Recht auf Aussageverweigerung
Der US-Senat muss womöglich auf einen der wichtigsten Zeugen im Untersuchungsverfahren zu den mutmaßlichen Russland-Beziehungen von US-Präsident Donald Trump verzichten. Trumps ehemaliger Nationaler Sicherheitsberater Michael Flynn werde einer Vorladung des Geheimdienstausschusses nicht nachkommen, berichteten die Nachrichtenagentur AP, das „Wall Street Journal“ sowie die Sender CNN und Fox News am Montag übereinstimmend.
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Der pensionierte General werde sich auf das von der Verfassung garantierte Recht berufen, sich nicht selbst belasten zu müssen. Der Ausschuss leitet eine der zentralen Untersuchungen des Kongresses zur Prüfung von Vorwürfen, wonach Russland sich in den US-Präsidentschaftswahlkampf 2016 eingemischt haben soll. Flynn werde einer Vorladung nicht Folge leisten und auch angeforderte Unterlagen nicht vorlegen, so CNN.

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Trumps ehemaliger kurzzeitiger Sicherheitsbeauftragter Michael Flynn
Falsche Angaben zu Gesprächen mit Botschafter
Der Senat beschäftigt sich auch mit der Frage, ob und wenn ja, in welcher Form es einen Austausch zwischen Russland und Trumps Wahlkampfstab gab. Die US-Geheimdienste selbst gelangten im Jänner zu dem Schluss, dass die Führung in Moskau versucht habe, den Ausgang der Wahl zugunsten Trumps zu beeinflussen. Russland hat jegliche Verwicklung zurückgewiesen. Trump besteht darauf, auf faire Weise im November gewonnen zu haben.
Ende April hatte der Senatsausschuss Flynn bereits schriftlich aufgefordert, Dokumente auszuhändigen. Flynn weigerte sich jedoch, mit den Senatoren zusammenzuarbeiten. Im Februar war er nach nicht einmal einem Monat im Amt zurückgetreten, weil er falsche Angaben zu seinen Gesprächen mit dem russischen Botschafter in Washington, Sergej Kisljak, gemacht hatte.
Reuters: Engerer Austausch als bisher bekannt
Am Donnerstag hatte die Nachrichtenagentur Reuters unter Berufung auf mehrere Informanten gemeldet, zwischen Wahlkampfberatern Trumps und Personen mit Verbindungen zur russischen Führung habe es einen engeren Austausch gegeben als bisher bekannt. Zwischen April und November 2016 habe es in mindestens 18 bis dato nicht öffentlich gemachten Fällen entsprechende Telefonate, E-Mails und Textbotschaften gegeben. Dabei tauchte auch Flynns Name auf.
Trump: Israel nie erwähnt
Trump verteidigt sich indes gegen den Vorwurf, Geheimnisse an Moskau weitergegeben zu haben. Trump hat nach eigenen Angaben Israel „nie erwähnt“, als er unlängst mit russischen Spitzenvertretern geheimdienstliche Erkenntnisse über neue Terrorbedrohungen erörterte. Nach Medienberichten soll er bei dem Treffen streng geheime Informationen ausgeplaudert haben, die von einem ausländischen Partner stammten. Das hatte Vorwürfe und Sorgen ausgelöst, dass damit eine geheimdienstliche Quelle kompromittiert worden sei. Späteren Medienberichten zufolge kamen die Informationen von den Israelis.
„Ich habe niemals das Wort oder den Namen Israel erwähnt, niemals während dieser Unterredung erwähnt“, antwortete Trump bei einem Treffen mit dem israelischen Regierungschef Benjamin Netanjahu am Montag in Jerusalem auf Journalistenfragen. „Sie alle sagen, dass ich das getan habe, also liegt ihr bei einer weiteren Geschichte falsch. Ich habe das Wort Israel nie erwähnt.“
Sonderermittler eingesetzt
Trumps Treffen mit dem russischen Außenminister Sergej Lawrow und dem Moskauer Botschafter in Washington, Kisljak, im Weißen Haus fand am 10. Mai statt - einen Tag, nachdem Trump den FBI-Chef James Comey entlassen hatte. Der Chef der Bundespolizei hatte im Zusammenhang mit einer möglichen russischen Wahlbeeinflussung ermittelt und bei diesen Untersuchungen ging es auch um etwaige Absprachen zwischen Trumps Wahlkampflager und Moskau. Vor diesem Hintergrund hatte die Begegnung mit den Russen zu diesem Zeitpunkt in Washington Stirnrunzeln und Kritik ausgelöst.
Das hat sich nach jüngsten Medienberichten noch verstärkt, laut denen Trump bei dem Treffen auch gesagt haben soll, dass durch Comeys Entlassung „großer Druck“ von ihm genommen sei. Diese Äußerung hat das Weiße Haus nicht direkt bestritten. Inzwischen hat das Justizministerium einen unabhängigen Sonderermittler mit der Leitung der FBI-Untersuchungen betraut.
Ex-FBI-Chef Comey zu Aussage bereit
Comey erklärte sich indes in der Russland-Affäre zu einer Aussage vor dem Geheimdienstausschuss des Senats bereit. Das gaben die Ausschussvorsitzenden am Freitagabend (Ortszeit) bekannt. Die Entscheidung Comeys dürfte den Druck auf den ohnehin schwer angeschlagenen Trump noch einmal verstärken. Trump befindet sich derzeit auf seiner ersten Auslandsreise in Nahost.

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Die Ausweitung des Skandals überschattet auch Trumps erste Auslandsreise
„Ich hoffe, dass Comeys Aussage dabei helfen wird, einige der Fragen zu beantworten, die sich seit der Entlassung des Direktors durch den Präsidenten ergeben haben“, sagte der Vizevorsitzende des Ausschusses, der demokratische Senator Mark Warner. Die öffentliche Sitzung, in der Comey aussagen wird, soll nach dem „Memorial Day“, dem US-Nationalfeiertag zum Gedenken an gefallene Soldaten am 29. Mai, stattfinden.
„Dieses Russland-Ding“
Trump hatte Comey Anfang Mai überraschend entlassen. Er sieht sich deswegen Vorwürfen ausgesetzt, er habe Einfluss auf die Russland-Ermittlungen des FBI ausüben wollen. Den nunmehrigen Antrag auf die Befragung Comeys tragen auch Trumps Republikaner mit. Er hatte zunächst verschiedene Gründe für die Entlassung angegeben. Später sagte er in einem Interview, es sei dabei auch um „dieses Russland-Ding“ gegangen.

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Der Republikaner Richard Burr (l.) und der Demokrat Mark Warner (r.) gaben Comeys Ladung vor den Ausschuss gemeinsam bekannt
In der Untersuchung geht es um die Frage, ob es Absprachen zwischen Mitgliedern aus Trumps Wahlkampfteam und Moskau gab. Hintergrund sind die mutmaßlich russischen Hackerangriffe auf Computer der Demokraten während des Wahlkampfes im vergangenen Jahr.
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