Merkel offen für Flüchtlingsumverteilung
Bei Flüchtlingen aus Afrika soll nach den Worten des französischen Präsidenten Emmanuel Macron bereits auf deren Kontinent entschieden werden, ob sie Anspruch auf Asyl in Europa haben. „Die Prüfung wird auf Grundlage des UNHCR hin vorgenommen“, sagte Macron bei einem Treffen der vier großen Euro-Staaten mit den Regierungschefs von Niger, Tschad und Libyen Ende August in Paris.
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Das sei bei dem gemeinsamen Treffen beschlossen worden, an dem auch Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel, Italiens Regierungschef Paolo Gentiloni und der spanische Ministerpräsident Mariano Rajoy teilnahmen. Mit den Entscheidungen in Transitländern wie Niger solle verhindert werden, dass sich Menschen auf den gefährlichen Weg durch Libyen und das Mittelmeer machten, sagte Macron. Wer kein Asyl erhalte, werde in die Herkunftsländer zurückgeführt. Der italienische Ministerpräsident Gentiloni bestätigte die Verabredung. Entscheidungen sollten bereits in Ländern wie Niger und Tschad getroffen werden.
Legale Möglichkeiten gegen illegale Migration
Merkel sagte, grundsätzlich sei man zur Umsiedlung von Flüchtlingen aus Libyen nach Europa bereit. Sie unterstützte damit entsprechende französische Vorschläge. Das UNO-Flüchtlingshochkommissariat (UNHCR) müsse dabei entscheiden, wer in einer solchen Notlage sei. „Das kann aber nur dann gehen, wenn wir eine klare Unterscheidung auch zu den Menschen finden, die aus wirtschaftlichen Gründen nach Libyen gehen, um von dort nach Europa zu kommen.“ Die Möglichkeit für eine solche Übernahme von Flüchtlingen sei zudem daran gekoppelt, dass die illegale Migration gestoppt werde. „Sonst würden wir falsche Zeichen setzen.“

APA/AP/Thibault Camus
Gruppenbild vom Treffen in Paris
Merkel wies auf die zurückgegangenen Zahlen von Flüchtlingen hin, die von Libyen aus nach Italien gekommen sind und andere, die auf diesem Wege gestorben sind. Während im Juni noch 23.500 Menschen in Italien angekommen seien und 530 Tote im Mittelmeer gestorben seien, seien es im Juli 11.500 Menschen und 210 Tote gewesen. Bis zum 23. August seien im laufenden Monat in Italien 3.082 Menschen über die Mittelmeer-Route aus Libyen gekommen, 23 seien gestorben. Es gebe „eine ganz klare Korrelation zwischen der Zahl der Menschen, die sich auf den Weg machen, und der Menschen, die umkommen auf diesem Weg“, sagte Merkel. „Das heißt, wir haben hier auch eine humanitäre Verantwortung, diese illegalen Wege zu ordnen.“
EU fordert EU-Länder zur Flüchtlingsaufnahme auf
Die EU-Kommission hat die EU-Staaten unterdessen zur freiwilligen Aufnahme von Flüchtlingen aus Afrika aufgefordert. Neben Opfern des Syrien-Konflikts sollten auch schutzbedürftige Menschen in die EU umgesiedelt werden, die sich derzeit in Ägypten, Libyen, Niger, Äthiopien und dem Sudan aufhielten, schrieb der für Migrationspolitik zuständige Kommissar Dimitris Avramopoulos in einem Brief an die EU-Innenminister. Das werde dazu beitragen, die illegale Migration über das Mittelmeer einzudämmen und die Situation in den betroffenen Ländern zu stabilisieren.
Die Aufforderung, legale Einreisemöglichkeiten für Flüchtlinge aus Afrika zu schaffen, gehe mit anderen Bemühungen einher. Diese sehen vor, die von Schleppern organisierte Migration über das Mittelmeer von der libyschen Küstenwache stoppen zu lassen. Das verhindere aber nicht nur die Einreise von Menschen, die aus wirtschaftlichen Gründen flüchteten, sondern auch von solchen Menschen, die in Ländern wie Eritrea tatsächlich um ihr Leben fürchten müssten. „Wir haben die rechtliche und die moralische Verpflichtung, denjenigen Schutz anzubieten, die ihn wirklich benötigen“, so Avramopoulos.
Beratungen auch in Rom
Während des Gipfels in Paris tagten auch im Innenministerium in Rom Vertreter aus Libyen, Niger, dem Tschad und Mali, um über die Flüchtlingskrise zu beraten. Man einigte sich dabei über die Einrichtung einer Taskforce. Sie soll Strategien im Kampf gegen Menschenhandel entwickeln und Hilfsprogramme in Afrika fördern. Die Meeres- und Landesgrenzen in Afrika sollen besser geschützt werden, hieß es in einer Presseaussendung des Innenministeriums in Rom.
Die Internationale Migrantenorganisation (IOM) und das UNHCR sollen bei einem Plan zur Einrichtung von Flüchtlingszentren in Niger und im Tschad eingebunden werden. In Libyen sollen die bestehenden Aufnahmezentren für Geflüchtete an internationale humanitäre Standards angepasst werden. Hinzu soll mit EU-Hilfe die freiwillige Rückführung afrikanischer Migranten gefördert werden, die Europa bereits erreicht haben.
Dialog mit Bürgermeistern in Tschad, Niger und Mali
Nachdem der italienische Innenminister Marco Minniti Anfang August einen intensiven Austausch mit den Bürgermeistern von 14 libyschen Städten begonnen hatte, soll ein ähnlicher Dialog auch mit Stadtchefs aus dem Tschad, Niger und Mali aufgenommen werden. Rom bekräftigte auch die Notwendigkeit, die libysche Küstenwache aufzustocken und Libyen bei der Schaffung einer Grenzpolizei zu unterstützen. „Besonders wichtig sind außerdem Initiativen für die Entwicklung einer lokalen Wirtschaft, die als Alternative zum illegalen Handel dienen soll“, hieß es in der Presseaussendung des Innenministeriums.
Die Zusammenarbeit mit Libyens Küstenwache zur Bekämpfung des Menschenhandels habe bisher positive Resultate gezeigt, wie die stark rückgängige Zahl der Ankünfte in Italien seit Juli bezeuge. Nach Angaben von IOM sind in diesem Jahr bisher mehr als 120.000 Menschen über das Mittelmeer nach Europa gekommen, die meisten davon nach Italien.
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