom Obersten Rat für Radio und Fernsehen (Radyo ve Televizyon Üst Kurulu, RTÜK) beantragen, um Ton- und Bildbeiträge verbreiten zu dürfen.
Die Opposition warf der Regierung vor, vor der Wahl im kommenden Jahr die Kontrolle über die Medien stärken zu wollen. „Da die Kommunal- und Parlamentswahlen näher rücken, zieht die Regierung die Schrauben an“, kritisierte der Abgeordnete Baris Yarkadas von der oppositionellen CHP im Kurzmitteilungsdienst Twitter. Die neue Regelung sei „schändlichste Zensur“ und solle der Opposition „den Raum zum Atmen“ nehmen.
„Dieselbe Liga wie Nordkorea“
Der Abgeordnete Garo Paylan von der prokurdischen HDP warnte, die Türkei drohe zu einem „vollständig geschlossenen Land“ zu werden und in Sachen Pressefreiheit in „dieselbe Liga wie Nordkorea“ abzurutschen. Es drohe eine Sperrung von Wikipedia, Netflix und YouTube, wenn dort Präsident Recep Tayyip Erdogan kritisiert werde, sagte Paylan der Nachrichtenagentur AFP. Das Onlinelexikon Wikipedia ist bereits seit April 2017 in der Türkei blockiert.
Nationale Sicherheit und „ethische Werte“
Die RTÜK beschreibt sich selbst als unabhängige Institution, deren neun Mitglieder vom Parlament gemäß dem Kräfteverhältnis der Parteien gewählt würden. Kommunikationsminister Ahmet Arslan bestritt bei der Vorstellung des Gesetzesentwurfs im Februar jegliche Zensur in der Türkei. Es sei aber notwendig, gegen Sender vorzugehen, die gegen die nationale Sicherheit oder die „ethischen Werte“ des Landes verstießen, sagte er.
Viele türkische Medien sind in den vergangenen Jahren ins Internet ausgewichen, da es schwieriger geworden ist, Zeitungen zu veröffentlichen und Sendefrequenzen zu erhalten. Kritiker werfen der Regierung schon lange vor, die Pressefreiheit einzuschränken. Besonders nach dem Putschversuch von Juli 2016 wurden zahlreiche Medien geschlossen und kritische Journalisten unter Terrorvorwürfen festgenommen.
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