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Hamills Hadern mit dem animierten Tod

In Teil zwei des Gesprächs von ORF.at mit Luke-Skywalker-Darsteller und „Star Wars“-Held Mark Hamill spricht er über seinen Legendenstatus, über die Prinzen Harry und William am Set und über sein Leben abseits der Filmreihe.

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ORF.at: Hat Luke Skywalkers ikonischer Status Ihre Karriere zeitweise überschattet?

Hamill: Wenn man eine Rolle spielt, dann ist man voll in ihr drin und denkt an nichts anderes. Wenn mich die Leute also fragen: ‚Ist es nicht schlimm, dass man sich nur mit einer einzigen Rolle, als Luke, an Sie erinnern wird?‘, antworte ich: ‚Also bitte - ich hätte niemals erwartet, dass man sich überhaupt an mich erinnert!‘ Das ist also eine Win-win-Situation für mich. Und überhaupt: Ich werde lieber mit einer positiven, optimistischen Figur wie Luke assoziiert als mit einem Unhold.

Stellen sie sich vor, ich wäre berühmt dafür, Charles Manson zu spielen. Steve Railsback hat ihn so überzeugend gespielt, es hat seiner Karriere durchaus geschadet. Oder schlimmer noch: als bester Adolf-Hitler-Darsteller in die Geschichte einzugehen. Aber lassen wir das: Ich verspreche, nicht über Hitler zu sprechen, wenn Sie nicht über Trump sprechen.

Szene aus "Star Wars: Die letzten Jedi"

2017 Lucasfilm Ltd.

Zwei wie Pech und Schwefel: Luke mit Lichtschwert. Hamill hadert nicht mit seiner Rolle als ewiger Luke. Der sei ein positiver Charakter und inspiriere die Fans: „Manche nennen ihre Kinder nach ihm, anderen hilft er durch Krebstherapie.“

Ich wollte nur einen Job im Showbusiness. Ich hätte auch als Kameramann oder Koch gearbeitet. Ich wollte nicht unbedingt in der Show sein, aber nahe der Show. Das ist wie ein Glücksspiel. Wie Monopoly, wo du hoffst, auf ein gutes Feld zu kommen und nicht im Gefängnis zu landen. Ich war anfangs nicht so entspannt. Wie üblich war es Carrie, die die Richtung vorgab. Es war in den frühen Neunzigern. Da zeigte ich ihr eine Kritik, die mich irritierte. Als ich am Broadway Mozart spielte, schrieben Medien: „Mark Hamill - Luke Skywalker - als Mozart.“ Muss man das wirklich in eine Kritik reinschreiben? Und Carrie sagte nur: Was ist dein Problem? Ich bin Prinzession Leia! Sie trug das Etikett mit Stolz und hatte es internalisiert. Sie machte es sich perfekt zunutze. Ich dachte: Da kann ich mir eine Scheibe abschneiden.

Außerdem ist Luke in jedem Film anders. Er wandelt sich vom kleinen Bauernjungen zum bewunderten Jedi. In „The last Jedi“ erfindet er sich wieder völlig neu. Die Story von James Bond endet ja auch nicht damit, dass erzählt wird, wie er zu 007 wird. Ich schwimme mit dem Strom. Man kann dagegen arbeiten oder es willkommen heißen. Der Umstand, dass ich noch dabei bin und die Leute etwas sehen wollen, das mit mir assoziiert wird, das freut mich. Wenn ich auch das Gefühl habe, dass die Welt total verrückt geworden ist.

ORF.at: Carrie war für Sie eine Stütze?

Hamill: Sie gab mir immer ein Gefühl der Geborgenheit. Als sie uns in einen Raum brachten, um uns das Geheimnis von Luke and Leia mitzuteilen - dass sie Bruder und Schwester sind, was sie nicht ins Skript schrieben-, fragte ich nach: Macht mich das nun auch zum Royal? Sie schrie sofort: Nein! Ich war ihr in die Quere gekommen. Sie war fast das einzige Mädchen im Film und sie liebte es, Prinzessin zu sein. Sie hat sich damit voll identifiziert. Klar, sie war Hollywood-Adel. Mein Vater war in der Navy. Ich kannte keinen Menschen im Showgeschäft.

Szene aus "Star Wars: Die letzten Jedi"

2017 Lucasfilm Ltd.

Hamill (Luke Skywalker) und Daisy Ridley (Rey) am Set vor Skellig Island in „Star Wars: Die letzten Jedi“

Ich war einmal zu einer Party in Carries Haus eingeladen, und alle außer mir waren Kinder von Stars, von Dean Martin, Jerry Lewis etc. Das war für mich eine Welt voller Aliens. Ich befand mich in Bel-Air und hatte das Gefühl, das sieht aus wie eine ausländische Autohandelsfirma. Vor dem Haus parkten nur Lamborghinis und Maseratis. Ich parkte meinen Mazda einen Block weiter und ging zu Fuß.

