Experte: Umsetzung „unwahrscheinlich“
Die Umsetzung des Minsker Abkommens zur Befriedung des Ukraine-Konflikts bleibt nach Ansicht eines Experten „unwahrscheinlich“. Der Sicherheitsforscher Alexander Dubowy sieht innerukrainische politische Konstellationen insbesondere angesichts des beginnenden Präsidentschafts- und Parlamentswahlkampfes als Hindernis.
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„Die im Minsker Abkommen von Kiew geforderten Schritte stoßen auf starken Widerstand innerhalb der politischen Klasse und sind derzeit nicht mehrheitsfähig“, sagte der Forscher mit Schwerpunkt Osteuropa und GUS-Raum von der Landesverteidigungsakademie und Universität Wien gegenüber der APA. Der schwelende Konflikt im Osten der Ukraine sichere „das labile innenpolitische Gleichgewicht und lenkt von den zahlreichen inneren Problemen ab“.
Fehlende politische Unterstützung
Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko sowie seine Partei Block Petro Poroschenko würden international die Minsker Abkommen unterstützen. Zugleich würden sie aber - mit Blick auf die Parlaments- und Präsidentschaftswahlen im Jahr 2019 - „die zur Erfüllung der Minsker Abkommen notwendigen Schritte auf ein Minimum reduzieren“.
Für den Koalitionspartner Volksfront hätten die Minsker Abkommen ihre Aufgabe erfüllt und die „heiße Phase“ des Donbass-Konflikts beendet. „Weitere in den Minsker Abkommen vorgesehenen Schritte, insbesondere die Verfassungsreform, finden bei der Volksfront keine nennenswerte Unterstützung. Diese Positionen werden von den anderen Parlamentsparteien weitgehend geteilt.“
Experte fordert Umsetzung vor Wahlen
Die Minsker Abkommen - sowohl in der Fassung vom September 2014 als auch in der Fassung vom Februar 2015 - „sind aus der Sicht Kiews das Ergebnis seiner militärischen De-facto-Niederlage“, so Dubowy. Kiew fordere nun die Umsetzung der Sicherheitsfragen der Minsker Abkommen, unter anderem der Kontrolle über die ukrainisch-russische Grenze, vor allen politischen Schritten wie die Verfassungsreform oder Wahlen im Donbass. „Das ukrainische Parlament dürfte in der gegenwärtigen Zusammensetzung der Umsetzung des politischen Parts der Minsker Abkommen nicht zustimmen“, so der Experte.
Im Gegensatz zu offiziellen Positionen der Ukraine, der USA sowie der EU sieht sich Russland andererseits nicht als Konfliktpartei, sondern als Teil des Konfliktlösungsprozesses. In keinem der insgesamt 25 Punkte der beiden Minsker Abkommen werde Russland direkt erwähnt. Für die Umsetzung sei aus der Sicht Moskaus deswegen Kiew verantwortlich.
Minsker Format als Kommunikationskanal
Russland spricht offiziell von einer moralischen Unterstützung für Donezk und Luhansk. „Inoffiziell gewährt Russland den beiden Volksrepubliken materielle Unterstützung in unterschiedlichen Bereichen.“ Geplant sei jedoch keine Integration der beiden Regionen in Russland. „Das Krim-Szenario“ sei nicht zu erwarten, so Dubowy.
„Moskau sieht mittlerweile die Minsker Abkommen als de facto nicht erfüllbar an und steht der Verknüpfung der schrittweisen Lockerung des Sanktionsregimes im Austausch für die Umsetzung der Minsker Abkommen ablehnend gegenüber.“ Nichtsdestoweniger dürfte Moskau weiterhin an den Minsker Abkommen festhalten: Das Minsker Format halte nämlich für Russland Kommunikationskanäle mit dem Westen aufrecht, so der Forscher.
In der Ostukraine kämpfen Soldaten der ukrainischen Regierung gegen prorussische Rebellen. Beide Seiten verstoßen immer wieder gegen die Vereinbarungen von Minsk, die 2015 unter Vermittlung Deutschlands und Frankreichs zustande gekommen waren. Diese sehen unter anderem einen Waffenstillstand und eine Entwaffnung der Rebellen vor. Die Ukraine und westliche Staaten werfen Russland vor, die Rebellen militärisch zu unterstützen. Moskau weist das entschieden zurück.
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