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Athen macht sich für Peking stark

Im Zuge der griechischen Schuldenkrise hat China in den vergangenen Jahren stark in die Wirtschaft Griechenlands investiert. Damit könnte die Position Chinas innerhalb der Europäischen Union gestärkt werden. In der Vergangenheit blockierte Athen bereits mehrmals einen härteren Anti-China-Kurs der EU.

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Erst im Juni wollte die EU vor den Vereinten Nationen Stellung zu Chinas Menschenrechtssituation beziehen. Das verhinderte Griechenland - aus dem Außenministerium hieß es damals, die Stellungnahme der EU sei „keine konstruktive Kritik an China“. Es war laut NGOs das erste Mal, dass die Europäische Union an einer Stellungnahme vor dem UNO-Menschenrechtsrat gehindert wurde.

Dass sich Athen auf Chinas Seite schlägt, könnte auch in der heiklen finanziellen Situation des Landes begründet liegen. Denn während die EU in den vergangenen Jahren einen rigiden Sparkurs von den Griechen gefordert hatte, investierte China inmitten der Krise Milliarden in die schwächelnde Wirtschaft. In einem Gespräch mit der „New York Times“ sagte Costas Douzinas, zuständig für Außenpolitik im Parlament und Mitglied der regierenden SYRIZA-Partei: „Während die Europäer sich wie mittelalterliche Blutegel gegenüber Griechenland verhalten, halten die Chinesen den Geldfluss aufrecht.“

„Drachenkopf“ in Piräus

Ein Vorhaben ist den Chinesen dabei ein besonderes Anliegen. Der Hafen von Piräus wurde mit rund einer halben Milliarde Euro aus Peking finanziert, abgewickelt über das Reedereiunternehmen Cosco, das sich in Staatsbesitz befindet. Geht es nach den Aussagen des chinesischen Botschafters in Griechenland soll das Hafenprojekt in Piräus als „Drachenkopf“ dienen - praktisch die Vorhut für künftige Projekte.

Der Hafen von Piräus

Reuters/Alkis Konstantinidis

Der Hafen von Piräus wird für China zum Tor nach Europa

Für China wäre Piräus die Schnittstelle zum europäischen Handel - und damit ein wesentlicher Punkt in der Entstehung der „Neuen Seidenstraße“, die Präsident Xi Jinping seit einigen Jahren andenkt. Entlang der antiken Handelsroute, die Asien, Afrika und Europa verbunden hat, soll ein modernes Verbindungsnetz entstehen. 2013 initiierte Xi das Projekt mit einem Startkapital von 40 Milliarden US-Dollar.

Tsipras macht Kehrtwende

Noch vor der Wahl im Jahr 2015 setzte sich der spätere Ministerpräsident Alexis Tsipras gegen eine Privatisierung des Hafens in Piräus ein. Nach Tsipras’ Amtsantritt empfing er als einer der ersten Gäste den Botschafter Chinas. Peking war offenbar über den Antiprivatisierungskurs wenig erfreut - doch Tsipras lenkte ein, wenig später empfing er in Piräus chinesische Schiffe sogar persönlich.

Der griechische premier Alexis Tsipras beim Abschreiten einer chnesischen Ehrengarde

AP/Thanassis Stavrakis

Der griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras an Bord eines chinesischen Schiffs im Jahr 2015

Der tatsächliche Nutzen, etwa für den Arbeitsmarkt, ist aber umstritten. Zwar dürften Chinas Investitionen rund 1.000 Arbeitsplätze geschaffen haben, der Vorsitzende der Gewerkschaft der Hafenarbeiter beklagt aber, dass es jetzt „mehr Arbeiter“ gebe, die aber „weniger verdienen“. Rund 1.500 Arbeiter sollen mit Kurzzeitverträgen angestellt worden sein, mit Löhnen weit unter dem Durchschnitt.