Die Geschichte fand kürzlich eine Fortsetzung: Prinz Harry und Prinz William kamen vergangenes Jahr ans Set. Es gab genaue Anweisungen, wie wir mit den Hoheiten kommunizieren durften. Frage nichts, was eine detaillierte Antwort erfordert, war eine dieser Regeln. Ich aber konnte mir diese einmalige Gelegenheit nicht entgehen lassen: „Eure Hoheit. Lord Vader, Königin Amidala, Prinzessin Leia: Ist Luke nicht gleichfalls ein Royal?“ Prinz William sagte: „Absolut!“ Prinz Harry sagte, dazu brauche er mehr Informationen.

Fragt sich immer noch, wie die Prinzessin in einem Palast aufwachsen konnte und der arme Luke auf einer Feuchtfarm. Schicksal! Kurz: Wenn man so was nicht genießen kann, ist man im falschen Geschäft. Zumindest hatten wir die Originalband zusammen, wenn auch nur für kurze Zeit. Ich habe auch einige Ideen gehabt und vorgeschlagen, natürlich ohne dass eine genommen wurde. Die Öffentlichkeit ist unerbittlich in ihrem Urteil. O. k., sie mochten „Die dunkle Bedrohung“ nicht. Aber es hat nicht ihre Jugend zerstört, oder? Man sollte doch die Kirche im Dorf lassen.

Das macht jedenfalls Angst an einem Comeback. Wird man ruinieren, was war? Ich dachte, falls ich kalte Füße kriege, kann ich es auf Harrison Ford schieben. Der macht das doch niemals. Er ist viel zu reich und zu schrullig. Doch dann die Überraschung: Oh Gott. Harrison hat für „Das Erwachen der Macht“ unterschrieben. Jetzt blieb mir nichts übrig, als zuzusagen. Carrie hat schon gesagt, sie macht mit. Nun auch noch Harrison. Wenn ich der Einzige bin, der nicht mitmacht, bin ich der meistgehasste Mensch im „Star Wars“-Universum. Dann geht es mir wie in Frankenstein. Sie werden mein Haus umstellen mit Lichtschwertern statt Heugabeln. Also war ich gezwungen. Und hier bin ich.

Szene aus "Star Wars: Die letzten Jedi"

2017 Lucasfilm Ltd.

Regisseur Rian Johnson und Carrie Fisher (Leia) am Set von „Star Wars: Die letzten Jedi“. Für Hamill ein großer Verlust der „Star Wars“-Familie: „Eine wahre Popkulturprinzessin, die für immer unersetzlich bleiben wird.“

ORF.at: ist es schwer für Sie, Carrie Fisher nicht mehr an Bord zu wissen?

Hamill: Ich kann es immer noch nicht glauben. Ich will immer noch glauben, das ist ein enormer Streich, und sie sitzt irgendwo auf einer Insel in Griechenland und lacht uns aus. Sie ist unersetzlich, und es fühlt sich so endgültig an: wie eine Band, die nie wieder zusammen spielen wird mit den Originalmitgliedern. Nun erhält der neue „Star Wars“-Film einen Trauerflor, den er nicht verdient. Carrie ist Teil der Popkulturfamilie. Die ganze Welt trauert. Wir teilen das alle. In „Star Wars“ geht es ja um Tragödie und Triumph.

Sie ist wundervoll im Film, aber es fügt allem ein Element hinzu, das ist für mich doch schwierig. Wenn Carrie dabei war, war alles leichter, sie hat am Set ihre Späße gemacht, und im Flugzeug hat sie einem damit die Zeit verkürzt. All diese Interviewreisen waren mit ihr viel leichter zu absolvieren. Wir waren Vertraute. Dann denke ich wieder, wie egoistisch ich bin. Ihre Tochter hat die Mutter und Großmutter innerhalb weniger Tag verloren. Die sind die echten Leidtragenden.

Die Entscheidung, Carrie nicht im Film im Computer zu animieren, nichts mit CGI zu machen, finde ich richtig. Denn so etwas wirft ethische Fragen auf. Irgendwann wird das vielleicht so fotorealistisch von der Technik her, dass man John-Wayne-Filme oder Bob-Hope-Filme neu machen kann. Ich habe schon gehört, wie meine Kinder darüber gesprochen haben, dass man mich nach meinem Tod als CGI-Figur wieder auferstehen lassen könnte. Kinder, rief ich, ich bin hier im Zimmer, ich kann euch hören!