Themenüberblick

Pressefoyer in neuem Setting

Die erste Ministerratssitzung der ÖVP-FPÖ-Regierung hat Dienstagvormittag in neuem Setting stattgefunden. Erstmals trat dabei an der Seite von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) der neue Regierungssprecher Peter Launsky-Tieffenthal auf.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.

Er wird künftig rund um die Regierungssitzungen die Vorhaben und Beschlüsse der Regierung kommunizieren und präsentieren. Kurz und Strache stellten die ersten Beschlüsse des neuen Ministerrats am Dienstag aber noch selbst vor - allen voran das laut Kurz „erste zentrale Vorhaben“, kleinere Einkommen zu entlasten: ÖVP und FPÖ verständigten sich daher auf die Senkung der Arbeitslosenversicherung (ALV).

Regierungssprecher Peter Launsky-Tieffenthal

APA/Herbert Neubauer

Regierungssprecher Launsky-Tieffenthal sprach auf Deutsch und Englisch

Konkret sollen in einem ersten Schritt die Werte für den reduzierten Arbeitslosenversicherungsbeitrag bei niedrigem Einkommen bis zu einem Betrag von 1.948 Euro erhöht werden. Gleichzeitig sollen die Lohn- und Einkommensteuertarife angepasst werden, damit die Senkung der ALV-Beiträge nicht wechselseitig egalisiert wird.

Gedenkstätte in Maly Trostinec

Am 4. und 5. Jänner tritt die Regierung zu einer ersten Klausur zusammen, da soll die Senkung der Arbeitslosenversicherungsbeiträge im Detail behandelt werden. Zudem wurde die Errichtung einer Gedenkstätte in Maly Trostinec bei Minsk, wo 1941 und 1942 über 10.000 jüdische Österreicher ermordet wurden, beschlossen. Das sei „ein klares Bekenntnis zur historischen Verantwortung und Mitschuld Österreichs“, so Kurz.

Strache nannte als weitere Maßnahme 150.000 Euro an Hilfsgeldern für syrische Flüchtlinge in Jordanien. „Es ist mir ein besonderes Anliegen, dass wir damit insbesondere Frauen unterstützen, die Opfer sexueller oder geschlechtsspezifischer Gewalt wurden, sowie unbegleitete und von ihren Familien getrennte Kinder“, so die neue FPÖ-Außenministerin Karin Kneissl in einer Aussendung.

Man nehme die Entlastung der Menschen mit kleinen Einkommen ernst, kommentierte Strache in seinem Statement nach dem Ministerrat die geplante Senkung der Arbeitslosenversicherung. Im Anschluss an Straches Rede stellte Kurz Launsky-Tieffenthal der Öffentlichkeit vor. Der ehemalige Diplomat begrüßte die Medienvertreterinnen und -vertreter auf Deutsch und Englisch.

620.000 Menschen von ALV-Senkung betroffen

Mit der Senkung der Arbeitslosenversicherung werde auch der jüngst beschlossenen schrittweisen Anhebung des Mindestlohns auf 1.500 Euro Rechnung getragen, hieß es aus dem Ministerrat. „Wir sind heute schon in der Lage, für Leute mit geringen Einkommen erste Entlastungsschritte zu setzen“, so ÖVP-Finanzminister Hartwig Löger vor dem Ministerrat. Die Eckpunkte der Regelung würden „von meinem Haus in Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Finanzen ermittelt und sodann von mir ein entsprechender Gesetzesentwurf in den Ministerrat eingebracht werden“, hieß es dazu in einem Ministerratsvortrag der neuen Arbeits- und Sozialministerin Beate Hartinger (FPÖ).

Sitzung des Ministerrates

APA/Herbert Neubauer

Erstes Zusammentreffen der neuen Ministerinnen und Minister

Laut Löger sollen 620.000 Österreicherinnen und Österreicher von der Maßnahme betroffen sein und im Schnitt eine Entlastung von über 300 Euro erreicht werden. Die Senkung der Arbeitslosenversicherungsbeiträge soll frühestens am 1. Juli 2018 in Kraft treten.

