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Aufruhr im inneren Zirkel der Macht

Der neue Kommunikationsdirektor von US-Präsident Donald Trump, Anthony Scaramucci, hat bei seinem Antritt angekündigt, Trumps Politik „aggressiver“ kommunizieren zu wollen. Die neue Kommunikationsstrategie scheint ihm bisher ganz gut zu gelingen, allerdings richtet Scaramucci die Aggression gegen Teamkollegen. Im inneren Zirkel des Präsidenten scheint ein offener Machtkampf ausgebrochen zu sein.

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Nur wenige Tage nach seiner Ernennung begann Scaramucci damit, Stabschef Reince Priebus und andere gnadenlos zu attackieren. Laut einem Bericht des Magazins „New Yorker“ von Donnerstag beschimpfte er Priebus in einem Telefongespräch mit einem Reporter als „verdammten paranoiden Schizophrenen, einen Paranoiker“ („a fucking paranoid schizophrenic, a paranoiac“).

Stabschef Reince Priebus

Reuters/Jonathan Ernst

Ist Stabchef Reince Priebus der Nächste aus Trumps Team, der das Feld räumen muss?

Obszönitäten und grobe Drohungen

Trumps Chefstrategen Steve Bannon beschuldigte er, die Stärke Trumps für eigene Zwecke zu missbrauchen - in nicht minder obszönen Worten: „I’m not Steve Bannon, I’m not trying to suck my own cock“ („Ich bin nicht Steve Bannon. Ich versuche nicht, meinen eigenen Schwanz zu lutschen“). Scaramucci, so Ryan Lizza vom „New Yorker“, habe ihn angerufen und vehement bedrängt, seine Quelle für eine Geschichte offenzulegen. Ob Lizza denn kein Patriot sei, habe er gefragt. „Raus mit der Sprache“, zitierte Lizza Scaramucci. Lizza lehnte ab. CNN sagte er: „Das muss man sich vorstellen: Der Kommunikationschef des Weißen Hauses droht einem Journalisten.“

„Anschauliche“ Sprache als Entschuldigung

Nach Bekanntwerden des Telefonats mit dem Reporter des „New Yorker“ ruderte Scaramucci auf Twitter zurück: Er benutze manchmal eine „anschauliche“ Sprache. Das werde er in diesem Rahmen nicht wieder tun, schrieb Scaramucci - aber er werde weiterhin leidenschaftlich für die Agenda Trumps kämpfen. Und wenig später nannte er in einem weiteren Tweet auch einen vermeintlich Schuldigen, der wenig überrascht: „Ich habe den Fehler gemacht und einem Reporter vertraut. Das kommt nicht wieder vor.“

„Feuere einen nach dem anderen“

Dem „New Yorker“ sagte Scaramucci weiter, dass er notfalls die ganze Kommunikationsabteilung feuern werde, um künftig die geheime Weitergabe von Informationen an die Presse zu verhindern. „Ich feuere einen nach dem anderen. Ich habe drei bis vier Leute, die ich morgen feuern werde.“ Als Hauptquelle für die Weitergabe von Informationen an die Presse machte Scaramucci zudem erneut Stabschef Priebus aus.

Sean Spicer und Präsident Trump

Reuters/TPX Images/Jonathan Ernst

Spicer räumte aus Protest gegen Scaramucci bereits das Feld

Priebus und Bannon lehnten eine Stellungnahme ab. Mehrere Berater hatten die Kompetenz Priebus’ zuletzt angezweifelt. Auch wegen der ausbleibenden Erfolge für Trump gibt es Spekulationen, dass Priebus seinen Posten bald verlässt. Er wäre nicht der Erste. Zuletzt hatte Trumps bisherige Speerspitze in der Presseöffentlichkeit, sein Sprecher Sean Spicer, vor einer Woche das Feld geräumt - aus Protest gegen die Bestellung Scaramuccis.

