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Arbeiten an Sanierungsplan

Werner Kogler, seit Dienstag interimistischer Chef der Grünen, verspricht Aufräumarbeiten in seiner Partei. Die „große grüne Idee“ werde mehr denn je gebraucht, sagte er am Mittwoch im Ö1-Mittagsjournal. Man arbeite an einem Sanierungskonzept und starte das „Projekt Wiedereinzug“. Auch wegen der mehr als hundert betroffenen Mitarbeiter gelte: „Wir können den Laden nicht zudrehen.“

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Die Schuld am Debakel bei der Nationalratswahl sah Kogler eindeutig bei der Bundespartei. „Es ist jetzt das wirklich seltsame Verdienst der Bundesgrünen, also von uns, dass wir in einem historisch wichtigen Moment versagt haben, total versagt im Prinzip“, sagte er: „Insofern gilt es hier, das wird ja noch besprochen werden, tatsächlich aufzuräumen.“

In den Ländern sehe das anders aus, denn dort werde hervorragende Arbeit geleistet, sowohl in der Regierung als auch in der Opposition. In den kommenden Landtagswahlen wolle man beweisen, „dass wir halten können, da und dort sogar zulegen“. Dass nun die Länder im Bund verstärkt mitreden wollen, wie es die Wiener Grüne Maria Vassilakou angekündigt hat, wertet Kogler „natürlich als Unterstützung“.

„Da muss halt jemand hingreifen“

Er selbst habe „nicht so lange“ gebraucht, um nach dem Rücktritt von Ingrid Felipe als Bundessprecherin in seine neue Rolle als Krisenfeuerwehr der Grünen einzuwilligen. „Da war nicht lange zu zögern, da muss halt jemand hingreifen.“ Es sei die richtige Entscheidung gewesen, dass sich Felipe nun auf Tirol konzentriert. Er selbst habe in seiner neuen Rolle „doch einige Ideen und Lust, hier einen Beitrag zu leisten“. Dass sich die Grünen nun eine neue Bühne suchen müssen, sei ihm bewusst. Den Schulden wolle man mit einem Sanierungskonzept entgegentreten. Es hätten sich bereits viele gefunden, die gerade jetzt der Partei beitreten oder auch spenden wollten, sagte er.

„Jetzt ist mal richtig Krise“

Wie genau die neue Strategie, die Strukturen und die personelle Erneuerung ausschauen werden, ließ Kogler noch offen. „Jetzt ist mal so richtig Krise, da muss man sich rausmanövrieren, das haben wir vor.“ Alles Weitere werde man gemeinsam besprechen. Erste Gelegenheit dazu haben die Grünen beim erweiterten Bundesvorstand am Freitag in Wien.

126 Mitarbeiter verlieren Job

Nach dem Wahldebakel vom Sonntag müssen die Grünen nicht nur ihre Klubräumlichkeiten verlassen, auch die Parteizentrale am Wiener Rooseveltplatz wird aufgegeben. Die Verträge seien bereits gekündigt, sagte Bundesgeschäftsführer Robert Luschnik. Insgesamt verlieren 126 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ihren Job.

Davon sind 52 Klubmitarbeiter, 31 parlamentarische Mitarbeiter, 18 in der Bundespartei und 25 in der Grünen Bildungswerkstatt. Die 52 vom Klub wurden laut Luschnik bereits beim AMS zur Kündigung angemeldet. Ein Sozialplan wird überlegt. Wohin die Bundespartei übersiedeln wird, ist noch offen. Auch das werde man mit den Ländern besprechen, sagte Luschnik.

Zudem gilt es, fünf Mio. Euro an Schulden zu tilgen. „Im Moment ist es wichtig, dass die Grünen in einer so schwierigen Phase handlungsfähig sind“, sagte Luschnik. Er habe es daher mit Kollegen übernommen, die Krise organisatorisch und finanziell zu meistern.

52 Klubmitarbeiter bereits bei AMS gemeldet

In Bezug auf die Finanzen gebe es derzeit Gespräche mit den Landesorganisationen. Es herrsche große Solidarität, die gesamte Organisation stehe in dieser schwierigen Phase zusammen, betonte er. Auch von außen gebe es Solidarität mit den Grünen, sogar die Eintritte in die Partei seien gestiegen. Die Partei startet auch eine Spendenaktion.

Kritik an und Distanz zu Pilz

Zur Liste Pilz sagte Luschnik, diese sei „ein politischer Mitbewerber wie jeder andere“. Peter Pilz habe sich von den Werten der Grünen teilweise drastisch abgewandt. Sehr distanziert zu „Petzi Pilz“ hatte sich zuvor auch Interimsparteichef Kogler im Ö1-Mittagsjournal geäußert. Wie es mit dessen Liste weitergeht, sei weiter offen. Eine weitere Absetzbewegung einzelner Richtung Pilz schloss Kogler aus. Fragen einer möglichen Wiedervereinigung wich er aus, es gehe um den Wiederaufbau der Grünen.

Voggenhubers Abrechnung

Unterdessen meldete sich das grüne Urgestein, der Ex-Europaabgeordnete Johannes Voggenhuber am Donnerstag via Facebook zu Wort und übte vernichtende Kritik: Dem „Funktionärsapparat der Grünen“ sei es „gelungen, ein politisches Projekt von historischer Dimension, das vor über drei Jahrzehnten aus der Mitte der Gesellschaft entstanden war und für Umwelt, die Freiheitsrechte jedes Menschen, Demokratie, Friede und soziale Gerechtigkeit stand, einfach abzufackeln - genau in dem Augenblick, für den es geschaffen wurde, als Alternative zu den einstürzenden, morsch und zerrüttet gewordenen politischen Altbauten der Nachkriegsgeschichte“.

Seit „vielen Jahren gegen Kritik resistent“

Und Voggenhuber ließ die Aussagen Verantwortlicher, das Debakel sei auf Entwicklungen der letzten Monate zurückzuführen, nicht gelten: „Ja, es hat Euch der Blitz getroffen, der des Zorns und der Enttäuschung Eurer Wähler und Wählerinnen“, so Voggenhuber. Dieser sei aber nicht aus heiterem Himmel gekommen.

„Viele Jahre habt Ihr die Gewitterwolken nicht wahrnehmen wollen, das Donnergrollen mit buntlustigen, infantilen Events, von Plakatwänden blökenden Lämmern und Sprechblasen übertönt und habt das Wetterleuchten einfach geleugnet.“ und Voggenhuber warf der grünen Parteiführung auch gleich noch vor, schon „viele Jahre“ gegen „jegliche Kritik resistent“ zu sein.

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