Milliardenvermögen über Angola hinaus
Mit den Parlamentswahlen am Mittwoch hat der südwestafrikanische Staat Angola ein neues Kapitel der Landesgeschichte aufgeschlagen. Gewählt wurde nicht nur ein neues Parlament, gleichzeitig trat auch Langzeitpräsident Eduardo dos Santos ab. Doch niemand glaubt, dass er und seine Familie nicht trotzdem an den Schalthebeln bleiben.
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In Angolas Verfassung ist keine Präsidentenwahl vorgesehen. Das höchste Staatsamt fällt demnach dem Spitzenkandidaten jener Partei zu, die als stärkste Kraft aus den Parlamentswahlen hervorgeht. Die MPLA regiert in Angola seit der Unabhängigkeit von Portugal 1975. Am Mittwoch kam sie laut Informationen der Wahlkommission von Freitag auf mehr als 61,1 Prozent der Stimmen.
Verteidigungsminister folgt nach
Der neue Präsident heißt somit Joao Lourenco, der 63-Jährige war bisher Verteidigungsminister. Er wurde im März 1954 in der Stadt Lobito im Westen Angolas geboren. Er kämpfte als junger Mann zunächst gegen die portugiesische Kolonialmacht, später im Bürgerkrieg gegen die rivalisierende Fraktion Unita. Wie Dos Santos hielt er sich zu Zeiten des Kalten Krieges zum Studium in der Sowjetunion auf, nach seiner Rückkehr wurde er der politische Chef des bewaffneten Arms der MPLA. 1984 wurde er Gouverneur der Provinz Moxico, im Jahr 2014 Verteidigungsminister.
Wirtschaftskrise und Korruption
Auf ihn kommen große Aufgaben zu: Angola gilt als Afrikas zweitgrößter Ölproduzent, leidet aber unter dem Verfall der Ölpreise. Der Wohlstand ist sehr ungleich verteilt. Das Wirtschaftswachstum schrammte 2016 mit 0,6 Prozent knapp an der Stagnation vorbei. Im laufenden Jahr werden 2,1 Prozent erwartet. Noch vor einigen Jahren waren die Zuwachsraten zweistellig.

Reuters/Stephen Eisenhammer
38 Jahre war Eduardo dos Santos an der Macht
Und auch die politische Lage ist prekär: Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International spricht von weit verbreiteter Korruption der Regierungselite und Repressionen. Dem abtretenden Präsidenten hielt Amnesty eine schlimme humanitäre Bilanz vor. „Jahrzehntelang lebten Angolaner in einem Klima der Angst, bei dem das offene Wort Einschüchterung, Haft oder einfach ‚Verschwinden‘ nach sich zog“, so Regionaldirektor Deprose Muchena.
Die beiden unterlegenen Oppositionsparteien Unita und Casa-CE beklagten, sie seien in den Medien nur unzureichend zu Wort gekommen, außerdem seien die Wege zu den Wahllokalen für die Bevölkerung in vielen ländlichen Gegenden zu weit gewesen.
Dos Santos bleibt Fädenzieher
Doch die Hoffnungen auf eine tatsächliche Veränderung sind gering, schließlich behält Dos Santos die Fäden in der Hand: Der scheidende Präsident will bis 2022 an der Spitze der MPLA bleiben. Zudem bleibt er Mitglied einer einflussreichen Beraterkommission. Und er hat gesetzlich sichergestellt, dass seine Beschlüsse vom Nachfolger nicht widerrufen oder infrage gestellt werden können, auch vor juristischer Verfolgung hat er sich gesetzlich bereits beschützt.
Vor allem aber hat der scheidende Präsident gemeinsam mit einer kleinen Elite die Wirtschaft des Landes fest in der Hand. Kritiker werfen ihm vor, sich schamlos am Ölreichtum Angolas bereichert zu haben.
Tochter reichste Frau Afrikas
Vor allem ein Name steht dabei im Vordergrund: Isabel dos Santos, seine älteste Tochter. Sie wurde vom US-Magazin „Forbes“ mit einem geschätzten Vermögen von drei Milliarden Dollar als reichste Frau Afrikas gelistet. Ihr Vermögen findet sich nicht nur in Angola, sondern vor allem in der ehemaligen Kolonialmacht Portugal. Die 44-Jährige leitet das staatliche Ölunternehmen Sonangol, das über ein Firmennetzwerk etliche Unternehmen auf der ganzen Welt betreibt.

APA/AFP/Fernando Veludo
Isabel dos Santos mit ihrem Ehemann
Verflochten mit portugiesischer Elite
Die wichtigste Beteiligung stellt die an der portugiesischen Galp Energia dar, der ehemals staatliche Öl- und Gaskonzern ist das größte Unternehmen des Landes. Die Konstruktion zeigt auch, wie verbandelt die angolanischen und portugiesischen Eliten sind: Sonangol und Dos Santos als privater Investorin gehört die Offshore-Holding Esperanza. Diese wiederum hält 45 Prozent an der Amorim Energia, das ist das Energieunternehmen des kürzlich verstorbenen Korkmagnaten Portugals, Americo Amorim. Dos Santos’ Ehemann, der kongolesische Kunstsammler Sindika Dokolo, ist Vorstandsmitglied des Unternehmens, das ein Drittel von Galp besitzt. Und Galp-Chefin ist seit Oktober 2016 Paula Amorim - eine Tochter von Americo.
Auch als Präsidentin im Gespräch
Doch auch in anderen Branchen ist Isabel dos Santos dick im Geschäft: Über diverse Holdings ist sie an einigen portugiesischen Banken beteiligt, ebenso an der ZON Multimedia, einem der führenden Mobilfunk- und Kabelbetreiber des Landes. Über ihre Firma Unitel griff sie vor einigen Jahren sogar nach der Portugal Telecom, musste sich allerdings geschlagen geben.
Auch als politische Nachfolgerin ihres Vaters war sie im Gespräch: Dos Santos hatte ursprünglich wohl geplant, das höchste Staatsamt an ein Familienmitglied weiterzureichen. Neben der Tochter Isabel wäre noch sein Sohn Jose Filomeno in Frage gekommen, der seit 2013 an der Spitze des angolanischen Wohlstandsfonds steht. In der Parteiführung der MPLA soll es aber entschiedenen Widerstand gegen eine solche dynastische Lösung gegeben haben.
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