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Neue Schätzung berücksichtigt Teilen

Die russischen Manipulationsversuche im Internet, um Einfluss auf den US-Präsidentschaftswahlkampf 2016 zu nehmen, sind offenbar weitaus größer gewesen als bisher angenommen. Nach Angaben Facebooks von Montag war die Verbreitung der aus Russland stammenden Politanzeigen zur Spaltung der US-Gesellschaft deutlich größer als zunächst berichtet.

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Insgesamt könnte die Werbung 126 Millionen Nutzern angezeigt worden sein, schätzt das weltgrößte Soziale Netzwerk in einer Stellungnahme an den US-Kongress, die diversen US-Medien am Montag vorlag. Facebook könne aber nicht sagen, wie viele von ihnen die Anzeigen bewusst wahrgenommen oder ungelesen durchgescrollt hätten, heißt es in der Stellungnahme weiter. Die neue Schätzung berücksichtigt das Teilen von Inhalten durch Nutzer untereinander.

11,4 Mio. Nutzern direkt angezeigt

Direkt sei von 2015 bis 2017 die von der russischen Internet Research Agency gebuchte Werbung 11,4 Millionen Nutzern angezeigt worden. Bei Facebook kann man dafür bezahlen, dass Beiträge in den Nachrichtenstrom von Nutzern eingefügt werden.

Bei den russischen Anzeigen ging es darum, Spannungen zwischen sozialen und ethnischen Gruppen in den USA anzuheizen. So wurde dort zum Beispiel die Diskriminierung von Afroamerikanern kritisiert - aber auch die Angst vor muslimischen Einwanderern geschürt. Die US-Geheimdienste werfen Russland vor, sich im vergangenen Jahr in den US-Wahlkampf eingemischt zu haben, um dem Republikaner Donald Trump zum Sieg über seine demokratische Rivalin Hillary Clinton zu verhelfen. Der Kreml bestreitet eine Einmischung in den US-Wahlkampf.

Die massenhaft verbreiteten Posts gehen laut der schriftlichen Stellungnahme von Facebook auf die in St. Petersburg sitzende Internet Research Agency zurück, die schon in der Vergangenheit mit der Verbreitung von Falschinformationen in Verbindung gebracht wurde.

Beträchtliche Zahl

Facebook hatte Anfang September erklärt, man habe bei einer internen Untersuchung 470 Konten ausgemacht, die zwischen Juni 2015 und Mai 2017 insgesamt fast 100.000 Dollar (85.000 Euro) für Anzeigen ausgegeben hätten, mit denen unter anderem Falschinformationen verbreitet wurden. Die Summe habe zur Finanzierung jener etwa 3.000 Anzeigen mit Verbindungen nach Russland ausgereicht, die von der Internet Research Agency geschaltet worden seien.

126 Millionen ist eine beträchtliche Zahl: Facebook hat in Nordamerika nach jüngsten Angaben 236 Millionen monatlich aktive Nutzer - und für Trump als US-Präsidenten stimmten bei der Wahl insgesamt knapp 63 Millionen Amerikaner.

Twitter: Rund 1,4 Mio. Tweets

Die Facebook-Stellungnahme gehört zu einer Anhörung im US-Kongress zur russischen Aktivität in Sozialen Netzwerken im vergangenen US-Wahlkampf. Dazu ist neben Facebook unter anderem auch Twitter geladen.

Twitter identifizierte laut einer Quelle, die in die Untersuchungen eingeweiht ist, 36.746 offenbar mit einem russischen Konto verbundene Konten, die „automatisch mit der Wahl zusammenhängende Inhalte generierten“. Das sei in den letzten drei Monaten vor der Wahl geschehen. Insgesamt erstellten diese Konten rund 1,4 Millionen Tweets, die wiederum 288 Millionen Antworten, Kommentare, Weiterleitungen und andere Reaktionen von Nutzern auslösten.

Auch Google betroffen

Der Internetriese Google sagte am Montag erstmals öffentlich, ebenfalls manipulative Inhalte dieser Art auf seinen Plattformen entdeckt zu haben. Auch diese stünden mit der Internet Research Agency in Verbindung, so die ranghohen Google-Vertreter Kent Walker und Richard Salgado im offiziellen Blog des Unternehmens. Dabei handle es sich aber um „begrenzte Aktivitäten“. Die Beweise seien bei einer internen „gründlichen Untersuchung“ zu der Wahl gefunden worden.

Akteure mit Verbindungen zu Russland hätten etwa Werbeanzeigen für 4.700 Dollar (4.039 Euro) geschaltet, teilte das Unternehmen weiter mit. Diese hätten aber nicht auf spezielle Nutzergruppen abgezielt. „Wir werden uns dafür einsetzen, einen Weg zu finden, diese Art von Missbrauch zu stoppen“, sagte das Unternehmen weiter. Dazu werde man mit Regierungen, führenden Nichtregierungsorganisationen sowie anderen Unternehmen zusammenarbeiten, um gegen Fehlinformationen vorzugehen.

Auf der Videoplattform YouTube, die zu Google gehört, wurden laut den Angaben 18 seither gesperrte Kanäle gefunden, die „wahrscheinlich“ mit der russischen Kampagne verbunden seien. Insgesamt wurden dort rund 1.100 englischsprachige Videos hochgeladen, die in den 18 Monaten vor der Wahl von Trump etwa 309.000-mal angeklickt wurden, wie es weiter hieß.

Russland weist Vorwürfe zurück

Die russische Regierung wies erneut die Vorwürfe einer Einmischung in den US-Präsidentschaftswahlkampf zurück. Es gebe „nicht einen einzigen Beweis“ für eine russische Einflussnahme, sagte Außenminister Sergej Lawrow am Dienstag in Moskau.

Mit der am Montag bekanntgewordenen Anklageerhebung gegen drei frühere Trump-Berater in den USA hat die Russland-Affäre eine neue Dimension bekommen. Der frühere Wahlkampfleiter Paul Manafort und sein Vertrauter Richard Gates werden in Zusammenhang mit ihrer Lobbyistenarbeit für prorussische Kräfte in der Ukraine unter anderem der Verschwörung zur Geldwäsche beschuldigt. Dem dritten Angeklagten George Papadopoulos werden Falschaussagen angelastet.

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