Lange interne Untersuchung
In Großbritannien haben Vorwürfe der sexuellen Belästigung Vizepremier und Kabinettschef Damian Green seinen Sessel gekostet. Er gab Mittwochabend seinen Rücktritt bekannt.
Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.
Gegen den Stellvertreter von Premierministerin Theresa May waren schon länger interne Untersuchungen gelaufen. Ein Grund war, dass ihn eine Journalistin beschuldigt hatte, sie sexuell belästigt und ihr eine Textnachricht geschickt zu haben. Green soll außerdem auf einem Computer in seinem Büro Tausende pornografische Bilder gespeichert haben. Die Vorwürfe beziehen sich auf die Jahre 2015 bzw. 2008.
Späte schriftliche Entschuldigung
Er bestritt beide Vorwürfe vehement. In einem Brief entschuldigte er sich nun. Er habe sich in seinen Stellungnahmen zu den Vorwürfen missverständlich ausgedrückt, so Green. May erklärte am Mittwoch in einem an ihren bisherigen Stellvertreter gerichteten Brief, sie bedaure den Rücktritt. Allerdings habe sie selbst ihn zum Rücktritt aufgefordert, hieß es. Eine mehrwöchige Untersuchung sei zu dem Schluss gekommen, dass Green „fehlerhafte“ Angaben zu den Anschuldigungen gegen ihn gemacht habe, teilte May mit.

AP/Kirsty Wigglesworth
May verliert erneut ein Kabinettsmitglied
Mit dem 61-Jährigen verliert die politisch angeschlagene May binnen kurzer Zeit das dritte Kabinettsmitglied und einen engen Vertrauten. Erst vor wenigen Wochen hatte Verteidigungsminister Michael Fallon wegen Belästigungsvorwürfen sein Amt aufgegeben. Entwicklungshilfeministerin Priti Patel musste im November zurücktreten, weil sie sich ohne vorherige Absprache im Urlaub in Israel mit Premierminister Benjamin Netanjahu getroffen hatte.
Green sprach von Hetzkampagne
Die Journalistin Kate Maltby hatte Kabinettschef Green beschuldigt, ihr während eines Pub-Besuchs 2015 aufs Knie gegriffen und 2016 eine anzügliche Nachricht geschickt zu haben. Daraufhin wurde eine interne Untersuchung eingeleitet. Dazu kam, dass ehemalige Polizisten berichteten, im Jahr 2008 sei auf einem von Greens Computern im Parlament pornografisches Material entdeckt worden.
Bis zuletzt hatte Green alle Vorwürfe vehement abgestritten. Per Kurznachrichtendienst Twitter bezeichnete er die Berichte über Pornografie auf seinem Rechner als politische Hetzkampagne. Einer der ehemaligen Polizisten habe schon zuvor versucht, ihn in Verruf zu bringen. Alle Behauptungen seien unwahr. Auch die Belästigungsvorwürfe wies Green zurück. Er sei enttäuscht, er habe gedacht, zu der Frau ein freundschaftliches Verhältnis zu haben.
Lange Freundschaft mit May
Der 61-jährige konservative Politiker Damian Green galt als engster Verbündeter Mays im britischen Kabinett. Die beiden blicken auf eine jahrzehntelange Freundschaft zurück. Sie lernten sich dem „Telegraph“ zufolge bereits in den 70er Jahren an der Universität Oxford kennen, wo May zusammen mit Greens späterer Ehefrau Geografie studierte. Greens politische Karriere begann Anfang der 90er Jahre unter dem ehemaligen Premierminister John Major. Seit 1997 sitzt er für den südostenglischen Wahlkreis Ashford im Parlament. 2010 machte die damalige Innenministerin May den Weggefährten zum Staatssekretär in ihrem Ministerium.
Der gebürtige Waliser besuchte eine Eliteschule in Reading östlich von London. Später studierte er in Oxford und war zeitweise Vorsitzender des renommierten Debattierklubs Oxford Union. Nach seinem Studium arbeitete Green zunächst als Journalist für die BBC und andere Medien. Green ist verheiratet und hat zwei Töchter.
Auf Seite der „Brexit“-Gegner
Vor dem „Brexit“-Referendum 2016 stellte sich Green deutlich auf die Seite der EU-Befürworter. Die Nähe zu May bescherte ihm einen Ministerposten, als sie dem zurückgetretenen Premierminister David Cameron nachfolgte. Nach der Schlappe bei der vorgezogenen Parlamentswahl im Sommer 2017 machte May dann Green zu ihrem Stellvertreter und zum Kabinettschef.
Link: