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Für Kern noch viele Fragen offen

„Volle Aufklärung“ in der Causa Silberstein hat Bundeskanzler und SPÖ-Chef Christian Kern in einem kurzfristig anberaumten Pressestatement Sonntagnachmittag angekündigt. Eine interne Taskforce unter der Leitung von Christoph Matznetter soll dazu eingesetzt werden. Laut Kern sind auch für die SPÖ noch viele Fragen offen.

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„Ich möchte ausdrücklich festhalten, dass wir mit den Inhalten dieser Schmutzkübel nichts zu tun haben wollen“, sagte Kern im Hinblick auf die Vorwürfe des Dirty Campaignings. Am Wochenende war bekanntgeworden, dass der von der SPÖ engagierte Berater Tal Silberstein hinter rassistischen und antisemitischen Facebook-Seiten gegen ÖVP-Chef Sebastian Kurz stehen soll.

Er habe schon vor einiger Zeit festgehalten, dass das Engagement Silbersteins ein „erheblicher Fehler war“, sagte Kern am Sonntag. Dieser Fehler habe sich inzwischen als noch größer herausgestellt. „Unser Vertrauen wurde missbraucht“, sagte Kern an die Adresse Silbersteins. Der Wahlstratege war Mitte August in Israel wegen des Verdachts der Korruption festgenommen worden.

Keine finanziellen Querverbindungen zu Silberstein

Es sei bemerkenswert, dass es eine Reihe von Fragen gebe, die auch ihn interessieren würden, sagte Kern weiter. So sei die Zusammenarbeit mit Silberstein schon Mitte August gekündigt worden, damals sei auch entschieden worden, dass Silberstein und die Mitarbeiter aus der Kampagne abzuziehen seien. Nun sei festgestellt worden, dass es offenbar auch nach diesem Datum Aktivitäten gegeben habe, und sogar in verschärftem Ton. Man wisse derzeit nicht, wie die Seiten nach dem Silberstein-Rauswurf weitergeführt wurden. „Wir müssen Licht in die Sache bringen und noch deutlich tiefer graben.“

SPÖ will Wahlkampfdesaster selbst untersuchen

Kanzler Kern (SPÖ) will eine parteiinterne „Taskforce“ einsetzen, die die Facebook-Schmutzkampagne der SPÖ gegen ÖVP-Bundesparteiobmann Kurz untersuchen soll.

In puncto Finanzierung der Facebook-Seiten betonte Kern, dass es seitens der SPÖ keine Querverbindungen, vor allem keine finanziellen Verbindungen zu dem von Silberstein eingesetzten Team gegeben habe. „Die Frage stellt sich schon vor dem 14. August, nach dem 14. August noch eindringlicher.“

Silberstein-Vertrag wird offengelegt

Allerdings, so Kern, habe auch die SPÖ kein volles Bild darüber, was hier genau geschehen sei. Den Vertrag mit Silberstein wolle die SPÖ offenlegen, seit Mitte August gebe es auf jeden Fall keine Zahlungen mehr an ihn. Relevant ist für Kern auch die Frage, wie es sein konnte, dass es sich bei den involvierten Mitarbeitern Silbersteins um langjährige Mitarbeiter anderer Parteien handelt.

Dass offenbar ein Mitarbeiter des SPÖ-Teams involviert gewesen sei, sei nicht akzeptabel, und der Rücktritt von Wahlkampfleiter und SPÖ-Bundesgeschäftsführer Georg Niedermühlbichler eine Konsequenz daraus, so Kern.

Brunner und Matznetter folgen nach

Kritik übte der Kanzler neuerlich an der Veröffentlichung interner Papiere, die „zu zwei Dritteln eine Herabwürdigung meiner Person“ darstellten, sowie von Dossiers über die Unternehmensbeteiligungen seiner Frau, die nur dazu dienten, private Existenzen zu zerstören. Kern vermutet zudem, dass für die Veröffentlichung der verschiedenen Papiere Geld geflossen ist.

Dittlbacher (ORF) zum SPÖ- Pannenwahlkampf

Der ZIB-Chefredakteur wertet die verdeckte Internet-Schmutzkampagne der SPÖ als „das Gegenteil von vertrauenswürdig“ und als Mischung von „House of Cards“ und „Löwingerbühne“.

Das SPÖ-Präsidium entschied sich in einer Telefonkonferenz am Nachmittag, mit zwei interimistischen Bundesgeschäftsführern die Nachfolge Niedermühlbichlers zu regeln. Frauengeschäftsführerin Andrea Brunner wird sich der organisatorischen Agenden annehmen. Hinzugezogen wird Finanzchef Matznetter, der sich um die Aufarbeitung der Causa Silberstein kümmern und die Kommunikation nach außen übernehmen soll.

Niedermühlbichler: „Übernehme Verantwortung“

Am späten Samstagnachmittag hatte Niedermühlbichler in einem kurzfristig anberaumten Pressestatement betont, er trage als Wahlkampfleiter und Bundesgeschäftsführer die Gesamtverantwortung, ziehe daraus die Konsequenz und „trete daher zurück“. Der Bundesgeschäftsführer der SPÖ betonte dabei erneut, er habe nichts von den Dirty-Campaigning-Aktionen auf Facebook gewusst. Es sei auch keinerlei Geld der SPÖ dorthin geflossen, so Niedermühlbichler. Allerdings habe ein Mitarbeiter von seinem Team davon gewusst, daher ziehe er als Gesamtverantwortlicher nun die Konsequenzen.

Silberstein „großer Fehler“

Niedermühlbichler bezeichnete es als „großen Fehler“, Silberstein engagiert zu haben. „Offenbar hat es dann Aktivitäten gegeben, die ich mir so, in dem Ausmaß nicht vorstellen konnte“, so der Bundesgeschäftsführer. Die auf der Seite befindlichen Inhalte seien „abscheulich und mit demokratischen und sozialdemokratischen Werten nicht vereinbar“. Schließlich liege der Antifaschismus in der DNA der SPÖ und: „Es gibt keinen größeren Gegner von Antisemitismus und schlechtem Stil als Christian Kern.“

„Wir haben diese Seiten weder beauftragt noch finanziert oder gar betrieben“, sagte Niedermühlbichler. „Ich frage mich, wes Geistes Kind so einen Irrsinn produziert.“ Am meisten geschadet habe die Causa ohnehin Parteichef Kern, der, so betonte Niedermühlbichler, auf den Fake-Seiten ebenfalls angegriffen worden sei. Fragen beantwortete Niedermühlbichler nicht - etwa, wer die Facebook-Aktivitäten Silbersteins bezahlt haben soll.

Seit Längerem ÖVP-Vorwürfe

Die ÖVP wirft der SPÖ schon länger vor, verdecktes Dirty Campaigning gegen Kurz zu betreiben. Die Urheber der Seite „Die Wahrheit über Sebastian Kurz“ waren wegen ihrer rassistischen Schlagseite bisher allerdings eher im rechten Milieu vermutet worden. Und „Wir für Sebastian Kurz“ gab sich den Anstrich einer Fanseite für den ÖVP-Chef, die mit ihren Postings oft über das Ziel hinausschoss - etwa als sie die ÖVP mit einer Umfrage über die Schließung der Brenner-Grenze in Erklärungsnot brachte. Die ÖVP verlangte vergeblich die Löschung der Seite.

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