Der nächste Wackelkandidat

Der öffentlich ausgetragene Streit wurde von Beobachtern bereits als Zeichen für einen zunehmenden Machtkampf im Weißen Haus gewertet. Anfangs hatte Scaramucci noch demonstrativ seine lange Verbundenheit mit Priebus gepriesen, doch bereits wenige Tage nach seinem Antritt ging er zur offenen Attacke über. Der Konflikt zwischen den beiden Kontrahenten schwelt schon lange. Sein Verhältnis mit Priebus hatte Scaramucci mit Kain und Abel verglichen. Am Ende der biblischen Geschichte ermordet Kain den Abel. „Ich weiß nicht, ob das zu reparieren ist - das hängt vom Präsidenten ab“, sagte Scaramucci über seine Probleme mit Priebus.

Priebus und auch Chefstratege Bannon hatten sich - wie auch Spicer - dagegen ausgesprochen, dass Trump Scaramucci anheuert. Nach Spicers Rücktritt und der Entlassung eines weiteren Vertrauten von Priebus im Kommunikationsteam des Weißen Hauses am Mittwoch gilt Priebus mittlerweile eindeutig als Wackelkandidat in Trumps Regierungsmannschaft. Somit stehen derzeit mit Priebus und Justizminister Jeff Sessions zumindest zwei weitere Mitarbeiter auf der Kippe.

„Trump kann sich auf etwas gefasst machen“

Derweil stellte sich der einflussreiche republikanische US-Senator Lindsey Graham in einem Interview nachdrücklich hinter Justizminister Sessions. Dieser war zuvor mehrmals öffentlich von Trump kritisiert worden. Wenn Sessions gefeuert werde, werde das einen sehr hohen Preis kosten, so Graham. Der Senat sei alles andere als angetan von Trumps Versuchen, Sessions zu beleidigen und kleinzumachen. „Wenn Sessions entlassen wird, kann sich Trump auf etwas gefasst machen“, sagte Graham.

Er warnte Trump auch davor, FBI-Sonderermittler Robert Mueller zu verfolgen. Sollte Mueller nichts Falsches getan haben, könne das der Anfang vom Ende der Präsidentschaft Trumps sein, sagte Graham am Donnerstag dem Sender CNN. Trump kann Sessions nicht verzeihen, dass sich dieser wegen Befangenheit aus den Russland-Ermittlungen zurückgezogen hat. Mit seiner Strategie der öffentlichen Demütigung dürfte Trump das Ziel verfolgen, Sessions zum Rücktritt zu drängen, um so mit einem Nachfolger freie Hand für die Entlassung von FBI-Sonderermittler Mueller zu haben.

Guter Stoff für Serie über den „Cartoon-Präsidenten“

Der wohl beispiellose Machtkampf liefert jedenfalls guten Stoff für eine Cartoon-Serie des US-Satirikers Stephen Colbert. Er wird eine Serie über das Weiße Haus unter Trump produzieren. Wie der US-Kabelsender Showtime am Mittwoch bekanntgab, sollen zehn Folgen zu je einer halben Stunde ab Herbst ausgestrahlt werden. Er freue sich, dass „der Cartoon-Präsident unsere Dokumentarfilm-Crew in seine private Welt eingeladen hat“, sagte Colbert in einem Statement, aus dem mehrere US-Medien gleichlautend zitieren.

Stephen Colbert

Reuters/Carlo Allegri

US-Satiriker Stephen Colbert will „Abenteuer von Trumps Vertrauten“ beleuchten

Der Trump-Cartoon ist bereits ein populärer Teil seiner Sendung „The Late Show with Stephen Colbert“, die im Showtime-Muttersender CBS ausgestrahlt wird. In dem Statement erklärt der Sender, die Serie werde Abenteuer von Trumps Vertrauten und Lebemännern beleuchten. Dabei werde man sich mit „der Familie, den Spitzenmitarbeitern, Regierungschefs, Golfprofis und jedem anderen, der in seinem Orbit umherirrt“, befassen.

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