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Gelegenheit mit Symbolkraft

Mit dem „Brexit“, dem Austritt Großbritanniens aus der EU, bekommen die Briten ihre alten Reisepässe wieder - in überarbeiteter Form. Jedenfalls geht es zurück zum „ikonischen“ Blau.

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Laut britischen Medien, etwa am Freitag dem „Daily Telegraph“, bestätigte der zuständige Staatssekretär Brandon Lewis, dass der Pass wieder seine alte Farbe bekommt. Allerdings werde er technisch und in puncto Sicherheit stark überarbeitet, um Fälschungen schwieriger zu machen. Mit dem für 2019 geplanten „Brexit“ verschwindet natürlich nicht nur das dunkle Rot des EU-Passes, sondern auch alle Symbole der Union. Britische Pässe waren ab dem Jahr 1921 blau, 1988 wurden sie durch die bordeauxroten Reisedokumente ersetzt. Das nun anstehende Neudesign soll an die 490 Mio. Pfund (knapp 552 Mio. Euro) kosten.

Ein burgundroter und ein blauer britischer Pass auf einem Handout

APA/AFP/UK Passport Office

Nach fast 30 Jahren wird der britische Pass wieder blau

„Einzigartige Gelegenheit“

Europaskeptiker sähen das Redesign als eine gute Gelegenheit, die EU aus dem Pass zu verbannen und zum alten Blau mit goldener Schrift zurückzukehren. Auch Minister Lewis sieht das offenbar so: „Die EU zu verlassen gibt uns eine einzigartige Gelegenheit, unsere nationale Identität wiederherzustellen und einen neuen Weg für uns in der Welt einzuschlagen.“ Deshalb sei er erfreut, mitteilen zu können, dass der britische Reisepass nach dem EU-Austritt 2019 „zum ikonischen Blau- und Golddesign zurückkehrt“. Er werde außerdem eines der sichersten Reisedokumente weltweit sein.

„Nationale Identität zurück“

Der neue Pass soll ab 29. März 2018, dem „Brexit“-Stichtag, gelten. In einer Übergangszeit würden auch noch bordeauxrote Pässe ausgestellt, so lange, bis der Vertrag mit dem bisherigen Hersteller im Oktober 2019 auslaufe. Lewis hätte gewollt, dass die neuen Pässe zur Gänze in Großbritannien hergestellt werden. Zum Teil werden sie aber auch im Ausland produziert. Nur die Sicherheitsmerkmale sind rein britisch.

Der „Telegraph“ verwies etwa auf große Freude beim früheren Vorsitzenden der rechtspopulistischen und EU-feindlichen UK Independence Party (UKIP), Nigel Farage. Er wünschte den Briten im Kurznachrichtendienst Twitter ein fröhliches „Brexmas“. Mit der Rückkehr zum blauen Pass bekämen „wir unsere Individualität und nationale Identität zurück“, hieß es in einem weiteren Tweet Farages.

„Durchgedrehte Nostalgie“

Ein Kommentar im „Telegraph“ fiel kritisch aus. Das Comeback des blauen Passes sei „durchgedrehte Nostalgie“, hieß es dort. Es gebe weit wichtigere Dinge, über die sich die Briten Gedanken machen sollten. „Ein Pass ist ein Pass.“ Die britischen Besitzer der Dokumente würden nach dem „Brexit“ das „sein, was sie immer waren: Reisende von einer kleinen Insel, die auf ein herzliches Willkommen“ in der weiten Welt hofften.

Stimmungsumschwung seit dem Referendum

Während der Verhandlungen der EU mit London zu den Formalitäten des „Brexit“ ist die Stimmung zuletzt laut Umfragen umgeschlagen. In einer von der Onlinezeitung Independent beim Meinungsforschungsinstitut BMG Research beauftragten Erhebung sprachen sich 51 Prozent der Befragten zuletzt für einen Verbleib in der EU aus. 41 Prozent waren weiterhin für den „Brexit“. Der Abstand zwischen Befürwortern und Gegnern war seit dem Referendum im Juni 2016 noch nie so groß wie aktuell.

Allerdings: Die Befragung hatte vor Bekanntgabe der Einigung von Premierministerin Theresa May mit Brüssel über Phase zwei der Verhandlungen stattgefunden. Sie sprach danach von „Fortschritten“ auf dem Weg zum Austritt. Die EU hatte zuerst über Kapitel zwei - etwa die künftigen bilateralen Handelsbeziehungen - gar nicht erst sprechen wollen, solange Grundsatzfragen, beispielsweise die britische Austrittsrechnung, nicht zumindest prinzipiell geklärt sind.

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