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Kurz will EU-Positionen vertreten

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) wird am Mittwoch den russischen Präsidenten Wladimir Putin im Kreml treffen. Er reiste bereits am Dienstag nach Moskau, die EU sei über die Reise informiert, hieß es aus dem Bundeskanzleramt (BKA). Trotz Sanktionen ist Österreich um eine Normalisierung der Beziehungen zu Russland bemüht.

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Bei dem Arbeitsgespräch sollen die bilateralen Beziehungen, das Verhältnis zwischen Russland und der EU, die Ukraine und Syrien thematisiert werden, hieß es aus dem Bundeskanzleramt. Kurz werde in Moskau die entsprechenden EU-Positionen vertreten, auch was die Sanktionen und die Umsetzung der Minsker Friedensabkommen, das die Lage im Kriegsgebiet in der Ostukraine beruhigen sollte, betrifft.

Kurz für „Ende des Blockdenkens“

Kurz bekennt sich zu den Sanktionen, hieß es weiter. „Zugleich brauchen wir aber ein Ende des Blockdenkens und eine Trendumkehr in unseren Beziehungen mit Russland.“ Der Besuch stehe „im Zeichen des Spannungsabbaus“, sagte ein Sprecher von Kurz gegenüber ORF.at.

Basilika in Moskau

Getty Images/WITGOAWAY

Eines von Moskaus Wahrzeichen: Die Basilius-Kathedrale nahe dem Regierungssitz

Gemäß Regierungsprogramm will sich die Bundesregierung dafür einsetzen, den Ukraine-Konflikt zu entschärfen und im Einklang mit den EU-Partnern die Sanktionen abzubauen. Kurz’ Regierungspartner FPÖ hat sich in der Vergangenheit immer wieder für eine Aufhebung der Sanktionen ausgesprochen, die die EU gegen Moskau wegen der völkerrechtswidrigen Annexion der ukrainischen Krim-Halbinsel und Unterstützung der Separatisten in der Ostukraine verhängt hat.

Die Haltung Österreichs in der Sanktionenfrage werde von Moskau durchaus geschätzt, erklärte der Russland-Experte Gerhard Mangott im Gespräch mit der APA. Die bilateralen Beziehungen zwischen Österreich und Russland bezeichnete er als sehr gut. Die FPÖ, die mit der Regierungspartei Geeintes Russland einen Kooperationsvertrag hat, spiele dabei keine bedeutende Rolle. Die prononcierte Russland-Politik der FPÖ sei „völlig einflusslos“, sagte er.

Kurz-Besuch in Moskau

Bundeskanzler Kurz wird am Mittwoch in Moskau von Präsident Putin zu einem Arbeitsgespräch empfangen. Es ist die erste Auslandsreise von Kurz in seiner Funktion als Kanzler außerhalb der EU.

Kreml: Handel und Energie Thema

Der Kreml selbst hatte am Montag auf seiner Website das Treffen zwischen Putin und Kurz angekündigt. Am vergangenen Donnerstag hatte Putin-Sprecher Dimitri Peskow noch ein wenig zurückhaltender lediglich diesbezügliche Pläne bestätigt. „Geplant ist die Erörterung des aktuellen Zustands und der Perspektiven der weiteren Entwicklung der bilateralen Beziehungen, insbesondere bei Fragen von Handel und Energie sowie auf kulturellem und humanitärem Gebiet“, heißt es in der Ankündigung.

Vladimir Putin

APA/AP/Pavel Golovkin

Präsident Wladimir Putin empfängt Sebastian Kurz inmitten des russischen Wahlkampfs

Zudem werde es zu einem Meinungsaustausch in Bezug auf aktuelle internationale und regionale Fragen kommen, erklärte der Kreml. Abgesehen von dem Treffen mit dem Bundeskanzler hat der Kreml auf seiner Website für die laufende Woche bisher keinen einzigen weiteren Termin des russischen Staatsoberhaupts angekündigt.

Kurz’ erste Reise außerhalb der EU

Die Reise von Kurz nach Moskau ist die erste in seiner Funktion als Bundeskanzler, die ihn außerhalb der EU führt. Die Reise soll auch der Vorbereitung des österreichischen EU-Ratsvorsitzes ab Juli dieses Jahres dienen.

„Russland ist für die EU ein wichtiger Gesprächspartner und Nachbar. Wir müssen daher im Dialog mit Russland bleiben“, so das Bundeskanzleramt. „Frieden in Europa ist nur mit und nicht gegen Russland möglich.“ Kurz’ Besuch fällt übrigens mit dem dritten Jahrestag der Ermordung des Oppositionspolitikers Boris Nemzow zusammen. Nemzow war am 27. Februar 2015 auf einer Brücke über der Moskwa erschossen worden.

Botschafter: „Ausgezeichnete Beziehung“

Dass Kurz’ erste Auslandsreise außerhalb des EU-Raums nach Russland führe, „zeigt ganz deutlich, wo unsere bilateralen Beziehungen stehen“, sagte der russische Botschafter in Wien, Dimitri Ljubinskij, im Gespräch mit der APA. „Wir haben ausgezeichnete Beziehungen mit allen politischen Parteien in Österreich“, sagte der Botschafter auf Kurz’ Koalitionspartner, die FPÖ, angesprochen.

Dass die FPÖ seit 2016 mit der Kreml-Partei Geeintes Russland einen Kooperationsvertrag hat, bezeichnete Ljubinskij als „normale interparteiliche Beziehungen“. Zudem sehe er „Bestrebungen“ der ÖVP-FPÖ-Regierung um die österreichisch-russischen Beziehungen. Diese entsprächen einer langjährigen Tradition.

Botschafter: Schwierige Beziehung zur EU

Die Beziehungen zwischen Russland und der EU bezeichnete der Botschafter dagegen als schwierig. Er glaube, dass Österreich hier seine Meinung klarmachen könne, „das schätzen wir“. Der Botschafter erwartet intensive Gespräche während des österreichischen EU-Ratsvorsitzes ab Juli.

„Wir rechnen natürlich mit der Aufhebung der Sanktionen und zumindest mit der Milderung der Sanktionen“, so Ljubinskij weiter. Aber er verstehe auch, dass das Zeit brauche und vom Konsens in der EU abhänge.

Zwar seien die wirtschaftlichen Beziehungen gedämpft worden - mit Österreich aber „nicht so drastisch wie mit anderen europäischen Ländern“, sagte Ljubinskij. Im Juni würden 50 Jahre russische Gaslieferungen nach Österreich gefeiert. Ob an diesen Feierlichkeiten von OMV und dem russischen Ölkonzern Gasprom in Wien auch Putin teilnimmt, wollte Ljubinskij mit Verweis auf die russische Präsidentschaftswahl am 18. März nicht bestätigen.

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