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65.000 neue Bauarbeiter gesucht

Neuseeland hat eine neue Kampagne veröffentlicht, die mehr Bauarbeiter ins Land locken soll. Grund dafür ist ein prognostizierter Arbeitskräftemangel im Bauwesen bis 2020. Um diesen auszugleichen, müssten innerhalb der nächsten fünf Jahre rund 65.000 neue Arbeiter beschäftigt werden, die künftig - geht es nach Neuseeland - unter anderem aus Großbritannien stammen sollen.

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Auslöser für den enormen Bedarf an Arbeitskräften am Bau ist das größte staatliche Infrastruktur- und Wohnbauprogramm, das es in Neuseeland jemals gab, so der britische „Guardian“. Die Bauindustrie sah sich deshalb gezwungen, sich an die Regierung zu wenden, um Arbeitsmigranten anzuwerben. Und so soll aus dem landesweit größten Bauvorhaben auch die größte Rekrutierungsmaßnahme britischer Arbeitskräfte werden.

Arbeiter neben einem Bagger auf einer Baustelle in Wellington (Neuseeland)

Reuters/David Gray

In Neuseeland werden bis 2020 65.000 neue Bauarbeiter gebraucht

Heimische Arbeitskräfte können Bedarf nicht decken

Denn nur mit neuseeländischen Arbeitskräften lassen sich die Pläne im Bauwesen jedenfalls nicht verwirklichen, so die Ankündigung der Regierung. Es wird prognostiziert, dass die Knappheit an Arbeitern 2020 ihren Höhepunkt erreicht. Selbst die rund 11.000 heimischen Lehrlinge, die bis dahin mit ihrer Ausbildung fertig sein sollen, werden nicht ausreichen, um den Mangel auszugleichen - zu viele „Babyboomer“ würden in derselben Zeit in Pension gehen.

Britische Baubranche seit „Brexit“ geschrumpft

Die Bauaktivität Großbritanniens seit der Entscheidung, aus der EU auszutreten, ging extrem zurück, so der „Guardian.“ Tatsächlich kommen aus der britischen Immobilienbranche extrem schlechte Zahlen: Der Bausektor ist so stark geschrumpft wie seit sieben Jahren nicht mehr, berichtet kürzlich auch die „Süddeutsche Zeitung“ („SZ“). Der Wert geht aus dem Einkaufsmanagerindex des Instituts Markit hervor, der als wichtiger Frühindikator für die Branche gilt. Die Marktforscher befragen dafür Unternehmen dazu, wie sie ihre wirtschaftliche Lage in Zukunft einschätzen.

Das Ergebnis: ziemlich schlecht. Im Juli fiel der Index auf 45,9 Zähler. Je tiefer der Wert unter 50 liegt, desto stärker schrumpft die Branche. Ob sich die britischen Bauarbeiter deshalb zur Abwanderung hinreißen lassen, ist noch unklar. Experten erwarten jedenfalls eine Abwanderung aus Großbritannien von rund 200.000 EU-Arbeitskräften aufgrund des „Brexit“. Das würde große Infrastrukturprojekte in Großbritannien gefährden, warnte etwa der britische Immobilienverband RICS. Acht Prozent der Belegschaft in der Baubranche stamme aus anderen EU-Staaten.

„Einmalige Gelegenheit“ für Auswanderer

Immerhin könnten Faktoren wie die ähnliche Kultur und dieselbe Sprache Pull-Faktoren für britische Arbeitsmigranten nach Neuseeland sein. Die Bedingungen für Arbeiter im pazifischen Inselstaat seien jedenfalls bestens, so Greg Edmonds, Infrastrukturbeauftragter der neuseeländischen Stadt Auckland. Für das Vorhaben wurde die Initiative LookSee Build NZ ins Leben gerufen: Sie wirbt mit dem Slogan „Opportunity of a lifetime“ („Einmalige Gelegenheit“) und aufregenden Bildern auf ihrer Website, die eher an ein abenteuerliches Freizeitprogramm erinnern als an eine Maßnahme zur Rekrutierung von Bauarbeitern.

Tatsächlich bietet das Auswandererprogramm auch aktiv „Experiences“ („Erfahrungen“) an, wie zum Beispiel Fischen, Surfen und kulturelle Events. Aaron Muir, Sprecher von LookSee Build NZ, sei sich aber bewusst, dass „Fischen und Surfen“ alleine nicht unbedingt reichen werden, um einen Umzug von Großbritannien nach Neuseeland in Erwägung zu ziehen. „Was das alles bewirken soll, ist, dass sie (die Interessenten) einen authentischen Blick auf den Lifestyle bekommen, den Neuseeland zu bieten hat“, so Muir.

Die neuseeländische Premierministerin Jacinda Ardern

APA/AFP/Marty Melville

Jacinda Ardern ist seit 26. Oktober 2017 Premierministerin von Neuseeland

Migranten gesucht - aber nur für Baubranche?

Geplant ist, dass sich qualifizierte Interessenten erst bewerben können und im besten Falle anschließend an geeignete Arbeitgeber in der neuseeländischen Baubranche vermittelt werden können. Die neue Labour-Regierung unter Premierministerin Jacinda Ardern will insgesamt rund 1,2 Milliarden Euro in 100.000 neue Wohnungen innerhalb der nächsten zehn Jahre investieren - diese Ankündigung war ein Versprechen aus Arderns Wahlkampf. Zusätzlich zum Wohnbauprogramm soll auch der Infrastrukturbereich aufgewertet werden - und zwar mit rund 74 Milliarden Euro.

1.000 bis 1.500 Visa sollen speziell für ausländische Bauarbeiter ausgestellt werden. Arderns Vorhaben kam trotz des Arbeitskräftemangels unerwartet: Die Labour-Partei hatte nämlich auch versprochen, die Nettomigration nach Neuseeland um 20.000 bis 30.000 Personen zu senken.

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