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Abgeordnete sind angelobt

Mit der konstituierenden Sitzung des neu gewählten Nationalrats am Donnerstag hat in Österreich die 26. Gesetzgebungsperiode begonnen. Vertreten sind nunmehr fünf Fraktionen: ÖVP, SPÖ, FPÖ, NEOS und Liste Pilz (LP). Im neuen Nationalrat gibt es viele neue Gesichter: 85 der insgesamt 183 Abgeordneten waren in der vergangenen Legislaturperiode nicht im Hohen Haus vertreten.

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Nach Auskunft der Parlamentsdirektion haben einige der neuen Mandatare bereits parlamentarische Erfahrung in früheren Gesetzgebungsperioden bzw. als Bundesräte oder Europaabgeordnete. Eröffnet wurde die Sitzung von der scheidenden Nationalratspräsidentin Doris Bures (SPÖ). In Anwesenheit von Bundespräsident Alexander Van der Bellen folgte nach der Bundeshymne die Angelobung der 182 anwesenden Abgeordneten.

Nationalratsabgeordnete währen der Angelobung

ORF.at/Roland Winkler

Die Abgeordneten des neuen Nationalrates sind angelobt

Bei der Angelobung fehlte lediglich der freiheitliche Mandatar Harald Stefan, er war entschuldigt. Überraschend kam der Verzicht von Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP), für den Michaela Steinacker (ÖVP) wieder zu einem Mandat kommt. Unter den neuen Abgeordneten finden sich mehrere Regierungsmitglieder, darunter Noch-Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ).

Edelweiß, Nelke und türkisfarbener Button

Neu waren nicht nur 85 Abgeordnete, sondern auch der Blumenschmuck bei den Freiheitlichen. Sie verzichteten auf die traditionelle Kornblume, die wegen ihrer Vergangenheit als Zeichen illegaler Nazis in der Zwischenkriegszeit immer wieder Anlass für Kritik geboten hatte, und zierten sich diesmal mit einem Edelweiß. Die SPÖ kehrte zur roten Nelke zurück, nachdem man vor vier Jahren noch eine rote Rose angesteckt hatte. Die ÖVP-Mandatare trugen lediglich einen türkisfarbenen Button mit dem Hashtag „oevpklub“.

Die NEOS-Abgeordneten trugen zwar keine Blumen, hatten aber auf ihre Pulte Kakteen mit pinkfarbener Blüte gestellt. Völlig schmuckbefreit präsentierte sich der LP-Klub, die LP ist übrigens die einzige neue Fraktion in dieser Gesetzgebungsperiode.

Köstinger als Erste Nationalratspräsidentin

Nach der Angelobung stand die erste Nationalratsdebatte und schließlich auch die Wahl des Nationalratspräsidiums auf dem Programm. Die ÖVP, jetzt stimmenstärkste Partei, stellt nun mit Elisabeth Köstinger den Ersten Nationalratspräsidenten. Es galt bereits im Vorfeld als fix, dass Köstinger, die nunmehr Zweite Nationalratspräsidentin Bures und der weiterhin dritte Präsident Norbert Hofer (FPÖ) die nötige Mehrheit erhalten.

Schematische Darstellung Sitzungssaal, Sitzordnung nach Parteien

Grafik: APA/ORF.at, Quelle: APA

Dass die Entscheidung in der ÖVP gerade auf Köstinger fiel, stieß im Vorfeld bei SPÖ und NEOS auf Unmut. NEOS warf der ÖVP vor, das zweithöchste Amt im Staat als „Zwischenparkplatz“ bis zu einem von vielen Beobachtern erwarteten Wechsel Köstingers in die Bundesregierung zu „missbrauchen“. Auch Hofer könnte nur kurz sein Amt als dritter Präsident innehaben, er wird ebenfalls für einen Ministerposten gehandelt.

Kurz sieht „Chance zum Neuanfang“

Ungeachtet der Koalitionsverhandlungen zeichneten sich bereits in der ersten Debatte die künftigen Rollen ab. ÖVP-Chef Sebastian Kurz sprach von der „Chance zum Neuanfang“, sein Partner in spe Heinz-Christian Strache (FPÖ) von nötiger „positiver Veränderung“ - und Noch-Kanzler Kern war „fast versucht“, den beiden zu sagen: „Kauft’s Euch a Wohnung!“

Während NEOS nach den Worten von Parteichef Matthias Strolz „Kontrollpartei gegen Korruption, Steuergeldverschwendung und Parteibuchwirtschaft“ sein will, prangerte Peter Kolba (Liste Pilz, LP) die „beispiellose Medienjustiz“ an, die dazu geführt habe, dass jetzt er und nicht der Parteigründer Peter Pilz am Rednerpult stehe.

Kleinere Ausschüsse, kürzere Rednerlisten

Auf dem Programm stand zudem die Festlegung der Zusammensetzung und Größe des Hauptausschusses sowie des Immunitäts-, des Unvereinbarkeits- und des Budgetausschusses. Die ÖVP stellt jeweils sieben, SPÖ und FPÖ je sechs, NEOS und die LP je einen Abgeordneten - macht in Summe 21, die Mindestgröße, damit alle Klubs in allen Ausschüssen mitarbeiten können. Gewählt wurden unter anderen auch Schriftführer und Schriftführerinnen für die neue Periode.