Touristen durch umstrittenes Großprojekt

Dennoch dürfte die griechische Regierung auf mehr Investitionen aus China hoffen. Für ein Stadtentwicklungsprojekt des chinesischen Unternehmens Fosun International Holdings, das einen verlassenen Flughafen außerhalb Athens in ein gehobenes Viertel verwandeln soll, ließ Tsipras laut „NYT“ zwei Flüchtlingslager räumen und schaffte behördliche Hürden aus dem Weg. Das Gelände auf dem ehemaligen Hellenikon-Flugfeld soll mit Luxus locken - erwartet werden in den nächsten Jahren dadurch auch etwa 1,5 Millionen Touristen aus China.

„16 plus 1“ für mehr Einfluss in Europa

Neben Griechenland zielt China aber auch auf andere Länder innerhalb Europas ab. Unter dem Begriff „16 plus 1“ sind 16 Staaten aus Zentral- und Osteuropa - nicht alle davon in der EU - sowie China vereint. Es geht um Investitionen und Infrastruktur - auf dem Land soll die „Neue Seidenstraße“, unter dem Projektnamen „Belt and Road Initiative“, bis weit in die EU hineinreichen.

Eines der Länder der „16 plus 1“ ist Ungarn. Wie auch Griechenland stellte sich Ungarn in der Vergangenheit gegen die Positionen der EU. So verwässerten die beiden Staaten im Juli vergangenen Jahres, als das internationale Schiedsgericht in Den Haag die Gebietsansprüche im Südchinesischen Meer abgewiesen hatte, eine gemeinsame Erklärung der EU. Am Ende wurde China nicht einmal mehr direkt erwähnt. Analysten berichten, dass China verstärkt in Länder investiert, die Geld benötigen, darunter etwa auch Spanien und Portugal.

Chinas „Investitionen in Einfluss“, wie Angela Stanzel von der Denkfabrik European Council on Foreign Relations (ECFR) sie nennt, zahlen sich hier aus. „Es sind die Länder, die die meisten Investitionen aus China erhalten“, sagte ein EU-Diplomat im März der Deutschen Presse-Agentur. „Der Zusammenhang zum Beispiel bei Ungarn oder Griechenland ist nicht zu übersehen.“

Griechenland betont Unabhängigkeit

In Griechenland wird betont, dass sich das Land, trotz der Investitionen aus China, der EU gegenüber loyal verhalte und niemanden bevorzuge. Das werde etwa dadurch unterstrichen, dass ein weiterer Vorstoß vom Hellenikon-Investor Fosun International Holdings, eine große griechische Versicherung zu übernehmen, abgelehnt wurde - stattdessen entschied man sich für eine griechisch-amerikanische Investorengruppe.

Zweifel gibt es dennoch: „Die griechische Regierung muss sich entscheiden, mit wem sie Allianzen schmiedet, und verstehen, dass die EU in erster Linie nicht nur ein Markt, sondern eine Wertegemeinschaft ist“, wird die niederländische Europaparlamentarierin Marietje Schaake von der „NYT“ zitiert.

EU könnte Investitionen erschweren

In dem deutlich raueren Handelsklima seit dem Amtsantritt von US-Präsident Donald Trump, in dem Europa und China den USA - und umgekehrt - Protektionismustendenzen vorwerfen, baut die Europäische Union den chinesischen Annäherungsversuchen mittlerweile vor.

Auf Druck von Deutschland soll die Übernahme von Firmen innerhalb der EU durch Staaten aus Fernost künftig erschwert werden. Die deutsche Wirtschaftsministerin Brigitte Zypries betonte, die zahlreichen Firmenkäufe durch chinesische Investoren und der damit verbundene Kapitalzufluss belegten zwar die Attraktivität des Standorts Europa und sicherten auch in Deutschland Wachstum, Wertschöpfung und Arbeitsplätze. Zugleich bleibe jedoch der chinesische Markt europäischen Investoren oft verschlossen. „Offene Märkte dürfen aber keine Einbahnstraße sein“, so Zypries.

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