Kurz: „Ausgezeichneter Kontakt“ zu Rom

Kurz und Strache waren zudem nach Kritik aus Italien in Sachen Doppelstaatsbürgerschaft für Südtiroler um Beruhigung bemüht. Man stehe in einem „ausgezeichneten Kontakt“ mit Rom und den italienischen Nachbarn, sagte Kurz auf eine entsprechende Journalistenfrage. Mit der Entscheidung, die Wiedererlangung der österreichischen Staatsbürgerschaft für Südtiroler ins Regierungsprogramm aufzunehmen, sei man einem Wunsch der Südtiroler nachgekommen.

Kneissl werde künftig an Ratssitzungen der EU-Außenminister teilnehmen, so Kurz auf eine Medienfrage. Den EU-Rat für Allgemeine Angelegenheiten (RAA) werde indes der neue Kanzleramtsminister Gernot Blümel, dem die EU-Agenden zugesprochen wurden, abdecken.

VfGH-Nachfolge noch nicht entschieden

Verständigt habe man sich auch auf ein einheitliches und gemeinsames Erscheinungsbild (Corporate Design) der Ministerien. Wie es aussehen wird, ist noch nicht bekannt. Als Regierungskoordinatoren seien Kanzleramtsminister Blümel auf ÖVP-Seite und Staatssekretär Hubert Fuchs auf FPÖ-Seite nominiert, hieß es auf Journalistennachfrage. Die beiden würden künftig die Koordination und „Spiegelung“ der Themen zwischen den Regierungsparteien übernehmen.

Vorerst offen blieb eine Personalentscheidung, die die Regierung eigentlich bis Jahresende treffen sollte: Ende des Monats scheidet Verfassungsgerichtshof-Präsident Gerhart Holzinger altersbedingt aus seiner Funktion aus. „Die Nachfolge ist noch nicht entschieden. Das ist eine Aufgabe, die auf uns zukommt“, so Kurz.

Neue Podeste wirkungslos

Änderungen gab es wie angekündigt beim Setting des Ministerrats, das Pressebriefung im Kongresssaal sieht künftig etwas anders aus. Die auftretenden Regierungsmitglieder und der Regierungssprecher wechseln beim Pressebriefing von der Stirnseite auf die Fensterseite und präsentieren ihre Ergebnisse dort - zumindest in der ersten Ministerratssitzung - vor einer großen weißen Wand und zahlreichen Fahnen: mehreren Österreich- und EU-Flaggen sowie den Flaggen der neun Bundesländer auf jeder Seite. Bei der Amtsübergabe von Christian Kern an Kurz diente dieser Rahmen bereits als Hintergrund.

Im Steinsaal des Bundeskanzleramts wurden zudem eigens Podeste für die Kameras und tontechnischen Einrichtungen - Doorsteps genannt - installiert, damit Kurzinterviews mit eintreffenden Regierungsmitgliedern organisiert und ohne Gedränge stattfinden könnten. Die Regierungsmannschaft der FPÖ wollte die neu installierte Möglichkeit für Kurzinterviews beim Eintreffen vor dem Ministerrat allerdings nicht nutzen.

FPÖ-Mannschaft beim Einzug wortkarg

Sie zog geschlossen schweigend an den Journalistinnen und Journalisten vorbei. Kneissl beantwortete die Bitte um ein Statement - etwa zur kritischen Haltung Israels gegenüber der FPÖ - mit den Worten „nein, danke schön“. Statements gab es vor dem Ministerrat von ÖVP-Ministern: Justizminister Josef Moser sagte, dass er nun in Sachen Staatsreform umgehend in die Tat umsetzen wolle, was er als Rechnungshof-Präsident aufgezeigt habe. Erstes Projekt werde eine Rechtsbereinigung. ÖVP-Finanzminister Löger kündigte bereits an, dass im Ministerrat die Senkung der Arbeitslosenversicherungsbeiträge für niedrige Einkommen beschlossen werden solle.

Die neue ÖVP-Staatssekretärin im Innenministerium, Karoline Edtstadler, sprach zum Beschluss der Gedenkstätte in Maly Trostinec. Die Gedenkstätte sei ein „Signal“ bereits im Vorfeld des Gedenkjahres. Eine folgende Journalistenfrage, ob sie nun die „Aufpasserin“ des blauen Innenministers Herbert Kickl sei, beantwortete sie nicht.

Links: