Viele Quereinsteiger
Die neue Regierung von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) ist angelobt. Neben Kurz sind nun sieben Minister und Ministerinnen der ÖVP im Amt, von FPÖ-Seite gehören dem Regierungsteam sechs Minister und Ministerinnen an. Zudem stellen beide Seiten eine Staatssekretärin bzw. einen Staatssekretär.
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Strache selbst wird sich um die Agenden Sport und Beamte kümmern. Das neue Regierungsteam fällt um einen Kopf größer aus als zuletzt das rot-schwarze Kabinett von Kanzler Christian Kern (SPÖ).
Das ÖVP-Team
Kurz setzt in seinem Team auf Gleichberechtigung und Quereinsteiger: „In meinem Team werden 50 Prozent Frauen sein, und zwei Drittel sind Experten“, sagte er. Allerdings stimmt das nur, wenn man Kurz selbst nicht mitrechnet.

APA/Roland Schlager
Kanzleramtsminister (EU, Medien, Kunst, Kultur): Gernot Blümel
Blümel (36) gilt als einer der engsten Vertrauten von Kurz. Seine Karriere startete der gebürtige Wiener, der in Niederösterreich aufwuchs, in der Jungen ÖVP, deren Internationaler Sekretär der graduierte Philosophie- und Wirtschaftsstudent ab 2006 war. Später wurde er Vizepräsident der Jungen Europäischen Volkspartei.
Ab Dezember 2013 wurde er, gefördert vom damaligen Vizekanzler Michael Spindelegger Generalsekretär und Mediensprecher der ÖVP. Blümel war damals für die ÖVP-Parteireform „Evolution ÖVP“ zuständig. Seit Oktober 2015 steht er als Obmann der Wiener Volkspartei vor - mehr dazu in wien.ORF.at.

APA/Harald Schneider
Finanzminister: Hartwig Löger
Der in Selzthal (Steiermark) geborene Löger (52), startete seine Karriere bei einem Maklerunternehmen in Wien und absolvierte Universitätslehrgänge an der WU Wien und der Universität St. Gallen. Er stieg vom Verkaufsleiter der Allianz Versicherung in der Steiermark in die Geschäftsführung der Uniqa auf. Seit 2013 trägt er dort als Vorstandsvorsitzender die Gesamtverantwortung für rund 5.000 Mitarbeiter.
2014 löste Löger den Wirtschaftsbund-Generalsekretär Peter Haubner als Präsident des ÖVP-nahen Breitensport-Dachverbandes Sportunion ab - andere politische Funktionen hatte er bisher nicht inne. Er gilt als große Überraschung, auch im Vorfeld war sein Name nie ins Spiel gebracht worden.

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Wirtschaftsministerin: Margarete Schramböck
Die Tiroler IT-Expertin Schramböck (47) promovierte an der Wirtschaftsuniversität Wien zur Doktorin der Betriebswirtschaftslehre. Sie war in Führungsfunktionen bei den Unternehmen Alcatel, NextiraOne und DimensionData tätig. Im Mai 2016 wurde sie als Chefin der A1 Telekom Austria bestellt, wo sie im Oktober 2017 nach Konflikten mit Konzernchef Alejandro Plater, der Vertreter des Mehrheitseigentümers America Movil ist, ausschied. Sie gilt als Vertraute der niederösterreichischen Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP). Auch ihr Name war in den Spekulationen für Ministerämter praktisch nicht aufgetaucht.

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Minister für Bildung und Wissenschaft: Heinz Faßmann
Der in Düsseldorf (Deutschland) geborene Faßmann (62) absolvierte das Studium der Geografie und Wirtschafts- und Sozialgeschichte an der Universität Wien. Von 1996 bis 2000 forschte und lehrte er an der Technischen Universität München, bevor er nach Wien zurückkehrte. Hier ist er seit 2000 als Professor für Angewandte Geografie, Raumforschung und Raumordnung tätig. Seit 2011 ist er Vizerektor der Uni Wien.
Als Vorsitzender des Expertenrates für Integration und als Mitglied des Migrationsrates für Österreich trat er seit 2010 als Politikberater für Innen- und Außenministerium in Erscheinung. Als solcher plädierte er etwa dafür, Eltern, die Kinder am Schulbesuch hindern, mit Sanktionen zu versehen und Lehrerinnen das Kopftuch zu verbieten.

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Ministerin für Frauen, Familie, Jugend: Juliane Bogner-Strauß
Bogner-Strauß (46) stammt aus der Steiermark und ist promovierte Chemikerin in den Bereichen Molekularbiologie und Genomik. Nach Forschungsaufenthalten in den Niederlanden und den USA ist die dreifache Mutter seit 2014 an der TU Graz tätig, seit 2016 als stellvertretende Institutsleiterin am Institut für Biochemie.
Im Sommer 2017 präsentierte sie der steirische Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer (ÖVP) als Überraschungskandidatin für den dritten Platz der ÖVP-Landesliste, im November zog sie in den Nationalrat ein. Im Wahlkampf sprach sie sich für Studiengebühren und Zugangsbeschränkungen aus.

