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Ablösung bis Jahresende

Die Kur im klassischen Sinn „wird es nicht mehr geben“, sie wird bis Ende des Jahres abgelöst durch die „Gesundheitsvorsorge Aktiv“ (GVA). Das sagte der Obmann der Pensionsversicherungsanstalt (PVA), Manfred Anderle, in einem Interview am Freitag. Die Maßnahme ist Teil der Pläne zur Anhebung des faktischen Pensionsantrittsalters.

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Die Debatte über die Kur wurde 2015 neu entfacht. Damals bezeichnete der damalige Chef des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger, Peter McDonald, die Kur als „Quasi-Urlaub“ und forderte eine Modernisierung des Systems. Das Imageproblem der Kur sei auch einer der Gründe für die Reform gewesen, jedoch nicht der Hauptgrund, so Anderle im Ö1-Morgenjournal - Audio dazu in oe1.ORF.at.

Die Kur habe jahrzehntelang gleich ausgesehen, so der PVA-Chef - man müssen sich „natürlich nach neuen Kenntnissen richten“. Genau das sei jetzt beschlossen worden, so Anderle. Schon rund um McDonalds Äußerungen waren Pläne für die GVA bekannt. In einer Pilotphase wurde die Maßnahme getestet. 2016 nahmen bereits 15.000 Menschen an der GVA teil - gegenüber 75.000 klassischen Kuren. Mittlerweile ist die Umstellung von der Kur zur GVA in vollem Gange.

Fokus auf Bewegung und Prävention

Bei der GVA soll der Fokus auf Bewegung und Prävention gelegt werden. Ziel sind die Erhaltung der Erwerbsfähigkeit und die Verlängerung der gesunden Lebensjahre. Es geht dabei vor allem um Erkrankungen des Bewegungs- und Stützapparates sowie um psychische Erkrankungen, die zu den häufigsten Gründen eines Kur- oder Rehaaufenthalts und auch von Frühpensionierungen zählen.

Dass die Kur früher ein „Ersatzurlaub“ gewesen sei, wies Anderle jedoch zurück: Das sei sie in keinen Fällen gewesen. Bewegungstherapien wurden bereits damals durchgeführt, allerdings nicht in dem Ausmaß, wie es die GVA vorsieht.

GVA kann aufgeteilt werden

Die GVA bietet Aktivtherapien und angepassten Sport als medizinische Basis, dazu kommen die Themen Ernährung und mentale Gesundheit. Sie besteht aus einem Basismodul und spezifischen Modulen mit individuellen Schwerpunktsetzungen. Wichtig ist Anderle auch der Präventionsgedanke. So wolle man bereits bei ersten Anzeichen von Burn-out oder schon bei leichten Abnützungen des Bewegungsapparates eingreifen.

Die GVA ist auch individueller gestaltbar als die bisherige Kur. Sie kann in einen Aufenthalt von zwei Wochen und einen von einer Woche - innerhalb von sechs Monaten - gesplittet werden, wovon man sich eine leichtere Vereinbarkeit mit dem Beruf erwartet. Als mögliche Gründe für eine Aufteilung nennt Anderle die Kinderbetreuung als alleinerziehender Elternteil - und die Anforderungen des Arbeitgebers.

Anzahl der Fälle soll gleich bleiben

Abseits der medizinischen Betreuung bleibt vieles jedoch gleich. Wie bei der bisherigen Kur gibt es weiterhin keinen Rechtsanspruch auf die GVA. Auch der Zugang soll nicht geändert werden, die Anzahl der Fälle soll im Vergleich zur Kur etwa gleich bleiben, so Anderle.

Im Vergleich zur Kur wird die neue GVA rund fünf Millionen Euro pro Jahr mehr kosten - bei einem Gesamtaufwand von etwa einer Milliarde Euro für Kur und Rehabilitation derzeit. Die Vertragspartner bleiben großteils unverändert, die Verträge wurden schon abgeschlossen. Rund 4.000 Kurbetten sind bereits für die GVA umgewandelt, die restlichen 2.000 sollen noch heuer folgen.

Anderle geht davon aus, dass sich die Umstellung auch finanziell rechnen wird. Der PVA-Obmann rechnet damit, dass es langfristig Einsparungen beim Pflegegeld, durch niedrigeren Medikamentenverbrauch sowie dadurch, dass Menschen länger im Arbeitsprozess bleiben können, geben wird.

NEOS-Kritik an „wirkungslosem System“

In einer Aussendung kritisierte NEOS die Pläne für die Umstellung. NEOS-Gesundheitssprecher Gerald Loacker sagte: „Eine Umbenennung ändert gar nichts an den Problemen mit der Kur. Auch mit dem nun ‚GVA‘ genannten dreiwöchigen Aufenthalt wird die Pensionsversicherungsanstalt keine nachhaltige Änderung von gesundheitsschädlichen Lebensgewohnheiten erzielen.“ Loacker forderte mehr Angebote im ambulanten Bereich: „Leiden wie Bluthochdruck, Bewegungsmangel und Übergewicht erfordern eine längerfristige Begleitung, keinen limitieren Aufenthalt in einem Kurort.“

Auch die wirtschaftliche Komponente der Reform wird von NEOS kritisiert. „Sowohl die Kurzentren im Eigentum der SV-Träger wie auch die privaten Kurzentren wollen weiterhin mit Versicherten gefüllt sein, damit die Millionen fließen. An eine Reform, mit der die Kurmillionen auf wirksame Weise zum Nutzen der Versicherten ausgegeben werden, denkt niemand ernsthaft“, so Loacker. Der Nutzen für die Träger und für die privaten Betreiber von Kurzentren stehe im Vordergrund.

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