Wie bereits in der vergangenen Legislaturperiode dient laut Parlamentskorrespondenz Hermann Gahr von der ÖVP als Schriftführer, ebenso werden Michaela Steinacker (ÖVP), die SPÖ-Abgeordneten Angela Lueger und Erwin Preiner sowie Wolfgang Zanger von der FPÖ als Schriftführer bzw. Schriftführerinnen fungieren. Als Ordner und Ordnerinnen wurden Johann Singer (ÖVP), Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ), Axel Kassegger (FPÖ), Gerald Loacker (NEOS) und Wolfgang Zinggl (LP) bestellt.

Mit den neuen Kräfteverhältnissen ändert sich so einiges im Nationalrat: Insgesamt können wieder kürzere Rednerlisten erwartet werden. Denn einerseits gibt es nur fünf Klubs - und andererseits werden die Plenarsitzungen nicht mehr durch Wortmeldungen fraktionsloser Abgeordneter verlängert. „Wilde“ Abgeordnete gab es zuletzt nämlich 14 - und sie hatten alle Rederecht, jeweils fünf Minuten pro Debatte. Im Laufe der Periode kann es freilich wieder zu Parteiaustritten und somit zu fraktionslosen Abgeordneten kommen. Nicht möglich ist hingegen, dass noch ein Klub dazukommt.

Leicht gestiegener Frauenanteil

Aufgrund der Vorwürfe wegen sexueller Belästigung verzichtete Peter Pilz auf sein Mandat. Somit wird die LP mit einer Geschlechterparität von vier zu vier die Nationalratspremiere bestreiten. Bei der SPÖ sind 24 von 52 Abgeordnetensitzen weiblich (46 Prozent) besetzt, bei NEOS vier von zehn (40 Prozent) und bei der ÖVP 20 von 62 (32 Prozent). Die FPÖ hat mit rund 22 Prozent den niedrigsten Frauenanteil. Insgesamt werden somit 63 bzw. 34,4 Prozent der Abgeordnetensitze mit Frauen besetzt. Zuletzt waren es im Nationalrat noch 31,1 Prozent.

Gering ist unverändert der Anteil von Abgeordneten mit Migrationshintergrund, wie die Medienservicestelle Neue Österreicher/innen erkundet hat. Nur sechs Mandatare stellt diese Gruppe, verteilt auf SPÖ, ÖVP und die LP. In der Türkei geboren wurden Nurten Yilmaz und Selma Yildirim (SPÖ) sowie Efgani Dönmez (ÖVP). Alma Zadic (LP) ist die erste Abgeordnete, die aus Bosnien-Herzegowina stammt. Noch-Staatssekretärin Muna Duzdar (SPÖ) kam zwar in Wien zur Welt, hat aber palästinensische Eltern. In Australien geboren ist Stephanie Cox von der LP.

Wiedereinzüge und Wechsel

Mehreren Abgeordneten gelang der Wiedereinzug, nämlich Brigitte Povysil, Martin Graf, Werner Herbert, Maximilian Linder und Hans-Jörg Jenewein, allesamt von der FPÖ. Schelling, dem an sich auch der Wiedereinzug gelungen wäre, verzichtete auf sein Mandat. Jessi Lintl und Robert Lugar, ebenfalls bei der FPÖ, waren beim letzten Antritt noch über das Team Stronach ins Parlament gelangt.

Über die LP kamen Daniela Holzinger, die 2013 dank der SPÖ einen Sitz erobert hatte, sowie Bruno Rossmann und Wolfgang Zinggl, beide langjährige Mandatare der Grünen, in den Nationalrat. Die ÖVP hat den früheren grünen Bundesrat Efgani Dönmez in ihrem Klub. Fünf weitere Mandatare wechselten aus der Länderkammer in den Nationalrat.

Plakolm jüngste Abgeordnete, Griss älteste

Die frühere OGH-Präsidentin Irmgard Griss ist Neuling im Parlament und die älteste Mandatarin mit 71 Jahren. Ein weiterer prominenter Ex-Präsident findet sich im ÖVP-Klub - der frühere Rechnungshof-Chef Josef Moser, der allerdings als langjähriger Klubdirektor der FPÖ langjährige parlamentarische Erfahrung hat. Jüngste Abgeordnete ist Claudia Plakolm (ÖVP). Die oberösterreichische JVP-Vorsitzende ist 22 Jahre alt. Rekordhalterin bleibt aber die ehemalige ÖVP-Abgeordnete Silvia Grünberger, die bei ihrem Einzug im Jahr 2002 erst 21,5 Jahre war.

Mit 23 Jahren ohne Unterbrechung im Nationalrat ist der bisherige Zweite Nationalratspräsident Karlheinz Kopf (ÖVP) nach den Worten des Parlamentspressedienstes unterdessen der
„erfahrenste Abgeordneter“ im neu konstituierten Parlament.

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