APA/Hans Punz
Minister für Justiz und Staatsreform: Josef Moser
Der parteifreie Moser (62) - geboren in Osttirol, aufgewachsen in Kärnten - schloss sein Jusstudium in Wien ab und arbeitete ab 1981 in der Finanzlandesdirektion Kärnten. 1991 wurde er Büroleiter Jörg Haiders, von 1992 bis 2002 saß er als FPÖ-Klubdirektor im Nationalrat, 2003 wurde er Generaldirektor der Eisenbahn Hochleistungsstrecken AG. 2004 bis 2016 war Moser Präsident des Rechnungshofes.
Dort lieferte er einen systematischen Katalog mit 599 Reformvorschlägen ab, zu seinem Abschied hinterließ er außerdem ein Positionspapier mit 1.007 Empfehlungen. Seit Oktober 2016 ist er Präsident des industrienahen Wirtschaftsforschungsinstituts EcoAustria. Bei der Nationalratswahl kandidierte er als Quereinsteiger auf dem dritten Platz der ÖVP und galt eigentlich als Kandidat für den Posten des Finanzministers. Dem Vernehmen nach legten sich da aber einige ÖVP-Länder quer. Mit Spannung darf erwartet werden, welchen Stellenwert seine Zusatzfunktion in Sachen Staatsreform erhält.

ORF.at/Roland Winkler
Ministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus: Elisabeth Köstinger
Köstinger (39) engagierte sich früh bei der Landjugend in ihrem Heimatbundesland Kärnten, 2002 bis 2006 fungierte sie als Bundesleiterin des Vereins. Ihr 2003 in Klagenfurt begonnenes Studium der Publizistik sowie der Kulturwissenschaften hat sie nicht abgeschlossen. 2007 bis 2012 stand sie der Jungbauernschaft als Bundesobfrau vor. Dass sie die Landwirtschaftsagenden übernehmen könnte, war damit bereits im Vorfeld naheliegend.
Ab 2009 war Köstinger Mitglied des Europäischen Parlaments, von 2011 bis 2017 fungierte sie als Parlamentarische Geschäftsführerin und stellvertretende ÖVP-Delegationsleiterin und war zusätzlich ab 2014 eine der Stellvertreterinnen des damaligen ÖVP-Bundesparteiobmanns Reinhold Mitterlehner. Als langjährige Kurz-Vertraute kandidierte sie bei der Nationalratswahl als Listenzweite, am 9. November übernahm sie das Amt der Nationalratspräsidentin, das sie nun wieder abgibt.

APA/Neue Volkspartei/Jakob Glaser
Staatssekretärin im Innenministerium: Karoline Edtstadler
Edtstadler (36) absolvierte das Studium der Rechtswissenschaften in ihrer Geburtsstadt Salzburg. Dort wurde sie 2008 auch Strafrichterin am Landesgericht. 2011 wechselte sie ins Justizministerium in die Sektion Straflegistik. 2014 wechselte Edtstadler als persönliche Referentin ins Kabinett von Justizminister Wolfgang Brandstetter (ÖVP).
Danach wurde sie Oberstaatsanwältin in der Korruptionsstaatsanwaltschaft, ehe sie im Vorjahr als juristische Mitarbeiterin zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg zog - mehr dazu in salzburg.ORF.at.
Das neue Kabinett
Die ÖVP stellt den Bundeskanzler, sieben Minister und eine Staatssekretärin; die FPÖ den Vizekanzler, besetzt sechs Ministerien und nominiert einen Staatssekretär.
Das FPÖ-Team
Anders als bei der ÖVP gab es im Regierungsteam der FPÖ keine großen Überraschungen mehr. Alle Namen wurden seit Tagen - manche gar schon seit Wochen - kolportiert.

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Innenminister: Herbert Kickl
Der Kärntner Kickl (49) ist seit Jahren Mitglied im engsten Führungszirkel der FPÖ. Vom Mitarbeiter der Parteiakademie (1995 bis 2001) stieg er zum stellvertretenden Geschäftsführer auf. Er fungierte als Redenschreiber für Jörg Haider, bis er nach der Knittelfelder Parteispaltung 2006 zu einem der schärfsten Kritiker des BZÖ-Gründers Haider wurde.
Kickl war 2002 bis 2006 Geschäftsführer der FPÖ-Akademie. Seit 2005 ist er Generalsekretär der Partei, seit 2006 Nationalratsabgeordneter. Er gilt als Chefstratege der FPÖ.

