Der letzte Jedi im Interview
Er ist wieder da: Als Luke Skywalker in der „Star Wars“-Saga wurde er zur Kultfigur. Jetzt kehrt er mit der Rolle seines Lebens ins Kino zurück: ORF.at traf Mark Hamill in Berlin zum Gespräch über die Tücken des Comebacks, seinen Karrierestart als Alien im Hollywood-Adel, Popkulturprinzessin Carrie Fisher, die Prinzen William und Harry am Set und die Macht der „Star Wars“-Fans.
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ORF.at: Willkommen in Berlin, Mr. Hamill. Sie scheinen das Brimborium rund um „Star Wars“ geradezu zu genießen.
Mark Hamill: Machen Sie Witze? Ich liebe es! „Star Wars“ ist unverwüstlich. Es ist auch nach all den Jahren immer noch überraschend für mich, wie viel Leidenschaft die Leute für das Phänomen entwickeln. Nicht jeder. Manche gehen in den Film und machen weiter wie bisher. Die sagen, das gibt mir nichts. Aber die, denen es etwas gibt, sind so voller Leidenschaft für „Star Wars“, es ist unglaublich. Die Langlebigkeit dieses Phänomens ist für mich heute noch überraschend. Ich dachte, das wird für mich einmal eine schöne Erinnerung sein, es wird etwas kommen, was das überstrahlt. Aber das Phänomen ist über Dekaden lebendig geblieben, für so viele Generationen.
ORF.at: Wie fühlt es sich nach einigen entsprechenden Auszeichnungen an, offiziellen Ikonen-Status errungen zu haben?
Hamill: Eine Ikone - ich kann es selbst kaum glauben! Ich hätte meine Dankesrede bei den GQ Awards als Ikone eigentlich so anfangen müssen: Sind Sie kollektiv verrückt geworden? Ich gehöre dermaßen nicht auf das Cover eines Modemagazins! Ich kann kaum das Haus verlassen, ohne dass meine Tochter mich verwarnt und mit den Augen rollt wegen meines Kleidungsstils. Mir macht das ganze Theater einfach Spaß. Es war alles völlig unerwartet. Wenn du in deinen Zwanzigern bist, sagst du dir: Ich mach das sicher nicht mehr, wenn ich 50 bin, und schon gar nicht bis zum Sechziger.
Aber für so lange Zeit das tun zu dürfen, was ich immer wollte, nämlich die Schauspielerei zu pflegen, das ist schon ungemein befriedigend. Für mich zählt dazu nicht nur „Star Wars“. Auch am Broadway aufzutreten gibt mir viel, oder die Synchronisation in Cartoons zu machen. Letzteres sind hochspannende Rollen, die du nie vor der Kamera bekommst, denn die die werden mit den Ohren gecastet, nicht mit den Augen, das begeistert mich heute noch.

2017 Lucasfilm Ltd.
Hamill am Podium bei den Feierlichkeiten zum heurigen 40-Jahr-Jubiläum „Star Wars Celebration“: „Star Wars: Die letzten Jedi“ in Orlando, Florida. Daneben: Kelly Marie Tran, John Boyega, Daisy Ridley, Rian Johnson, Kathleen Kennedy und Josh Gad
Bei Disney haben sie mir den Legenden-Award gegeben. Meine Kids haben gesagt: Siehst du Papa, jetzt hast du tatsächlich ein echtes, physisches Objekt in Händen, das beweist, dass du wirklich eine Legende bist. Nicht nur deiner eigenen Meinung nach. Meine Kinder haben meinen Sinn für Humor geerbt, wie Sie sehen.
ORF.at: Was haben Sie gesagt, als das Angebot für diesen Film kam?
Hamill: George Lucas hatte uns 2012 zu einem Gespräch geladen, um uns ein Angebot zu machen. Ich dachte, es ginge dabei um eine Doku oder ein DVD-Projekt, oder irgendetwas mit Promotion. Doch zu meiner Überraschung kündigte er an, eine neue Trilogie machen zu wollen. Äußerlich hatte ich ein Pokerface, innerlich schrie ich: Juhuuuuuu! Leider sagte Carrie nach nicht mal zehn Sekunden: Ich bin dabei! Als ich sie ermahnte, doch zum Schein ein Pokerface zu wahren, sagte sie nur: Wie viele Chancen bekommen Frauen über 50 in Hollywood? Damit hatte sie natürlich recht.

2017 Lucasfilm Ltd.
Altes und neues „Star Wars“-Personal: Daisy Ridley (Rey) und Hamill (Luke Skywalker) in „Star Wars: Die letzten Jedi“
Bei mir mischte sich in die Freude dennoch jede Menge Angst. „Star Wars“ ist ein derart hochgradig prominentes Projekt, da hat man eine Menge Druck. Als ich mit dem Regisseur Rian Johnson zusammentraf, gestand ich ihm: Ich habe Panik. Er antwortete nur: Ich auch. Dass ein Regisseur das zugibt, ist ungewöhnlich. Da stehen gigantische Kameras rum, die Großaufnahmen von dir in Billboard-Größe machen. Und du kannst daran im Nachhinein nichts mehr ändern. Ich sagte zu Rian also, ich würde den ganzen Dreh über so tun, als wäre es ein Art House-Projekt, das die Kritiker lieben, aber kein Publikum hat, sonst hätte ich zu viel Angst gehabt.
Nathan, mein Ältester, ist ein riesengroßer „Star Wars“-Fan, der viel mehr darüber weiß als ich. Ich schau mir ja die Filme nicht mehr an. Das tat ich nur, als sie im Kino waren, sicher nicht zu Hause. Aber er liest alle „Star Wars“-Insiders, er las die Bücher, spielte die Spiele. Er ist meine Recherchequelle, wenn mir irgendein Name von einem Nebendroiden nicht mehr einfällt. Er kennt jeden einzelnen. Wer erinnert sich schon an jedes Detail? Aber die Fans wissen viel mehr als ich.
Man wird sehr berührt, wenn man vor einer Menge von 2.000 Enthusiasten steht und dir die Fans erzählen, wie sehr der Film ihr Leben beeinflusst. Einer hat seine Frau kennengelernt bei „Das Imperium schlägt zurück“. Andere nennen ihren Sohn Luke. Wieder andere wissen wahre Heldengeschichten zu erzählen, manchen hilft es durch eine Krebstherapie.
ORF.at: Macht das auch Angst?
Hamill: Nein, aber man unterschätzt den Impact. Einen Satz dürfen sie vor einer größeren Menge fanatischer Fans nie aussprechen, wie ich aus trauriger Erfahrung weiß: „Es ist nur ein Film.“ Oh mein Gott! Als hätte ich den Papst angespuckt! Dabei habe ich nur George Lucas zitiert. Das hat George am Set zu uns gesagt. Wenn wir unter Schauspielern unsere Diskussionen darüber hatten, etwa, welche Motivation die Figuren tragen, meinte George Lucas nur: Das ist doch nur ein Film. Er mag damit durchgekommen sein, beim mir klappt das nicht. Die Fans sind da unerbittlich.
Das Gespräch führte Nadja Sarwat, für ORF.at, in Berlin