Kandidatur trotz Risiken
Die Englischprofessorin Mona Prince hat kürzlich via Facebook-Video bekanntgegeben, 2018 für das Präsidentschaftsamt in Ägypten kandidieren zu wollen. Dabei gibt sie sich „unpräsidentiell“ im Freizeitlook - biertrinkend und tanzend. Ihre Ankündigung gilt als riskant, da Oppositionelle in Ägypten oft bedroht und verfolgt werden.
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Princes oberste Prämissen für eine demokratische Gesellschaft sind Bildung und Kunst - so könne man auch die immerwährende Wirtschaftskrise und die Gefahr des Dschihadismus in den Griff bekommen. Die Professorin will mit der in Ägypten allgemein gültigen Regel aufräumen, dass Präsidenten unfehlbar sind. „Ich will das Bild eines Präsidenten aufbrechen, der alles weiß und wie ein Gott gesehen wird“, sagte Prince vor Kurzem in einem Interview mit der britischen Tageszeitung „The Guardian“.

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Mona Prince in einem ihrer tausendfach angeklickten Facebook-Videos
Sie selbst präsentiert sich in ihren Facebook-Videos als Freigeist. Tanzend oder mit einer Flasche Bier in der Hand referiert Prince über die alltäglichen Probleme der ägyptischen Politik. Auf diese Weise kündigte sie auch ihre Präsidentschaftskandidatur an - und gewann so bereits die Zustimmung von über 100.000 Followern.
Vorwurf: „Verherrlichung Satans“
Doch Prince war auch vor der Ankündigung ihrer Kandidatur keine Unbekannte in Ägypten. Ihre öffentlichen Auftritte endeten häufig in Kontroversen. So wurde Prince kürzlich als Lehrbeauftragte an der Sues-Universität suspendiert, weil sie über John Miltons Gedicht „Das verlorene Paradies“, das den Sündenfall und die Versuchung durch Satan behandelt, lehrte. Die Uni beschuldigte sie deshalb, „zerstörerische Ideen zu verbreiten“ und „den Satan zu verherrlichen“.
Ein Video, das Prince bauchtanzend zeigt, führte auch bereits in ein Disziplinarverfahren an der Sues-Universität. Seit sich die Lokalpresse darauf stürzte, wurde Prince von der Öffentlichkeit mit sexistischen Aussagen attackiert und dafür kritisiert, dass sie ihr Privatleben auf Facebook kundtut.
„Vielleicht probieren wir es mal mit einer Frau?“
Allerdings sei bei all der Kritik und den medialen Kontroversen nicht nur Princes Anstellung als Professorin in Gefahr, sondern auch ihre Präsidentschaftskandidatur, so der „Guardian“. Sehr viel kann Prince den Gegenstimmen dennoch nicht abgewinnen und bleibt positiv: „Die Leute wollen Veränderung, also warum nicht? Wir haben den Prototyp ausprobiert - einen Präsidenten, der wie einer aussieht und so redet. Vielleicht probieren wir es mal mit einer Frau?“
Mögliche Verlängerung der Amtszeit Sisis
Seit Präsident Abdel Fatah al-Sisi die letzte Wahl 2014 mit 96 Prozent der Stimmen gewonnen hatte, positionierte er sich als Erhalter der nationalen Sicherheit und Förderer eines potenziellen Reichtums der Gesellschaft in Ägypten. Jegliche Opposition wurde seither unterdrückt, teils gewaltvoll. Amnesty International bezeichnete die derzeitige Menschenrechtslage in Ägypten kürzlich sogar als schlimmer als unter dem ehemaligen Staatspräsidenten Hosni Mubarak, der von 1981 bis zum „arabischen Frühling“ 2011 ein autokratisches Regime führte.
Obwohl Sisis Umfragewerte aufgrund der Wirtschaftskrise stetig sinken, setzen seine Unterstützer alles daran, ihren Präsidenten noch länger im Amt zu halten. Sogar eine Verlängerung seiner jetzigen Amtszeit auf sechs Jahre sei im Gespräch, so der „Guardian“, da Sisi laut seinen Unterstützern mehr Zeit brauche, um seine wirtschaftlichen Ziele für Ägypten umzusetzen. Mitbewerber um das Präsidentschaftsamt begeben sich somit aufs politische Glatteis.
Präsidentschaftsamt riskant für Konkurrenz
So wurde der frühere Präsidentschaftskandidat Ahmed Schafik, der 2012 gegen den damaligen Präsidenten Mohammed Mursi eine Niederlage einstecken musste, für fünf Jahre ins Exil nach Saudi-Arabien verbannt. Obwohl sein Name bereits von den Watchlists der Flughäfen gestrichen wurde, traute er sich bisher nicht zurück nach Ägypten. Dennoch überlege auch Schafik, so der „Guardian“, erneut als Staatsoberhaupt zu kandidieren.
Und auch der Anwalt für Menschenrechte, Chaled Ali, plant nach einer ersten erfolglosen Kandidatur 2012, noch einmal das Präsidentschaftsamt anzustreben. Kurz nachdem das bekanntgeworden war, wurde er wegen „obszöner Fotos“ angeklagt. Es folgte ein umfangreiches Gerichtsverfahren, dessen Urteil ihn drei Monate ins Gefängnis brachte.
„Wir brauchen jemanden, der sich etwas traut“
Die Frage eines Wahlsieges von Prince stelle sich laut „Guardian“ jedoch gar nicht - die Herausforderung eines jeden Gegenkandidaten werde sein, überhaupt seinen beziehungsweise ihren Namen auf den Stimmzettel zu bringen. Dafür braucht es eine Petition mit 30.000 Unterschriften aus insgesamt 15 Bezirken. Prince gibt sich überzeugt, dass ihre 110.300 Facebook-Fans diese Stimmen auf der Straße mobilisieren werden. „Es ist schon ein Erfolg, wenn ich das schaffe“, so die Kandidatin im Interview.
Prince bekommt laut eigenen Aussagen Nachrichten mit Unterstützungserklärungen aus ganz Ägypten. Besonders beeindruckt sei sie von jungen Frauen, die sich inspiriert zeigten durch ihre unerschrockene Art, sagte Prince - doch auch Kritiker und Trolle gebe es auf Facebook zur Genüge. Trotzdem soll die Wahlkampagne sehr bald starten. „Manche nennen mich verrückt, aber wir brauchen ein bisschen Verrücktheit im Leben“, so Prince. „Wir brauchen diesen Hauch an Verrücktheit in unserem Präsidenten - jemanden, der sich etwas traut.“
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