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Von Verteidigung und Asyl bis CO2-Steuer

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat eine umfassende Reform der Europäischen Union angemahnt. Er schlug unter anderem ein gemeinsames Verteidigungsbudget, eine EU-Asylbehörde, eine europäische Anti-Terror-Staatsanwaltschaft und eine Geheimdienstakademie für die EU vor.

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Die EU sei derzeit „zu langsam, zu schwach, zu ineffizient“, so Macron bei seiner Grundsatzrede an der Universität Sorbonne in Paris. Er sprach sich für ein starkes Europa aus, das auch auf die Herausforderungen einer globalisierten Welt reagieren können soll. Dazu zählen laut Macron ein gemeinsamer Etat der Euro-Zone und ein gemeinsamer Finanzminister. Das sei der Schlüssel für die Stabilität der gemeinsamen Währung und ein Schutz vor Wirtschaftsschocks.

Mindestsatz für Unternehmenssteuern

Für die Finanzierung des gemeinsamen Budgets brachte Macron einen einheitlichen Mindestsatz für die Unternehmensteuern ins Spiel. Bisher weichen die Unternehmenssteuersätze in den EU-Staaten deutlich voneinander ab. Bis zum nächste EU-Budget in 2020 sollten verpflichtende Unter- und Obergrenzen für die Körperschaftsteuersätze vorgelegt werden, sagte Macron.

Mit dem Geld sollten allerdings nicht die finanziellen Probleme eines einzelnen Landes gelöst werden, sondern die Arbeitslosigkeit reduziert werden. Länder, die sich daran nicht halten, sollten keine EU-Strukturmittel erhalten: „Man kann nicht von der europäischen Solidarität profitieren und gegen die anderen spielen.“ Macron sprach sich zudem für einen Mindestlohn in der EU aus.

Macron für gemeinsamen Markt mit Deutschland

Deutschland rief Macron zu einem Kompromiss bei der Reform der Euro-Zone auf. „Ich habe keine roten Linien. Ich habe nur Horizonte“, sagte er. FDP-Chef Christian Lindner bezeichnete das zuletzt als rote Linie für einen möglichen Eintritt in eine Jamaika-Koalition. Auch in Teilen der Union sind die französischen Vorschläge umstritten.

Weiters sprach sich Macron für einen einheitlichen deutsch-französischen Markt aus. Bis 2024 könne dieser geschaffen und die Gesetze entsprechend harmonisiert werden. Der Schwung der deutsch-französischen Partnerschaft sei entscheidend für Europa. Länder mit der gleichen Vision sollten in den kommenden Wochen eine Gruppe zur Neugründung Europas schaffen, sagte er.

Er gehe davon, dass die Reaktion der deutschen Kanzlerin Angela Merkel auf seine Vorschläge ermutigend sein werde. Die „neue Partnerschaft“ will er am 55. Jahrestag des Elysee-Vertrags am 22. Jänner 2018 besiegeln.

Gemeinsame Verteidigung

Bis zum Anfang des kommenden Jahrzehnts sollte es in der EU eine „gemeinsame Interventionstruppe“, ein gemeinsames Verteidigungsbudget und eine gemeinsame Doktrin für Einsätze geben, so Macron weiter. Europa müsse im Verteidigungsbereich eine gemeinsame strategische Kultur entwickeln, so Macron.

Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron

APA/AFP/Ludovic Marin

Macron sprach vor Studenten der französischen Universität

Er schlage vor, in den nationalen Armeen der Mitgliedsstaaten freiwillig Soldaten aus allen anderen europäischen Ländern aufzunehmen. Frankreich werde diese Initiative in seinen Streitkräften eröffnen. Er schlug darüber hinaus einen gemeinsamen Zivilschutz vor, um die EU besser gegen Naturkatastrophen wie Erdbeben und Waldbrände zu wappnen.

EU-Staatsanwaltschaft und -Asylbehörde

Auch im Bereich Justiz soll es eine engere Kooperation geben. Konkret schlug Macron vor, eine „europäische Staatsanwaltschaft“ zu schaffen, um den Kampf gegen den Terrorismus zu verstärken. Darüber hinaus will er eine „europäische Asylbehörde“ ins Leben rufen, um schneller über die Anträge von Flüchtlingen entscheiden zu können. Ein europäisches Programm könnte die Integration und die Ausbildung von Flüchtlingen finanzieren helfen.

Schrittweise solle außerdem eine europäische Grenzpolizei zum Schutz der Außengrenzen aufgebaut werden. Auch die Geheimdienste sollten enger zusammenarbeiten, eine europäische Akademie für Geheimdienste könnte entstehen. Zudem schlägt Macron einen europäischen Zivilschutz vor, um die EU besser gegen Naturkatastrophen zu wappnen.

Neuer Anlauf für Finanztransaktionssteuer

Macron unternahm auch einen neuen Anlauf für die Einführung einer Finanztransaktionssteuer in Europa. Er sprach sich dafür aus, die Steuer auf Börsengeschäfte auch in anderen EU-Ländern einzuführen. In Frankreich gibt es die Börsensteuer bereits. Er sei bereit, diese Einnahmen in die Entwicklungshilfe zu stecken, sagte Macron.

Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron

APA/AFP/Ludovic Marin

Die Grundsatzrede Macrons war bereits seit Längerem erwartet worden

Die Börsensteuer sollte in der EU nach der Finanzkrise eingeführt werden, war aber am Widerstand mehrerer Staaten, unter anderem Großbritanniens, gescheitert. Danach bemühten sich mehrere Euro-Staaten um eine Einführung, darunter Österreich, Deutschland und Frankreich. In den vergangenen Jahren gelang in den Verhandlungen unter zuletzt zehn Staaten aber kein Durchbruch.

Für den Umweltschutz brauche die EU außerdem eine CO2-Steuer, so Macron. Auch eine Reform des europäischen Handels mit Kohlendioxid-Verschmutzungsrechten (CO2-Zertifikate) will er: Ein Preis von unter 25 bis 30 Euro pro Tonne CO2 sei nicht ausreichend. Derzeit liegt der Preis an der Börse bei etwa sieben Euro. Im Kampf gegen den Klimawandel verlangte er zudem ein europäisches Förderprogramm für saubere Technologie bei Autos wie etwa die Elektromobilität.

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