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Rohstoffreiches Land, arme Bevölkerung

Das südwestafrikanische Angola leidet nach wie vor an den Folgen von 22 Jahren Bürgerkrieg, trotzdem gehört es zu den wirtschaftlich am schnellsten wachsenden Ländern des Kontinents. Verantwortlich dafür ist in erster Linie die Erschließung großer Rohstoffvorkommen. Seit einigen Jahren ist der Boom aber vorbei.

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Angola ist Afrikas größter Erdölproduzent, exportiert aber auch Diamanten und andere mineralische Bodenschätze. Zwischen 2004 und 2008 wuchs das Bruttoinlandsprodukt (BIP) in dem knapp 26 Millionen Einwohner zählenden Land laut Daten der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) jährlich im zweistelligen Prozentbereich. Mit dem Aufschwung wurde Angola das Land mit dem drittgrößten Bruttoinlandsprodukt in Südafrika und Nigeria in Subsahara-Afrika.

Nach über 22 Prozent Wirtschaftswachstum 2007 ging es aber mit dem Verfall der Rohölpreise steil bergab. Das Land hängt mittlerweile am Tropf des Internationalen Währungsfonds, ein Großteil der Angolaner lebt unterhalb der Armutsgrenze. Auf dem Human Development Index 2016 der UNO lag Angola auf Platz 150 von 188.

Verfassung stärkte Präsidenten

Angola, das an Namibia, Sambia, die Republik Kongo und die Demokratische Republik Kongo grenzt, hat erst seit Jänner 2010 seine erste Verfassung. Seit der Unabhängigkeit von der Kolonialmacht Portugal 1975 galt eine Übergangsverfassung. Die neue Verfassung stärkt vor allem die Rechte des Langzeitpräsidenten Eduardo dos Santos.

Die größte Oppositions- und frühere Guerillagruppe UNITA (Nationale Union für die völlige Unabhängigkeit Angolas) boykottierte die Abstimmung über die Verfassung, da die dem Präsidenten weitest gehende Vollmachten einräumt. Er kann etwa seinen eigenen Stellvertreter ernennen, der de facto als Regierungschef fungiert, nachdem das Amt des Ministerpräsidenten abgeschafft wurde.

40 Jahre Ausnahmezustand

Die Geschichte Angolas ist dominiert von kriegerischen Konflikten. Zwischen 1961, dem Beginn der Kämpfe für die Unabhängigkeit des Landes, und dem Ende des Bürgerkriegs 2002 befand sich der afrikanische Staat praktisch ständig im Ausnahmezustand. An den Unabhängigkeitskrieg schloss beinahe nahtlos der Bürgerkrieg an, der den Staat fast 30 Jahre lang erschüttern sollte. Nach dem Versprechen Portugals, sich aus Angola zurückzuziehen, begannen die Kämpfe zwischen drei konkurrierenden Befreiungsbewegungen, von denen jedoch nur zwei eine längerfristige Rolle spielten.

Portugals Kolonialreich zerfallen

Die Loslösung von Lissabon kam mit der „Nelkenrevolution“ in Portugal 1974. Die portugiesische Armee hatte damals gegen Diktator Marcello Caetano revoltiert, mit seinem Sturz begann auch der Zerfall des portugiesischen Kolonialreichs.

Die ursprünglich marxistische Volksbewegung zur Befreiung Angolas (MPLA) war die erste Unabhängigkeitsbewegung und ist heute Regierungspartei. Die heutige Opposition, die UNITA, war von Jonas Savimbi ursprünglich als rechte Guerillatruppe gegründet worden. Bis in die 1970er Jahre existierte auch die Nationale Front zur Befreiung Angolas (FNLA), sie verlor jedoch bald nach der Unabhängigkeit ihre Bedeutung. Der Kampf zwischen MPLA, FNLA und UNITA um die Staatsführung wurde schnell zum Stellvertreterkrieg.

Stellvertreterkrieg der Supermächte

Die MPLA wurde von Kuba und der Sowjetunion unterstützt, die UNITA von den USA und dem Apartheid-Regime in Südafrika, aber auch von Israel und der antisowjetischen Volksrepublik China. Obwohl auch die FNLA von den USA unterstützt wurde, spielte sie eine untergeordnete Rolle. Nach heftigen Kämpfen entschied die MPLA am 11. November 1975 eine entscheidende Schlacht um die Stadt Kifangondo für sich. Die Unabhängigkeit Angolas wurde am gleichen Tag ausgerufen, MPLA-Anführer Augostinho Neto wurde zum ersten Präsidenten Angolas erklärt.

Die Kämpfe zwischen UNITA und MPLA, unterstützt von ihren Verbündeten, gingen weiter. 1979 wurde nach dem Tod Netos der MPLA-Kommandant Jose Eduardo dos Santos zum neuen Präsidenten. Er regierte das Land bis heute. Als Ronald Reagan Präsident der USA wurde, intensivierte die Supermacht ihre Unterstützung für die Gegner des angolanischen Regimes und forderte damit Kuba indirekt heraus. Erst 1988 verpflichteten sich Kuba, die USA und Südafrika, sich aus Angola zurückzuziehen.

Krieg finanziert mit „Blutdiamanten“

1990 wurde die MPLA in eine politische Partei umgewandelt und ließ ein Mehrparteiensystem zu. Das führte jedoch nicht zu dem erhofften Frieden, diesbezügliche Verhandlungsversuche der UNO scheiterten mehrmals. 1991 wurde in den ersten Wahlen während eines Waffenstillstands kein eindeutiger Sieger festgestellt. Weil die UNITA, die von ihrem rechtmäßigen Sieg überzeugt war und von Wahlbetrug sprach, das nicht hinnehmen wollte, nahm Savimbi die Kämpfe wieder auf.

Finanziert wurde der Bürgerkrieg u. a. durch den Handel mit „Blutdiamanten“. 2002 töteten Regierungstruppen den Anführer der UNITA. Erst mit diesem Schritt wurde die nunmehrige Oppositionspartei zu Verhandlungen gezwungen und ein Waffenstillstandsabkommen unterzeichnet, das bis heute anhält. Savimbi gilt bis heute als einer der „erfolgreichsten“, aber auch brutalsten Rebellenführer in Afrika.

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