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Außenministerin: Karin Kneissl
Die von der FPÖ nominierte parteiunabhängige Kneissl (52) folgt dem künftigen Bundeskanzler Sebastian Kurz als Außenministerin nach. Als Tochter eines Piloten wuchs die Wienerin teilweise in Jordanien auf. Sie studierte Jus und Arabistik in Wien, Jerusalem, Washington und Amman. Zudem absolvierte sie die zweijährige Ausbildung an der Ecole nationale d’administration in Straßburg, die als Kaderschmiede der französischen Politelite gilt.
1990 trat sie in den diplomatischen Dienst, 1993 stieß sie ins Kabinett des damaligen Außenministers Alois Mock (ÖVP), wechselte dann aber ins Völkerrechtsbüro und auf Auslandsposten in Paris und Madrid. 1998 kehrte sie der Diplomatie den Rücken und startete eine Karriere als Publizistin. Von 2005 bis 2010 saß sie als parteifreie Kandidatin für die ÖVP im Wiener Gemeinderat. Immer wieder ließ sie in der Vergangenheit mit umstrittenen Aussagen aufhorchen, etwa zur Flüchtlingskrise.

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Verteidigungsminister: Mario Kunasek
Der ausgebildete Kfz-Mechaniker Kunasek (41) ist Stabsunteroffizier des Bundesheeres. Er gehört dem rechten Flügel der FPÖ an und publizierte Texte im rechtsextremen Magazin „Aula“. Über den Ring Freiheitlicher Jugend startete er seine Parteikarriere, 2007 wurde er zum Landesparteisekretär der steirischen FPÖ sowie zum Obmann des Bezirks Graz-Umgebung gewählt.
Von 2008 bis 2015 saß er als Abgeordneter im Nationalrat, dabei unter anderem im Landesverteidigungsausschuss. Nach der steirischen Landtagswahl 2015, bei der er als FPÖ-Spitzenkandidat ins Rennen ging, wurde er Klubobmann der Freiheitlichen im Landtag.

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Infrastruktur- und Verkehrsminister: Norbert Hofer
Der Burgenländer Hofer (46) ist gelernter Flugzeugtechniker und unterlag im Vorjahr in der Stichwahl um das Präsidentenamt nur knapp dem von den Grünen unterstützten Kandidaten Alexander Van der Bellen. Hofer ist Mitglied der Burschenschaft Marko-Germania Pinkafeld und stieg vom Stadtparteiobmann (ab 1995) in Eisenstadt zuerst zum Landesparteisekretär im Burgenland und 2005 zum stellvertretenden Bundesparteiobmann der FPÖ auf.
Seit 2006 ist der nach einem Paragleitunfall mit einer Gehbehinderung lebende Hofer Nationalratsabgeordneter und FPÖ-Behindertensprecher. Im Oktober 2013 wurde er zum dritten Nationalratspräsidenten - mehr dazu in burgenland.ORF.at.

APA/Robert Newald
Sozial- und Gesundheitsministerin: Beate Hartinger
Die Steirerin Hartinger (58) ist graduierte Wirtschaftswissenschaftlerin und war unter anderem als leitende Controllerin bei der Steiermärkischen Krankenanstalten GmbH, als Senior Consultant bei der Vamed und in leitender Funktion bei Deloitte tätig. Von 1996 bis 1999 war sie Mitglied des steirischen Landtags, von 1999 bis 2003 FPÖ-Abgeordnete im Nationalrat.
2003 gelang ihr im zweiten Anlauf der Sprung in die Geschäftsführung des Hauptverbands der Sozialversicherungsträger, wo sie bis 2009 blieb. Für Aufsehen sorgte sie mit ihrer Kritik an zu häufigen Operationen, was ihr eine Verleumdungsklage der steirischen Ärztekammer einbrachte. Im Anschluss war sie zwei Jahre in leitender Funktion des Consultingunternehmens Deloitte angestellt, seit 2011 ist sie selbstständig.

APA/Helmut Fohringer
Staatssekretär im Finanzministerium: Hubert Fuchs
Der in St. Johann im Pongau (Salzburg) geborene Fuchs (48) hat ein Betriebswirtschaftsstudium in Wien und ein Jusstudium in Salzburg jeweils mit Doktorgrad abgeschlossen. Zudem ist er seit etlichen Jahren in der Kammer der Wirtschaftstreuhänder standespolitisch tätig. Seit 2013 sitzt er für die FPÖ im Nationalrat, nebenher übt er weiter seinen Beruf als Steuerberater aus. Das letzte Steuerreformkonzept der Freiheitlichen hat Fuchs führend mit erarbeitet - mehr dazu in salzburg.ORF.at.
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