„Dorf hat alles getan“
Nach dem mutmaßlichen Tod von acht Wanderern - unter ihnen zwei Steirer - bei einem Bergsturz in der Schweiz hat die Bürgermeisterin des Ortes Bondo eine Mitverantwortung zurückgewiesen. Das Dorf habe alles getan, um Tote infolge von Erdrutschen zu verhindern, sagte Bürgermeisterin Anna Giacometti am Samstag.
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Die Gemeinde Bregaglia, zu der Bondo gehört, habe eine Menge Geld ausgegeben, um das Bondasca-Tal unter anderem mit Warnschildern und Auffangbecken für herabstürzendes Geröll abzusichern. „Was passiert ist, tut natürlich sehr weh, aber ich denke, wir haben alles Menschenmögliche getan“, sagte Bürgermeisterin Giacometti.
Angehörige sollen sich eigenes Bild machen
Die Schweizer Polizei hat die Familien der acht nach einem Bergsturz seit Mittwoch vermissten Wanderer in das betroffene Gebiet im Kanton Graubünden eingeladen. Man stehe mit den Angehörigen im engen Kontakt und habe ihnen angeboten, nach Bondo zu kommen, um die Lage zu begutachten, sagte Rettungseinsatzleiterin Andrea Mittner am Samstag. Kurz zuvor hatte die Schweizer Polizei die Suche nach den Vermissten wegen der Gefahr neuer Bergstürze eingestellt.
Kein Lebenszeichen mehr seit Mittwoch
„Wir müssen uns damit abfinden, dass wir niemanden mehr finden können“, sagte Mittner weiter. „Wir haben alle möglichen Mittel eingesetzt, um die acht vermissten Personen zu suchen.“ Rund 120 Rettungskräfte waren mit Hubschraubern, Infrarotkameras, Handyortungsgeräten und Suchhunden im Einsatz, um sie zu finden. Die Suche nach ihnen war nach dem neuerlichen Erdrutsch am Freitagabend zunächst abgebrochen und nicht mehr wiederaufgenommen worden.
Die acht Wanderer waren am Mittwoch von dem Felssturz am 3.369 Meter hohen Piz Cengalo am Bondasca-Tal überrascht worden. Von ihnen fehlte seit dem gewaltigen Abgang von Geröll- und Schlammmassen am Mittwoch jedes Lebenszeichen. Die Einsatzkräfte begründeten das Ende ihrer Suche mit der Gefahr neuer Bergstürze.
Aktuell „nötigste Sicherungsarbeiten“
Aktuell würden nur „nötigste Sicherungsarbeiten“ unten im Tal vorgenommen, etwa um Gelände zu sichern, sagte der Polizeisprecher Roman Rüegg. Nach dem Bergsturz vom Mittwoch hatte am Freitag ein weiterer Murenabgang das Dorf im südbündnerischen Bergell erreicht. Einige Bewohner, die kurz zuvor vorübergehend zu ihren Häusern gelassen worden waren, mussten erneut in Sicherheit gebracht werden. Verletzte gab es bei diesem Murenabgang nicht.

Reuters/Arnd Wiegmann
Eine graue Geröllmasse erreichte Teile des Bergdorfs Bondo
Im Vergleich zu den Ereignissen davor sei der Wasserschwall aber „nicht relevant“, sagte Rüegg zu Radio SRF. Der Geologe Andreas Huwiler vom Graubündner Amt für Wald und Naturgefahren schloss weitere Murenabgänge nicht aus. „Die größte Gefahr ist, wenn es in der Gegend mehrere Tag lang heftig regnet oder gewittert“, sagte er der „Neuen Zürcher Zeitung“. „Unter diesen Umständen rechnen wir mit weiteren Murgängen.“ Es soll noch eine Million Kubikmeter Fels in Bewegung sein.
Riesige Geröll- und Schlammmassen
Am Mittwochvormittag hatte sich eine gewaltige Felsmasse vom 3.369 Meter hohen Piz Cengalo, der an der Grenze zu Italien steht, gelöst. Vier Millionen Kubikmeter Gestein donnerten ins Val Bondasca, einem Seitental des unteren Bergells. Anschließend schoben sich Geröll- und Schlammmassen auf das Dorf Bondo zu. Der Bergsturz war so gewaltig, dass die Erdbebenwarte in Zürich Erschütterungen der Stärke drei auf der Richterskala registrierte.

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Rettungskräfte waren mit Hubschrauber und Hund unterwegs
Wanderwege waren als gefährlich eingestuft
Das Gebiet wird seit Jahren vom kantonalen Amt für Wald- und Naturgefahren überwacht. Ein Bergsturz habe sich durch mehrere Felsstürze in den Jahren 2011, 2012 und 2016 angekündigt sowie durch ein Ereignis am 21. August, so der Schweizerische Erdbebendienst. Daraufhin waren dann Tafeln mit Gefahrenhinweisen aufgestellt worden. „Die Leute haben gewusst, sie bewegen sich in einem gefährdeten Gebiet“, sagte Bürgermeisterin Giacometti bereits nach dem Erdrutsch.

APA/AFP/Kantonspolizei Graubünden
Im betroffenen Gebiet ist mit weiteren Felsabbrüchen und Murenabgängen zu rechnen
Auch wenn so große Bergstürze wie am Mittwoch sehr selten vorkommen, sind Experten sicher, dass der Klimawandel die Steinschlaggefahr in den Alpen erhöht. Der Fels wird instabil, wenn Permafrost auftaut und Gletscher zurückgehen. Beides haben Forscher des Instituts für Schnee- und Lawinenforschung in Davos seit Jahren dokumentiert.
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