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„Zahl exisiert in Verhandlungen nicht“

ÖVP und FPÖ haben am Samstag einen Bericht des Nachrichtenmagazins „profil“ dementiert, demzufolge sich die beiden Parteien bereits auf ein Steuerentlastungsvolumen von 5,2 Mrd. Euro geeinigt hätten. Über eine Steuerreform sei in den Koalitionsverhandlungen noch nicht gesprochen worden.

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In dem Vorabbericht war von einem Entlastungsvolumen in der Höhe von 5,2 Mrd. Euro im Bereich der Lohn- und Einkommenssteuer die Rede gewesen. Ein Mitglied der Verhandlungsgruppe „Finanzen und Steuern“ habe von der Einigung berichtet, FPÖ-Kreise hätten diese bestätigt. Am Samstagnachmittag folgte jedoch das Dementi: „Diese Zahl existiert in den Verhandlungen überhaupt nicht“, hieß es.

Noch große Brocken offen

Zuletzt waren erneut neue Details aus den Koalitionsverhandlungen bekanntgeworden. Am Freitag hatten ÖVP und FPÖ die Zwischenergebnisse der 25 Fachgruppen gesichtet. Einige Gruppen seien so gut wie fertig, in manchen wurde nach wie vor eine Reihe von Dissenspunkten festgestellt, war danach aus beiden Parteien zu hören.

Einig sei man sich laut Verhandlerkreisen unter anderem bei der Einführung eines zweiten verpflichtenden Kindergartenjahres. Dieses soll flächendeckend kommen: Geht es nach den beiden Parteien, dann soll eine neue Bund-Länder-Vereinbarung zu elementarpädagogischen Einrichtungen die Basis für die Einführung des zweiten Kindergartenjahres legen. Eine solche 15a-Vereinbarung soll die bisher bestehenden drei Vereinbarungen in diesem Bereich ersetzen.

Rahmenplan für Kindergärten

Im entsprechenden Papier werden unter anderem qualitätsvolle Elementarpädagogik, Sicherstellung des flächendeckenden Ausbaus der Kinderbetreuungseinrichtungen und verstärkte Kontrollen als Eckpunkte der Vorhaben in diesem Bereich genannt. In einem Rahmenplan sollen Kernkompetenzen im Bereich Sprache sowie soziale Kompetenzen definiert werden.

Die zweijährige Verpflichtung zum Besuch eines Kindergartens ist laut den Plänen nach Bedarf vorgesehen - konkret vor allem für Kinder mit Sprachdefiziten. Ob ein Kind dazu verpflichtet wird, soll mit einem Test zur Sprachkenntnis ermittelt werden. Daneben sollen weitere für die Entwicklung relevante Faktoren berücksichtigt werden. Ein zweites Kindergartenjahr hatte freilich bereits die bisherige SPÖ-ÖVP-Regierung auf der Agenda. Die Umsetzung scheiterte am koalitionsinternen Streit sowie an der Finanzierung.

Kritik von SPÖ, NEOS skeptisch

Laut der scheidenden SPÖ-Frauenministerin Pamela Rendi-Wagner sind Pläne von ÖVP und FPÖ für das zweite Kindergartenjahr „mehr als ambitionslos“. Bildung werde zur Geldfrage: Nur die, „die es sich leisten können, können ihren Kindern die beste Förderung von Anfang an zukommen lassen“, so Rendi-Wagner. In der Koalition habe die ÖVP das zweite Gratiskindergartenjahr blockiert.

NEOS-Chef Matthias Strolz war zwar „vorsichtig positiv“ angesichts des angekündigten Ausbaus der Elementarpädagogik. Aber bisher sei es immer an der Umsetzung gescheitert. Und Oberösterreich lasse „alle Warnleuchten blinken“, würde Schwarz-Blau dort doch „gerade die Uhr um Jahre zurückdrehen“. Er pochte auf ein „österreichisches Gesamtkonzept“.

Nicht alles neu bei Digitalisierung

Aber nicht nur die Elementarpädagogik ist ein Thema, das bereits die letzte Regierung beschäftigt hat. Auch bei den bereits präsentierten Punkten zur Digitalisierung findet sich manches, das bereits von der vorigen Regierung angedacht oder bereits auf Schiene gebracht worden war.

Darunter ist etwa die „Digitale Identität“, in der schrittweise alle relevanten Ausweise virtuell vereint werden sollen. Ein erstes Gesetz in diese Richtung wurde heuer bereits im Juli beschlossen. Der Breitbandausbau findet sich ebenso im bisherigen Arbeitsübereinkommen von SPÖ und ÖVP wie die Digitalisierungsmaßnahmen für den Bildungsbereich.

Noch Hürden zu nehmen

Die bisherigen Einigungen - auch im Bereich der Sicherheit vergangene Woche - dürften also noch kleinere Schritte auf dem Weg Richtung Koalitionsübereinkommen gewesen sein. In anderen Bereichen warten deutlich höhere Hürden. FPÖ-Vizeparteichef Norbert Hofer nannte am Freitag vor Beginn der Verhandlungsrunde konkret zwei Knackpunkte: die direkte Demokratie und die Sozialpartnerschaft.

In beiden Fällen dürfte die ÖVP auf der Bremse stehen. So lehnt die ÖVP laut dem Bericht des „profil“ die Pläne der FPÖ - wie etwa eine rechtlich bindende Volksabstimmung nach einem von mehr als vier Prozent der Zeichnungsberechtigten unterstützten Volksbegehren – ab.

Diskussionen zu Sozialpartnerschaft

Auch im Hinblick auf die Sozialpartner scheinen die FPÖ-Ideen der anderen Seite zu weit zu gehen. Die von ÖVP-Funktionären geführte Wirtschaftskammer äußerte sich bisher deutlich gegen eine Beschneidung der Sozialpartnerschaft. Und in einer aktuellen Umfrage der Sozialwissenschaftlichen Studiengesellschaft sprach sich die Mehrheit der Befragten für die Beibehaltung der Kammernpflicht aus. Auch unter Sympathisanten der Volkspartei finden laut der Umfrage zwei Drittel die Sozialpartnerschaft gut. Nur FPÖ-Wähler würden sich mehrheitlich eine Abschaffung des bisherigen Systems wünschen.

Ebenfalls noch keine Einigung gibt es hinsichtlich der Zusammenlegungen der Sozialversicherungsträger. Hier machen auch manche ÖVP-Länderchefs Druck auf ihre Partei, die neun Länderkrankenkassen beizubehalten. Von „absehbarem“ Widerstand sprach am Donnerstag ÖVP-Chef Sebastian Kurz und versicherte, die Verhandler blieben „klar auf Linie“.

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